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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer
Autoren: Unbekannter Autor
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ging er in den nächsten Raum, einen Salon, wo er stehenblieb und sie aus dem nun etwas anderen Blickwinkel beobachtete. Und dann ging er weiter in die lange Bildergalerie. Die verlief über die gesamte Ostseite des Hauses, enthielt aber keine Bilder mehr. Er sah die tiefroten, an den Rändern verblaßten Tapetenrechtecke, wo sie gehangen hatten. An der einen Seitenwand befanden sich drei Verandatüren, er hätte durch jede hinausgehen können.
    Aber er tat es nicht. Er blieb stehen und beobachtete Melrose und Jenny, die immer noch ins Gespräch vertieft waren. Sie bemerkten beide weder ihn noch sein Spiegelbild in einem der Fenster.
    Und weiter lief Jury durch einen Raum nach dem anderen, ohne zu wissen, um was für ein Zimmer es sich handelte, denn in keinem befanden sich Möbel, anhand derer man sie hätte näher bestimmen können. Nur die große Bibliothek mit Regalen vom Boden bis zur Decke und einem riesigen Kamin war als solche zu erkennen. Schließlich hatte er das gesamte Erdgeschoß durchwandert und befand sich im letzten Zimmer, einem kleinen Raum, der von der marmornen Eingangshalle abging. Dort blieb er wieder stehen und sah Jennys Rücken und Melrose Plants Gesicht. Ein Bild des Glücks. Jury hatte keine Ahnung, warum er sich so verhielt, warum er hier wie ein Voyeur durch die Gegend schlich. Er schämte sich ein wenig. Und dann auch wieder nicht, denn er war ja durchaus im Blickfeld der beiden. Sollte er etwa das Publikum abgeben, das Einmannpublikum?
    Er trat durch die Glastür auf den Weg, der um den Hof verlief.
    Merkwürdigerweise war es Jenny, die seine Anwesenheit spürte, obwohl sie ihm den Rücken zukehrte und die beiden auch mindestens zehn Meter von ihm entfernt standen. Plant sah ihn nicht einmal. Sie drehte sich um.
    »Richard!«
    Einen Augenblick lang freute er sich, sie schrie seinen Namen ja beinah jubelnd heraus, fast hätte sie wie ein Kind vor Wonne in die Hände geklatscht. Wie irrational wütend er gewesen war, merkte er erst jetzt, als es plötzlich aufhörte. Dann rief auch Plant etwas und winkte.
    Jury ging auf sie zu, unfähig, sich der wieder aufsteigenden Wut zu erwehren. Auf sie beide. Er starrte Plant böse an. »>Sie ist gefunden<, was?«
    Verständnislos schaute Jenny von einem zum anderen.
    Und Plant schaute reichlich belämmert drein. Und wenn Plant mit diesem schiefen Lächeln im Gesicht belämmert dreinschaute, sah er leider auch sehr charmant aus. »Tut mir leid«, sagte er mit einem flehentlichen Schulterzucken.
    Sonst nichts. Er fragte nicht nach dem Fall, nicht nach der Reise, nach Macalvie, nicht nach Wiggins. Nach absolut nichts. Eisig sagte Jury: »Sam Lasko -von der Kripo in Stratford, falls Sie sich erinnern -«
    Sie schlug die Hände vors Gesicht. »O Gott! Wir hätten ihn sofort anrufen sollen.« Sie schaute Melrose an.
    Wir???
    Melrose sagte: »Ich habe ihn angerufen. Heute morgen. Ich habe ihm gesagt, Sie seien hier. Ich dachte, ich hätte Ihnen gesagt, daß ich ...«
    Jury betrachtete den Himmel, als sie ihren kleinen Zwist ausfochten, wer wem was gesagt hatte. Er erinnerte sich an sein Gespräch - wenn man es denn so nennen konnte - mit Sam Lasko am Abend zuvor. Und daran, was für Sorgen er sich gemacht hatte. »Hm, kein Grund zur Besorgnis.« Er versuchte es mit ein wenig Herzlichkeit, aber es klang so falsch, daß er wieder den alten Miesepeter herauskehrte. »Sie hätten nicht wegfahren dürfen, Jenny.« Sie schaute ihn ernsthaft bekümmert an. Aber es war unmöglich zu erkennen, aus welchem Grund. Dann bemühte er sich um ein wenig Distanz und sagte: »So, ich muß gehen. Mein Schreibtisch quillt über, immerhin war ich fünf Tage weg.«
    »Aber Sie müssen hierbleiben, Richard«, sagte sie.
    Dem pflichtete Melrose aufrichtig bei. »Wir wollten gerade irgendwo was zu Mittag essen. In Richtung Horndean gibt es ein -«
    Jury schüttelte den Kopf und brachte ein Lächeln zustande. »Ich muß zurück nach London. Das Leben eines Polizisten ist, wie mein Chef immer so gern sagt, voll Kummer und Sorgen.«
    Und da hatte sein Chef wahrhaftig mal recht.
48/III
    Wieder schleppte der Kater Cyril den ausgestopften Kojoten in Racers Büro. Er war zerlumpt, zerrissen, zerfetzt und wies nur noch geringe Ähnlichkeit mit seinem Originalzustand auf.
    Allerdings hatte nicht Cyril ihn so mißhandelt (er liebte das Tier, behauptete Fiona), sondern Chief Superintendent Racer. Behauptete wiederum Fiona.
    »Er meint, er würde ihn in Stücke zerfetzen und ihm das Herz
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