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Black Rose

Black Rose

Titel: Black Rose
Autoren: Black Rose
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kühler. Morrison schlug den Kragen hoch und
zog sich den Mantel enger um den Hals. Plötzlich überkam ihn die Erinnerung an
sie, und sein schlechtes Gewissen verschwand. Ihr Geruch, wie sie sich
angefühlt hatte, als sie ihm die Arme um den Hals schlang – das würde wohl das einzige
bleiben, was er je von ihr besitzen würde, aber allein die Erinnerung, das
lebhafte Gefühl, als wäre es noch immer so …
    Morrison hob abrupt den Kopf, er zwang sich zu vergessen – oder
versuchte es zumindest –, was, wie er wusste, er nicht haben konnte. Er
beschloss, sich ein wenig Bewegung zu verschaffen, um einen klaren Kopf zu
bekommen. Der Himmel über der Yacht war voller Sterne, lauter leuchtende,
funkelnde Zuschauer eines kurzen Dramas – oder war es eine Komödie gewesen,
eine Farce? –, das sich soeben abgespielt hatte: der gehörnte Ehemann, die
treulose Gattin, die jedoch, wenn sie nur die geringste Chance bekäme, dem
Mann, den sie gerade erst kennen gelernt hatte, für immer treu sein würde;
einem Mann, mit dem sie vielleicht durchgebrannt wäre, um sich nicht einmal
umzusehen, hätte die Szene nur ein wenig länger gedauert. Morrison spürte fast
so etwas wie ein Triumphgefühl, aber nicht, weil er die eben ausgemalte Szene
für realistisch hielt, sondern weil er es wieder einmal geschafft hatte, sich
zumindest für einen kurzen Moment seinen Träumen hinzugeben.
    Nach einem zweiten Rundgang über das Deck winkte er den Sternen
zu wie ein Schauspieler, der von der Bühne abgeht, und begab sich nach unten.
Die Gäste hatten den Salon mittlerweile alle verlassen; überall auf dem Tisch
standen leere Gläser herum, manche waren umgekippt und ausgelaufen. Auf den
goldgeränderten Tellern befanden sich Reste des Desserts, die zu formlosen Cremehaufen
zusammengeschmolzen waren. Der abgestandene Geruch nach Schweiß und Alkohol
rief Morrison in Erinnerung, wie viel Mühe die Menschen darauf verschwendeten,
es sich gut gehen zu lassen. Mit gesenktem Kopf und leicht deprimiert steckte er
die Hände in die Taschen, um seinen Rundgang fortzusetzen.
    Die Stille war vollkommen. Doch dann hörte er hinter der gepolsterten
Tür der Eignersuite ein gedämpftes Geräusch. Wie angewurzelt blieb er stehen,
die Ohren gespitzt. Ein Ehestreit: St. James, der seine Frau anbrüllte, die ihm
in gleicher Lautstärke antwortete. Morrison konnte ihre Worte nur undeutlich
verstehen. Doch das Wort »Hure« drang zu ihm, dicht gefolgt von einem scharfen,
lauten »Scheißkerl«, in einer Stimme, die ihre ganze atemlose Erregung verloren
hatte. Morrison hörte, wie sich auf der anderen Seite schnelle Schritte
näherten. Die Tür flog auf.
    »Das ist mir völlig egal, ob ich jemals …!«, rief Danielle über
die Schulter zurück. Als sie Morrison nur wenige Meter entfernt im Gang stehen
sah, brach ihre Stimme ab. Wie weggeblasen verschwand der Zorn aus ihren Augen
und wurde durch etwas ersetzt, das ihm fast wie Angst vorkam. Sie schüttelte
schnell den Kopf: Diese Geste bedeutete ihm, nicht näher zu kommen und kein Wort
zu sagen. Sie wirbelte wieder herum, um weiter ihren Mann anzuschreien, aber
jetzt nicht mehr so eindringlich und herausfordernd. »Denkst du vielleicht, ich
will mit jedem Mann ins Bett, mit dem ich mich einmal unterhalten habe?« IhrTonfall klang verletzt, als sie die Tür hinter sich zuzog und es Morrison überließ,
zu vermuten, wie viel St. James – falls überhaupt – gesehen hatte.
    Als der Anwalt schließlich im Bett lag, wirbelten so viele
Gedanken und Gefühle in seinem Kopf herum – Eifersucht und Scham; das
Verlangen, etwas zu tun, und das Wissen um seine Ohnmacht; Angst und die
Erkenntnis, dass er eine Situation geschaffen hatte, die für alle Beteiligten
ernsthafte Konsequenzen haben konnte –, dass er erst nach langer Zeit endlich
einschlief. Doch dann war sein Schlaf so tief, dass er das leise Knarren seiner
Kabinentür erst hörte, als sie von innen wieder geschlossen wurde.
    »Wer ist da?« Der Schreck war ihm in die Glieder gefahren.
Der Schatten, der sich auf ihn zubewegte, handelte schnell und effektiv.
    »Psst, nicht so laut!«, flüsterte Danielle, die sich neben
ihn auf die Bettkante gesetzt und ihm den Finger auf den Mund gelegt hatte. »Er
schläft zwar jetzt, aber wenn er wütend ist …« Sie trug nicht mehr als ein
seidenes Nachthemd, das ihr bis knapp zu den Knien reichte. »Es tut mir leid,
dass du unseren Streit mit anhören musstest, wirklich, es tut mir …«
    Morrison zog sie zu sich
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