Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
fertig?«
    »Mlord, nein, – noch massenhaft Punkte –, halte es jedoch für meine Pflicht, mich Ew. Lordschaft Spruch zu unterwerfen«, flüstert Mr. Tangle ehrerbietig.
    »Mehrere der Herren Rechtsanwälte wollen heute noch plädieren, glaube ich?« sagt der Kanzler mit einem kaum merklichen Lächeln.
    Achtzehn von Mr. Tangles gelehrten Freunden, jeder mit einem kleinen Aktenauszug von achtzehnhundert Bogen bewaffnet, tauchen wie achtzehn Hämmer in einem Pianoforte empor, machen achtzehn Verbeugungen und tauchen wieder in die Dunkelheit auf ihren achtzehn Plätzen unter.
    »Wir wollen die Sache Mittwoch über vierzehn Tage weiter hören«, sagt der Kanzler.
    Es handelt sich nämlich heute nur um einen Kostenpunkt. Um eine bloße Knospe an dem zu einem ganzen Wald gewordenen Baum des ursprünglichen Prozesses.
    Der Kanzler erhebt sich; das Barreau erhebt sich; der Gefangene wird eilig an die Schranken gebracht; der Mann aus Shropshire ruft: »Mylord!« Pedelle und Gerichtsdiener rufen entrüstet: »Still!« und messen den Mann aus Shropshire mit erzürnten Blicken.
    »Was das junge Mädchen –« fährt der Kanzler, immer noch in Sachen Jarndyce kontra Jarndyce, fort, »betrifft –«
    »Bitte Ew. Lordschaft um Verzeihung – den Knaben«, unterbricht Mr. Tangle voreilig.
    »Was das Mädchen«, beginnt der Kanzler mit größerm Nachdruck von neuem, »und den Knaben – die beiden jungen Leute – betrifft –«
    Mr. Tangle ist vernichtet.
    »– die ich heute vorgeladen habe und die sich jetzt in meinem Privatzimmer befinden, so werde ich selbst mit ihnen sprechen und mich überzeugen, ob es angemessen erscheint, ihnen die Erlaubnis, bei ihrem Onkel zu wohnen, zu erteilen.«
    Mr. Tangle erhebt sich wieder.
    »Bitte Ew. Lordschaft – Verzeihung – ist tot.«
    »Mit ihrem –«, der Kanzler buchstabiert mit seinem zusammengelegten Augenglas in den Papieren auf seinem Pult – »Großvater.«
    »Bitte Ew. Lordschaft – Verzeihung – Opfer einer übereilten Tat. Kopf geschossen.«
    Plötzlich erhebt sich ein ganz kleiner Advokat mit einer furchtbaren Baßstimme in den rückwärtigen Regionen des Nebels mit großer Wichtigkeit und sagt:
    »Will Ew. Lordschaft mir gestatten? Ich vertrete den Mann. Er ist ein Vetter entfernten Grades. Ich bin in diesem Augenblick nicht vorbereitet, dem Gerichtshof Auskunft zu geben, in welchem Verwandtschaftsgrad er steht, aber er ist ein Vetter.«
    Der sehr kleine Advokat läßt diese mit Grabesstimme gesprochene Anrede an dem Gebälk der Decke verklingen, taucht unter im Nebel, und weg ist er. Alle suchen ihn mit den Augen. Niemand kann ihn mehr entdecken.
    »Ich will mit den beiden jungen Leuten sprechen«, sagt der Lordkanzler abermals, »und mich informieren, wie sich das mit dem Wohnen bei ihrem Vetter verhält. Ich werde die Sache morgen früh bei Eröffnung der Sitzung wieder zur Sprache bringen.«
    Der Kanzler will sich gegen das Barreau verneigen, da wird der Gefangene vorgeführt.
    Die Sache mit dem Angeklagten kann natürlich keine andere Folge haben, als daß der Mann wieder ins Gefängnis zurückgeschickt wird, was auch sehr rasch geschieht. Der Prozessierende aus Shropshire wagt noch ein bittendes: »Mylord!« aber der Kanzler hat die Gefahr erspäht und ist geschickt verschwunden. Alle übrigen Anwesenden verschwinden ebenfalls rasch. Eine Batterie von blauen Aktenbeuteln wird mit Papier geladen und von Schreibern fortgeschleppt. Die verrückte Alte trippelt mit ihren Dokumenten hinaus, und das Gerichtslokal wird zugeschlossen.
    Wenn alle Ungerechtigkeit, die schon hier begangen wurde, und alles dadurch verursachte Elend mit hineingeschlossen und zu Asche verbrannt werden können, um so besser wäre es für alle Parteien, nicht nur für die im Falle Jarndyce kontra Jarndyce.

2. Kapitel
In der vornehmen Welt
    Nur ein flüchtiger Blick in die feine Welt an diesem schmutzigen Nachmittag.
    Sie ist dem Kanzleigerichtshof nicht so unähnlich, wie es vielleicht scheinen mag. Die vornehme Welt und das Kanzleigericht sind beide Kinder des Hergebrachten und eines heilig gewordenen Brauchs, verschlafene Rip van Winkles, die seltsame Spiele während langer Gewitterzeit gespielt haben, schlummernde Dornröschen, die der Ritter eines Tages erwecken wird, wenn alle stillstehenden Bratspieße in der Küche sich mit wunderbarer Emsigkeit zu drehen anfangen werden.
    Die vornehme Welt ist keine große Welt. Selbst im Verhältnis zu unserer, die auch ihre Grenzen hat, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher