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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch
Autoren: L Carroll
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die sich hier nach dem Schlussverkauf bei Marc Jacobs kurz die Zeit vertrieben haben. Sie redeten unaufhörlich über ihre neuen Sparmaßnahmen: Dass sie ihre Haarstylistin so lange in die Zange genommen haben, bis sie für einen Bruchteil der Kosten zu ihnen nach Hause kam, und dass sie ihren Töchtern nur noch eine einzige Marc-Jacobs-Tasche pro Nase zugestehen würden.«
    »Wow, da sieht es ja wirklich überall ganz schlecht aus!« Ich zwang mich zu lachen, obwohl mir bei dem Gedanken, dass schon die Ladys von Long Island den Geldbeutel enger schnürten, ziemlich mulmig wurde. Rund um die Weihnachtszeit machte ich allgemein gute Geschäfte mit Monogrammanhängern, die sich ansonsten das ganze Jahr über auch anlässlich der Geburtstage erwachsen werdender Töchter, Konfirmationen oder Bat Mizwas recht
gut verkauften. »Ich werde dafür sorgen, dass die Pissarros eingeschlossen werden. Danke, dass Sie auf mich gewartet haben.«
    »Gern geschehen. Ich wollte sowieso noch zu einer Show in der Knitting Factory und musste ein bisschen Zeit totschlagen. Schönes Wochenende.«
    Ich folgte Maia zur Vordertür und schloss diese hinter ihr zweimal ab. Dann dimmte ich das Licht, stellte das Sicherheitssystem auf Nachtbetrieb und aktivierte die Bewegungsmelder. Anschließend betrat ich den schmalen Korridor, der zum Treppenhaus und zum Hinterzimmer führte. Noch während ich die Galerietür hinter mir schloss, konnte ich Zach Reeses heiseres Lachen hören.
    »… und dann hat er gesagt, ›Sie haben draufgepisst, damit haben Sie es auch gekauft‹ und hat ihm die Rechnung gegeben.« Es war eine alte Geschichte aus Zachs frühen Tagen in Warhols Factory, und eine, die er stets in besonders schlechten Zeiten erzählte, um Roman zum Lachen zu bringen. Normalerweise brüllte mein Vater vor Begeisterung, aber an diesem Abend war nur Zach Reeses Johlen zu hören, das seinen breiten Mittelwest-Akzent verriet.
    Mein Vater sah auf, als ich das Büro betrat, und an seinem angestrengten Blick erkannte ich, dass er auf mich gewartet hatte. Er hat in letzter Zeit nicht richtig gegessen , dachte ich, als mir seine eingesunkenen Wangen und der unruhige Schimmer in seinen dunklen Augen auffiel, und auch nicht gut geschlafen. Dass meine Eltern älter waren als die anderer Kinder – Roman war achtundfünfzig, als ich zur Welt kam, meine Mutter fünfundvierzig -, hatte mir nie etwas ausgemacht, weil Roman so vital war, und
meine Mutter … nun, auch sie hatte nie älter ausgesehen als dreißig, bis sie mit einundsechzig starb. Stets waren Künstler und Schriftsteller in unserem Haus aus und ein gegangen, die meine Mutter versorgt und unterhalten hatte. Aber seit sie vor zehn Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war, hatte ich mehr auf die Gesundheit meines Vaters geachtet. Der größte Teil von Romans Familie war während des Krieges in Polen umgekommen, und meine Mutter hatte den Kontakt zu ihrer Verwandtschaft, die in Frankreich lebte, ebenfalls verloren. Roman war alles, was ich an Familie hatte. Es tat mir nun leid, dass ich ihn den ganzen Nachmittag auf mich hatte warten lassen. Ich hätte sofort nach der Besprechung nach Hause kommen sollen, anstatt ziellos durch die Stadt zu wandern, in Antiquitätenläden zu stöbern und mit exzentrischen Juwelieren zu reden, während Roman darauf gewartet hatte, von mir zu erfahren, wie schlecht es tatsächlich um uns stand.
    »Ein Hoch auf die zurückkehrende Heldin!« Zach Reese hob ein Schnapsglas, das bis zum Rand mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt war, die in seinen zitternden Händen bebte. »Wir hatten schon Angst, du seist von den Göttern des Mammons verschlungen worden. Auf einem Altar der Trinity Church dem Sukkubus der Gier und ungesicherten Hypotheken geopfert.«
    »Du warst so lange weg«, sagte Roman mit angespanntem Lächeln. Er fuhr sich mit der knorrigen Hand über den kahlen Schädel, eine Geste, die ich längst als Zeichen von Stress zu interpretieren gelernt hatte. »Wir dachten schon, die Bank hätte dich vielleicht als Sicherheit für das Darlehen dabehalten.«

    »Wenn ich doch nur so wertvoll wäre«, sagte ich, wehrte den Drink, den Zach mir anbot, mit einer Handbewegung ab und ging zum Herd, um den Wasserkessel aufzusetzen. Das hintere Büro – im Gegensatz zum vorderen, in dem wir Kundengespräche führten – hatten wir in der ehemaligen Küche des Hauses eingerichtet. In den Schränken befanden sich längst Akten und Büromaterial anstelle von Tassen
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