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BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät

Titel: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät - Elsberg, M: BLACKOUT - Morgen ist es zu spät
Autoren: Marc Elsberg
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spürte, wie sich sein ganzer Körper verkrampfte.
    »Lauren Shannon, holen Sie die Vorhangkordeln her, fesseln Sie Ihre Freunde damit.«
    Shannon folgte dem Befehl mit zitternden Fingern. Sie riss die Kordeln ab und band zuerst Bondoni die Hände hinter den Rücken.
    »Sie könnten immer noch mit uns zusammenarbeiten«, sagte Pucao zu Manzano.
    »Euch gibt es nicht mehr«, erwiderte Manzano.
    Pucao lachte mitleidig. »Natürlich gibt es uns noch. Milliardenfach. Menschen, die genug haben von der Art, wie die westliche Zivilisation und der Raubtierkapitalismus sie knechten und ausbeuten. Die es satthaben, beherrscht, belogen und ausgeraubt zu werden von einer kleinen Gruppe von Verbrechern, die sich Politiker, Banker und Manager betiteln. Die die feige Trägheit in den Reihenhaussiedlungen und Wohnsilos und Bürofabriken nicht mehr ertragen. Und du, Piero, du gehörst zu diesen Menschen, denen es bis hier steht.« Er hielt das Messer unter Manzanos Nase. Seine Stimme verlor das predigthafte, wechselte in einen geradezu freundschaftlichen Ton. »Du bist einer von uns. Und das weißt du auch. Oder hast du vergessen, wie du gegen die korrupte Politikerkaste Italiens auf die Straße gegangen bist? Wie du in Genua gegen die Ungerechtigkeiten der Globalisierung gekämpft hast? Vielleicht bist du älter geworden. Vielleicht bist du desillusioniert. Aber erzähl mir nicht, dass du deine Träume verloren hast.«
    »In meinen Träumen starben nie Hunderttausende Menschen an Hunger, Durst, fehlender medizinischer Versorgung …«
    »In deinen Träumen nicht, aber in der Realität tun sie es! Seit Jahrzehnten, jeden Tag, auf der ganzen Welt. Dagegen hast du dich in Genua empört! Darüber regst du dich noch heute auf! Aber nur noch mit alten Kampfgefährten bei einem gepflegten Glas Wein.«
    Er betrachtete Manzano, setzte nach: »Ist es nicht so?«
    Manzano musste sich eingestehen, dass Pucao einen empfindlichen Punkt getroffen hatte. Doch damit konnte er sich jetzt nicht beschäftigen. Sie mussten den block-Befehl senden.
    »Selbst wenn meine Träume dieselben wie Ihre wären«, sagte er. »Meine Methoden, sie zu verwirklichen, sind es sicher nicht.«
    »Deshalb hat sich bis jetzt auch nichts geändert«, antwortete Pucao nachsichtig. »Das war schon bei den Achtundsechzigern so. Demonstrierten, zogen in eine Kommune, warfen Steine – und heute? Sind sie Bankdirektoren, Ärzte, Rechtsanwälte oder Lobbyisten der Industrie, um ihre Villa abzubezahlen. Was haben sie erreicht? Die Reichen wurden reicher, die Armen ärmer. Die heutige Jugend ist so konservativ, apolitisch und duckmäuserisch wie ihre Urgroßeltern. Wir zerstören unsere Umwelt mehr denn je. Soll ich weiter aufzählen?«
    Er prüfte die Kordel um Manzanos Handgelenke, die Shannon während des Vortrags festgezurrt hatte. Dann fuhr er fort: »Wann und wodurch fanden die wirklichen Veränderungen statt? Wann wurden tatsächlich Gesellschaften umgewälzt, neue Systeme eingeführt? Wann lösten in Europa Demokratien Adelsherrschaft und später Faschismus, in den USA die Kolonialherrschaft ab? Nur nach großen Katastrophen. Die breite Masse braucht die Erfahrung der existenziellen Bedrohung. Erst, wenn sie nichts mehr zu verlieren hat als das nackte Leben, ist sie bereit, für ein neues zu kämpfen.«
    »Das ist doch Quatsch, was Sie hier faseln!«, rief Shannon dazwischen. »Was ist mit Gandhi und Martin Luther King? Was ist mit dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa? Dem Wechsel von Militärregimen zu Demokratien in vielen Ländern Lateinamerikas? Oder dem arabischen Frühling? Dazu brauchte es vorher auch keine Weltkriege!«
    »Mund halten und weitermachen«, befahl Pucao und fuchtelte mit dem Messer in ihre Richtung. »Dem Zusammenbruch des Kommunismus ging ein jahrzehntelanger Krieg in aller Welt voraus. Der Kalte Krieg, schon vergessen? Ah, da waren Sie noch ein kleines Mädchen.«
    »Aber Sie waren schon der alte Weise, oder was?«, erwiderte Shannon. Manzano versuchte, sie mit einem Blick zu bremsen.
    Doch Pucao schien die Diskussion zu gefallen, vielleicht genoss er die Zuhörerschaft. »Sie haben keine Ahnung, was ein Krieg ist«, belehrte Pucao Shannon. »In Lateinamerika führten die USA und Europa mittels ihrer Marionettenterrorregime brutale Feldzüge mit Hunderttausenden Opfern. Später waren es der Internationale Währungsfonds und die Weltbank, Instrumente der etablierten Staaten, um die Konkurrenz der sogenannten Schwellenländer klein zu
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