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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Wendig
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und blitzt und donnert. Und dass die Zeit verstreicht. Es könnten ebenso gut Minuten wie Stunden sein.
    Das Caldecott-Anwesen ist weitläufig: Es gibt das Haus, das Gewächshaus dahinter, einen großen Teich mit einem weißen Pavillon auf einer Insel in der Mitte, Tennisplätze, einen Swimmingpool, einen Stall, eine Garage für vier Autos, einen kleineren Stall und einen noch kleineren Schuppen.
    Der Ort, zu dem sie hinlaufen will – der Zufahrtsweg, der sie wahrscheinlich zur Straße führen wird –, ist auf der anderen Seite des Hauses, an der Vorderseite. Miriam wollte schon in diese Richtung laufen, hat dann aber Stimmen gehört und machte kehrt.
    Du musst zurück.
    Louis finden.
    Wren finden.
    Dann diese Ungeheuer töten.
    Im Moment befindet sie sich im rückwärtigen Teil des Anwesens. Sie hat ein kleines Brunnenhaus aus morschem Holz und schiefen Steinen bei einer ausgetrockneten Quelle gefunden.
    Hier wartet sie mit den Weberknechten und Tausendfüßlern hinter einer verzogenen Holztür, die jedes Mal klappert und aufschlägt, wenn der Wind ihr einen Stoß verpasst.
    Das Anwesen ist von einem Wald umgeben. Miriam könnte einfach blindlings durch Dreck und Regen zu den Bäumen rennen. Aber wohin würde sie das führen? Außerdem ist sie sich nicht mal sicher, ob sie in der Lage wäre, so weit und so schnell zu laufen.
    Das Allerletzte, was sie will, ist sich noch den gottverdammten Knöchel in einem Schlammloch zu brechen undmit dem Gesicht nach unten in einer Pfütze fünfzig Meter vom Caldecott-Anwesen entfernt zu ertrinken.
    Damit bleibt ihr nur der Zufahrtsweg.
    Dort gibt es vermutlich ein Tor – und eine Kamera.
    Es ist also an der Zeit, sich nach einer Waffe umzusehen.
    Alles, was es hier gibt, ist der Kreis aus flachen Steinen um die trockene Quelle herum (die nur noch eine feuchte Erdfalte ist und wie ein krebsbefallenes Arschloch aussieht). Sie versucht einen Stein hochzuheben, aber sie sind mit Mörtel vermauert. Dann eben zum Schuppen, denkt sie. In dem Schuppen wird es etwas geben – eine Schaufel, Harke, Heckenschere, ein Laubnetz für den Swimmingpool, Wespenspray.
    Sie will gerade die Tür öffnen und hinausspähen –
    Aber dann: ein Geräusch.
    Zuerst denkt sie, es war bloß der Regen. Wenn man einen Ventilator in einem Raum anlässt oder lange und angestrengt schweren Regenfällen lauscht, fängt man an, Dinge zu hören: Gemurmel, Schritte, Stimmen, die einen rufen.
    Doch dann hört sie es wieder.
    »Miriam!«
    Irgendwer ruft ihren Namen.
    Nein, nicht irgendwer.
    Louis!
    Das konnte nicht sein. Das war nicht möglich.
    »Miriam! Miriam! Wo bist du?«
    Die Stimme ist ganz nah. Kein sehr lauter Ruf, kein Schrei.
    Mein Beschützer , denkt Miriam, greift nach der Eisenklinke, und ein seltsam wohliges Gefühl des Trostes überkommt sie. Ihr ist warm, obwohl sie erneut in den kalten Regen hinausgeht. Mit Louis an ihrer Seite weiß sie, dass sie bewacht wird, beschützt, abgeschirmt vor dem Bösen.
    Sie tritt hinaus auf die losen Steinplatten, kraxelt über eine der kleinen Grasböschungen, die das Brunnenhausumgeben. Ihre Füße finden kaum Halt auf dem nassen Gras und der schmierigen Erde.
    Miriam zischt seinen Namen. »Louis! Louis, hier drüben!«
    Auf Händen und Knien klettert sie über die Anhöhe.
    Und da steht er.
    Nicht Louis.
    Es ist der Bulle.
    Der von Keeners Schrottplatz, mit Schnauzbart, klein und stämmig – nicht wie die kleine Teekanne in dem Kinderlied, sondern eher wie ein breitschultriger Pitbull.
    Miriam kauert auf Händen und Knien vor ihm.
    Du bist wieder drauf reingefallen. Die Spottdrossel.
    Der Bulle hält eine Pistole in der schwarz behandschuhten Hand. Eine kleine Pistole – eine .380ger vielleicht. Walther PPK . Wasser formt Kügelchen auf dem öligen Metall.
    »Bitte«, sagt sie. Aber sie weiß schon, dass er Feind und nicht Freund ist.
    Er lacht, hustet. Regen strömt in Kaskaden über den Rand seiner Polizeimütze.
    Dann spricht er: »Miriam, Miriam, ich bin’s!«
    Und sagt es mit Louis’ Stimme.
    Natürlich.
    » Du bist die Spottdrossel«, sagt sie. Alle Energie und Hoffnung werden aus ihr herausgesaugt, während der Wind ihr Regennadeln ins Gesicht schleudert. Das Gras ist glitschig zwischen ihren Fingern.
    »Wir sind alle die Spottdrossel. Eine ganze Familie davon.« Er kichert. »Dein Mann hätte mich töten sollen, als er die Chance dazu hatte.«
    Er knallt ihr die Pistole gegen den Kopf. Einen Kopf, der ohnehin schon vom Schmerz und der
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