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BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

Titel: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
Autoren: Marc Elsberg
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schwere Schäden an den Generatoren. Bei größeren Schwankungen schalteten die Rechner automatisch Teile des Netzes ab.
    Ein rot leuchtendes Areal auf der großen Projektionswand zeigte Condotto, dass die Computer fast alle Gebiete nördlich von Latium und den Abruzzen vom Netz genommen hatten. Sizilien war ebenfalls betroffen. Nur die untere Hälfte des Stiefels wurde noch mit Strom versorgt. Über dreißig Millionen Menschen saßen im Dunklen.
    Auf einen Schlag drängte mehr Strom ins restliche Netz, löste gefährliche Frequenzschwankungen aus und führte zu weiteren automatischen Abschaltungen.
    »Wupp! Und weg sind sie«, bemerkte Santrelli lakonisch. »Kalabrien, Basilikata, Teile Apuliens und Kampaniens auf Rot. Restliche Betriebsregionen auf Gelb. Und sieh mal! Die Franzosen und Österreicher haben ebenfalls Probleme!«
    »Unseretwegen?«, fragte Condotto nervös.
    »Keine Ahnung. Ich sehe nur, dass die Schweizer einige Gebiete im Süden jetzt auch auf Gelb haben. Und seltsamerweise auch Schweden.«
    Condotto fluchte. Wie konnte Santrelli nur so gelassen bleiben? Die Frequenzkurve stieg erneut an. Rasend schnell jagte die überschüssige Energie durch das weitverzweigte Geflecht, suchte Abnehmer ihrer unbändigen Kraft. Irgendwo musste sich diese menschengemachte Gewalt entladen. Fieberhaft suchte Condotto nach einem Ausgang, an dem der gefangene Blitz keinen Schaden anrichten konnte. Und wie es schien, war sie mit diesem Problem nicht allein.
    Ybbs-Persenbeug
    Herwig Oberstätter sah von dem Schaltkasten auf, hörte noch einmal hin. Weit über ihm spannte sich die Decke der Kraftwerkshalle, hoch wie ein gotischer Dom, aus Stahl und Beton gebaut, und warf das Dröhnen der Generatoren unter ihm zurück in den Raum.
    Von dem schmalen Metallsteg, der die Halle des Südkraftwerks in halber Höhe umlief, blickte er auf die drei roten Generatoren. Ihre Gehäuse standen wie haushohe Zylinder hintereinandergereiht und bildeten doch nur die Spitze der Maschinenkonstruktion. Von außen glichen sie massiven, unverrückbaren Giganten, dennoch spürte er die Energie, die in ihrem Inneren tobte. Angetrieben von baumdicken Stahlwellen, die sie mit den darunterliegenden Kaplan-Turbinen verbanden, wirbelten in jedem einzelnen tonnenschwere Magneten, Kilometer gewickelten Drahts, mehrere hundert Umdrehungen pro Minute. Ein umlaufendes Magnetfeld entstand und induzierte in den Leitern des Stators elektrische Spannung. So wurde aus Bewegungsenergie elektrische Energie. Trotz seines Maschinenbaustudiums hatte Oberstätter dieses Wunder nie völlig verstanden. Von hier aus floss die Kraft, die das moderne Leben antrieb. Über Hochspannungsleitungen, Umspannwerke und Leitungen mit geringerer Spannung bis in die entlegenste Hütte des Landes. In dem Augenblick, in dem diese Kraft versiegte, erstarrte die Welt da draußen.
    Dutzende Meter unter ihm strömte die Donau mit mehr als eintausend Kubikmeter pro Sekunde durch die lastwagengroßen Turbinenschaufeln, und auch wenn der Fluss zu dieser Jahreszeit seinen Tiefstand erreicht hatte, lieferten sie immer noch die Hälfte der möglichen Höchstleistung.
    Schon als Schulkind hatte Oberstätter gelernt, dass das Kraftwerk Ybbs-Persenbeug aus den Fünfzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts eines der ersten und größten Donaukraftwerke Österreichs war. Zwischen Ybbs und Persenbeug in Niederösterreich staute die vierhundertsechzig Meter lange Staumauer den Fluss auf einer Länge von rund vierunddreißig Kilometer bis zu elf Meter hoch, aber das hatte er erst erfahren, als er vor neun Jahren hier zu arbeiten begonnen hatte. Seither kontrollierte und wartete er die roten Riesen, als wären es seine eigenen Kinder.
    Er hörte noch einmal hin. In neun Jahren lernte man seine Maschinen kennen. Da war etwas, das er noch nicht genau einordnen konnte.
    Es war Freitagabend, die Menschen kamen von der Arbeit nach Hause, brauchten Wärme und Licht und sorgten damit für den höchsten Stromverbrauch im Lauf des Tages. Österreichs Kraftwerke liefen auf Hochtouren, trotzdem war es um diese Zeit notwendig, Strom zu importieren. Da elektrische Energie kaum gespeichert werden kann, mussten Menschen wie er in Kraftwerken auf der ganzen Welt immer genau so viel erzeugen, wie gerade gebraucht wurde. Dabei provozierte der ständige Wechsel im Verhalten der Stromverbraucher laufend Frequenzänderungen. Verantwortlich für die gleichmäßige Frequenz in den Netzen waren unter anderem die Generatoren mit
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