Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade
Autoren: Cathy Lamb
Vom Netzwerk:
für Bradon, der nun
endlich
mit seiner Frau Rosen gepflanzt hat und dadurch das rettete, was ihm am wichtigsten ist: seine Ehe.«
    »Amen. Und Gott sei Dank ist es Winter, und ich muss bis zum Frühling keine Rosen mehr pflanzen.« Bradon seufzte. »Aber wenn ich bis zum Ende meines Lebens täglich einen Rosenbusch pflanzen müsste und dazu einen Strohhut auf der Glatze tragen müsste, um meine Frau glücklich zu machen, dann würde ich es tun.«
    Emmaline blies die dritte Kerze aus. »Die ist für Soman.« Böse schaute sie ihn an. »Er hat seinen Auftrag nicht erfüllt. Sein Auftrag endete in Zerstörung. Er verdammte uns alle zu Gewalt.«
    »Ich war aber eine verflucht heiße Braut. Ein superheißer Feger!« Soman zog die letzten Worte in die Länge. Er fasste sich an die Brust, als hätte er einen Busen.
    »Das war nicht schlecht«, sagte Bradon und tat, als denke er nach. »Etwas lange Zähne, und das Haar war auch nicht mein Fall, aber sonst ganz in Ordnung.«
    »Ich hätte mich fast selbst in dich verknallt, Soman«, sagte ich. »Ich fand, du hattest einen echt scharfen Hintern. Super.«
    »Siehst du, Em? Ich habe gar nicht versagt«, sagte Soman. »Ich war eine Frau. Eine Frau, die versucht hat, ihre Unschuld zu schützen. Der Auftrag wurde ausgeführt, und jetzt bin ich auf einem neuen Pfad des Friedens und der Liebe.« Das Wort »Liebe« zog er in die Länge, beugte sich vor und gab Becky einen Schmatzer.
    »Bitte, Soman.« Emmaline hob die Arme, als seien es Flügel. Ein weißer Schmetterling, der abheben wollte. »Becky, du bist die letzte Kerze, die letzte von uns, die noch etwas tun muss, um sich selbst vom Pfad des Zorns abzubringen. Was möchtest du tun?«
    Becky sagte nichts, aber man merkte, dass sie nachdachte.
    »Es muss etwas Gewagtes sein, das du sonst nicht tun würdest. Etwas Neues. Ich habe dir gesagt, du solltest in einer Kneipe Karaoke singen, aber du wolltest nicht. Du hast dich geweigert. Ich war sehr enttäuscht.«
    Becky schwieg weiter.
    Emmaline flatterte mit den Armen. »Du musst etwas tun, das den Kern deines Selbst verändern wird, das dich aus deiner Willfährigkeit reißt, dich von deiner Wut erlöst, das die alte Becky zerstört und die neue hervorbringt.«
    Das Schweigen wurde langsam beunruhigend.
    »Was willst du machen, Becky?«, fragte Emmaline. »Was tust du, um dich selbst auf einen völlig neuen Weg gesunder, spiritueller Liebe zu bringen?«
    »Was du gesagt hast, Emmaline«, erwiderte Becky. »Ich werde singen.«
    »Super!«, rief Emmaline. »Gute Idee!«
    »Wow, Madame, das ist eine Superidee.« Soman legte den Arm um Becky. »Meine Frau ist zu allem fähig. Sie kann kochen. Ihre Handarbeiten sind besser als alles, was ich bisher gesehen habe. Sie kann malen. Und jetzt das!«
    »Wo willst du singen?«, fragte ich und bebte innerlich schon aus Angst um Becky.
    Lange dachte sie nach. Wieder sagte niemand ein Wort.
    »Ich werde in einer Karaokekneipe hier in der Stadt singen, so wie Emmaline gesagt hat, weil ich davor die allergrößte Angst habe.«
    Ich musste schlucken. Aus Angst wurde Panik. Becky, die zerbrechliche Becky, wollte in einer Karaokekneipe singen? Die verlorene Becky, die sich noch vor kurzem verfrüht in den Himmel schicken wollte? Die verängstigte Becky, die immer geduckt dasaß und zusammenzuckte, wenn Emmaline laut wurde? Die labile Becky, die seit Jahren am dunklen, gefährlichen Rand des Lebens entlangkroch, diese Becky wollte nun singen? In einer Karaokekneipe?
    Alle dachten länger darüber nach. Bradon und ich wechselten einen Blick. Er wirkte ebenso besorgt wie ich.
    »Also gut«, sagte Emmaline. »Aber diesmal, Soman, verkleidest du dich nicht als Frau.«
     
    Drei Wochen lang übten wir in Emmalines Räumen. Soman traktierte das Schlagzeug, Olivia schüttelte das Tamburin, Bradon stand am Keyboard, und Becky sang. Am Anfang hatte Emmaline uns alle überrascht, als sie uns zeigte, wie gut sie Gitarre spielen konnte.
    Ich spielte Geige. Zuerst ging es schleppend, doch zum ersten Mal seit zwölf Jahren konnte ich daran denken, wie Johnny und ich gemeinsam musiziert hatten, ohne zusammenzubrechen. Meine Geige hatte mir gefehlt. Die Musik hatte mir gefehlt.
    Bradon hatte sich bei einem Freund, der eine schicke Kneipe in der Innenstadt betrieb, erkundigt, wann dort der nächste Karaokeabend stattfinden würde, weil wir daran teilnehmen wollten. Die Kneipe war gerammelt voll mit Gästen. Überall standen leere Flaschen und Gläser auf den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher