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BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

Titel: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
Autoren: Marc Elsberg
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schnell gegangen. Innerhalb einer Dreiviertelstunde war fast das gesamte europäische Stromnetz zusammengebrochen. Wenn ihre Informationen stimmten, waren nur noch die Iberische Halbinsel und Teile Großbritanniens versorgt. Beim letzten großflächigen Ausfall waren sie an einem solchen Szenario näher vorbeigeschrammt, als die Öffentlichkeit erfahren hatte. Damals hatten sie nach zwei Stunden das Schlimmste überstanden. Brockhorst zweifelte, dass es dieses Mal ebenfalls so schnell gehen würde.
    »Ich habe Brauweiler dran«, rief ihm eine Kollegin zu, an jedem Ohr ein Telefon. »Sie sagen, dass wir wenigstens mit vier bis fünf Stunden rechnen müssen.«
    Brockhorst kannte Jochen Pewalski, mit dem sie gerade telefonierte, von gemeinsamen Übungen, vom großen Ausfall 2006. Guter Mann. Bekam seinen Part sicher wieder in den Griff.
    Mittlerweile waren fast alle Mitarbeiter hier versammelt, hauptsächlich Vertreter der einzelnen Länder und verschiedener Hilfsorganisationen. Sie redeten hektisch durcheinander und telefonierten, manche mit ihren Familien, um sie zu informieren, dass der Stromausfall länger andauern würde. Brockhorst dachte an seine Frau und die drei Kinder in ihrem Einfamilienhaus am Rande Bonns. Um sie musste er sich keine Sorgen machen. Er arbeitete nicht in einer Krisenzentrale, ohne daheim gerüstet zu sein. Schon vor Jahren hatten sie einen Notstromgenerator im Keller einbauen lassen. Im Tank daneben lagerte Diesel für eine Woche. Wie das Gerät in Betrieb zu nehmen war, wusste seine Frau. Er würde ihr nur irgendwann Bescheid geben müssen, dass er heute Nacht wohl nicht nach Hause kommen würde.
    »Dann schließen wir uns einmal mit dem Lagezentrum des Innenministeriums kurz.«
    »Passend formuliert«, bemerkte seine Kollegin.
    Brockhorst verzog keine Miene. »Kennen die in Brauweiler eigentlich die Ursache?«
    Berlin
    »Was soll das heißen, Sie wissen es nicht?«
    Der Innenminister stand im Smoking vor dem Bildschirm, ein großer Mann mit rotem Gesicht und wenigen Haaren, und wirkte verärgert. Frauke Michelsen konnte sich nicht erinnern, ihn schon einmal im Lagezentrum des Innenministeriums gesehen zu haben. Was vielleicht daran lag, dass sie selbst selten dort vorbeikam.
    Jetzt war der Raum voll. Mitarbeiter der Abteilungen Öffentlicher Dienst, Informationstechnologie, Bundespolizei, Öffentliche Sicherheit sowie Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz, Michelsen kannte alle mehr oder weniger. Wer fehlte, war ihr Vorgesetzter, Leiter der Abteilung Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz im Innenministerium. Er saß bei einem Seminar ein paar Häuser weiter und hatte ihr bislang die Arbeit überlassen. Über das Eintreffen des Innenministers hatte sie ihn nicht informiert. Die kleinen Spielchen eben.
    In zwanzig Jahren diplomatischen Dienstes und Verwaltungsarbeit hatte Michelsen es bloß bis zur stellvertretenden Abteilungsleiterin geschafft. »Für höchste Weihen bist du zu brillant und siehst zu gut aus«, hatte ihr einer ihrer Vorgesetzten vor mehr als einem Jahrzehnt erklärt. Damals hatte Michelsen beschlossen, ihn Lügen zu strafen. Bislang war sie damit nicht besonders erfolgreich gewesen, wie sie sich gelegentlich eingestehen musste. Ihrer Karriere wenig förderlich war sicher auch ihre Freude an einem guten Tropfen, der sie manchmal ausgelassener und ehrlicher sein ließ, als es der Situation angemessen war.
    Dem Minister konnte sie seinen Unwillen nicht einmal übel nehmen. Er hatte wohl ein Galadiner überstürzt verlassen müssen, wie seine Kleidung verriet.
    Helge Brockhorst vom Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum des Bundes und der Länder in Bonn war auf dem Bildschirm zu sehen, und er antwortete lakonisch: »Das ist alles nicht so einfach.«
    Falsche Antwort, dachte Michelsen. Das Bild flackerte, wie bei statischen Störungen. Was man sich dabei gedacht hatte, das Lagezentrum in Bonn statt im Ministerium in Berlin zu installieren, fragte sie sich jedes Mal aufs Neue. Immerhin war man gerade dabei, das zu ändern.
    »Wenn Sie erlauben, Herr Minister«, mischte sich Staatssekretär Holger Rhess ein. »Herr Bädersdorf hier kann Ihnen das vielleicht kurz erläutern.«
    Ausgerechnet Bädersdorf, dachte Michelsen. Er hatte jahrelang für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft gearbeitet, bevor die Lobbygesellschaft ihn direkt im Ministerium installieren konnte.
    »Stellen Sie sich das Stromnetz wie den Blutkreislauf eines Menschen vor«, erklärte Bädersdorf.
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