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Blaine McCracken 6: Der Tag Delphi

Titel: Blaine McCracken 6: Der Tag Delphi
Autoren: Jon Land
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schickte.
    »Die haaarte Tour«, höhnte Ventanna. »Ich habe die harte Tour gewählt.«
    Sie zogen den großen Mann auf den Balkon. Ventanna kam bis zur gläsernen Schiebetür, als sie ihn gerade wieder auf die Füße hievten. Sein Kopf hing über das Geländer.
    »Tschüß denn.«
    Ventanna wedelte wie ein unbeholfenes Kind mit der Hand und lachte, während seine Kolosse den großen Kerl über das Geländer zu schieben begannen.
    Und dann geschah etwas.
    Da sein Bewußtsein eingelullt war von den Drogen, die er den ganzen Abend über eingeworfen hatte, nahm Ventanna die Vorgänge wie langsame, surreale Bewegungen wahr. Zuerst kamen die Arme des großen Kerls, die plötzlich nicht mehr gefesselt waren, hinter den Köpfen der Kolosse hoch. Dann war sein ganzer Umriß hinter ihnen, riß die Muskelberge an ihren Kragen kraftvoll zurück und stieß sie mit gleicher Kraft nach vorn.
    Die beiden Kolosse flogen schreiend über den Balkon. Die durch ihre Gürtel gesteckten Glock-Pistolen fanden sich in den Händen des großen Mannes wieder. Sie kamen hoch, während Ventanna nur dastand und seine Füße in den Marmorboden flossen.
    Die beiden anderen Kolosse im Hintergrund des Wohnraums versuchten vergeblich, ihre Maschinenpistolen von den Schultern zu bekommen. Blaine McCracken schoß sie beide nieder, bevor auch nur einer den Abzug berühren konnte. Der Mann im pfirsichfarbenen Anzug hatte seine Pistole freibekommen und zielte mit ihr. Doch McCracken duckte sich hinter der Deckung, die der erstarrte Ventanna ihm bot. Als der Mann zögerte, schoß McCracken ihm zwei Neun-Millimeter-Kugeln in die Brust. Sein pfirsichfarbener Anzug verfärbte sich rot.
    Blaine griff nach dem noch immer wie gelähmt dastehenden Ventanna und schlug ihn gegen den Balkon. »Du hättest die sanfte Tour wählen sollen.«
    »W-w-wer sind Sie?«
    »Der Mann, der dich Arschgesicht aus dem Fenster werfen wird.«
    »Nein! Bitte! Biiitte! Sagen Sie, was Sie von mir wollen.«
    »Könnte schon zu spät dafür sein«, sagte Blaine und schob Ventannas Kopf weiter über das Geländer.
    »Bitte, amigo!«
    Blaine zog ihn zurück. »Eine Chance, Ventanna.«
    »Ja! Egal was! Egal was!«
    »Das ist gut.«
    Cassas stand an der Ecke Florida Avenue und Mayfair Boulevard im Stadtteil Coconut Grove in Miami. Er haßte, was er um sich herum sah, und er freute sich auf das, was daraus werden sollte. In diesem Viertel drängten sich Abend für Abend jede Menge Leute bis in die frühen Morgenstunden. Der Platz auf den Bürgersteigen und in den Bars war fest zugeordnet, und keiner war bereit zu weichen. Man kam nirgendwo hin, ohne jemanden anzurempeln oder angerempelt zu werden. Salsa und Rockmusik drangen aus überfüllten Bars in die Straßen, widerstreitende Songfetzen vermengten sich zu einem sinnlosen Kreischen. Teenager schoben sich um die Eingänge und sahen den meist im College-Alter befindlichen Stammgästen neidisch nach, warteten auf den geeigneten Augenblick, um sich mit ihnen einzuschleusen. Mit nüchternen Augen betrachtet, war es ein einziges Chaos.
    Niemand im Grove achtete auf Cassas. Er hatte einen Großteil seines Lebens damit verbracht, sich unauffällig unter Leuten zu bewegen. Es war besonders einfach, sich hier unauffällig unter all den Passanten zu bewegen, die sich für niemanden interessierten, den sie nicht kannten. Was auch immer er tat oder vorhatte, er war unsichtbar. Das Funktelefon in der Innentasche seines Jacketts war als deutliche Ausbeulung zu erkennen, und Cassas hielt den Blick auf das Cocowalk-Zentrum auf der anderen Straßenseite gerichtet. Stampfende Akkorde von Rockmusik klangen daraus hervor; dort hatte um Mitternacht ein Live-Konzert begonnen. Ein neuer Titel setzte gerade ein: ›Sympathy for the Devil‹ von den Rolling Stones. Cassas nickte. Wie passend.
    Aus dem Himmel über ihm stieß ein Hubschrauber hinab, um seinen Suchscheinwerfer genauer auf diese zusammengepferchte Masse dekadenter Menschheit zu richten. Auf Cassas wirkte es wie in einem dieser alten Kriegsfilme, in dem das Suchlicht über dem Gefangenenlager hin und her schwenkt, um in einer langen Nacht mögliche Flüchtlinge zu entdecken. Nun, auch das war ein Gefängnis, nur, daß hier niemand entkommen würde.
    Cassas sah wieder nach oben. Der Hubschrauber kreiste weiter und schnitt klar umrissene Muster aus dem Himmel.
    Es wird nicht mehr lange dauern, überlegte er, als er fast mit einem großen, bärtigen Mann in einem weißen Anzug zusammenstieß. Nicht mehr
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