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Black Dagger 09 - Seelenjäger

Black Dagger 09 - Seelenjäger

Titel: Black Dagger 09 - Seelenjäger
Autoren: J.R. Ward
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Abendbrottisch wäre eine massive Abweichung von der Ordnung.
    Das würde die Predigt, die sie von ihm zu erwarten hatte, noch verlängern, denn dann müsste er neben der Unverschämtheit
ihrer Mutter gegenüber auch noch die Enttäuschung ansprechen, die sie für die Familie war.
    Janes butterblumengelbes Zimmer oben entsprach exakt dem Rest des Hauses: so glatt wie das Haar und die Sofakissen und die Art der Bewohner, sich auszudrücken. Jedes Stück war an seinem Platz. Alles befand sich in dem Zustand erstarrter Perfektion, die man sonst in Schöner-Wohnen-Zeitschriften sah.
    Das Einzige, was nicht dazu passte, war Hannah.
    Der verdächtige Rucksack wanderte in den Schrank auf die ordentlichen Reihen von College-Schuhen und Riemchenballerinas; dann zog Jane die Schuluniform aus und ein Flanellnachthemd an. Sie hatte keine Veranlassung, richtige Klamotten zu tragen. Sie hatte heute nichts mehr vor.
    Dann trug sie den Stapel Bücher zu ihrem weißen Schreibtisch. Sie musste Englisch-Hausaufgaben machen. Algebra. Französisch.
    Kurz schielte sie zu ihrem Nachttisch. 1001 Nacht wartete auf sie.
    Eine bessere Art, ihre Strafe abzusitzen, konnte sie sich nicht vorstellen, aber die Hausaufgaben kamen zuerst. Mussten sie. Sonst hätte sie ein schlechtes Gewissen.
    Zwei Stunden später saß sie mit 1001 Nacht auf dem Schoß auf ihrem Bett, als die Tür sich einen Spalt öffnete und Hannah den Kopf hereinsteckte. Ihr rotes, lockiges Haar war eine weitere Abweichung. Alle anderen Familienmitglieder waren blond. »Ich hab dir was zu essen gebracht.«
    Jane setzte sich auf, besorgt um ihre jüngere Schwester. »Du wirst Ärger kriegen.«
    »Nein, nein.« Hannah schlüpfte ins Zimmer, ein Körbchen mit einer karierten Serviette, einem Sandwich, einem Apfel und einem großen Keks in der Hand. »Das habe ich von Richard bekommen, damit ich später noch etwas essen kann.«

    »Willst du es denn nicht?«
    »Ich habe keinen Hunger. Hier.«
    »Danke, Han.« Jane nahm den Korb entgegen, und Hannah setzte sich ans Fußende des Bettes.
    »Also, was hast du angestellt?«
    Jane schüttelte den Kopf und biss in das Roastbeef-Sandwich. »Ich bin wütend auf Mama geworden.«
    »Weil du deine Party nicht feiern durftest?«
    »M-hm.«
    »Aber ich hab hier was, um dich aufzumuntern.« Hannah schob ein zusammengefaltetes Stück kariertes Papier über die Decke. »Alles Gute zum Geburtstag!«
    Jane musste ein paar Mal schnell blinzeln. »Danke, Han.«
    »Sei nicht traurig, ich bin doch hier. Sieh dir die Karte an! Die hab ich für dich gebastelt.«
    Auf die Vorderseite hatte ihre Schwester zwei krumme Strichmännchen gemalt. Das eine hatte glatte blonde Haare und darunter stand in ihrer schlampigen Handschrift Jane. Das andere hatte lockige rote Haare und trug den Namen Hannah unter den Füßen. Die beiden hielten sich an der Hand und hatten ein breites Lächeln auf den kreisrunden Gesichtern.
    Gerade, als Jane die Karte aufklappen wollte, strich ein Paar Scheinwerfer über die Hauswand, und dann kroch das Licht in die Auffahrt.
    »Das ist Papa«, zischte Jane. »Du solltest besser hier verschwinden. «
    Hannah wirkte nicht so beunruhigt wie üblich, wahrscheinlich, weil es ihr nicht gutging. Oder vielleicht war sie auch mit ihren Gedanken … wo auch immer Hannah eben mit ihren Gedanken war. Den Großteil der Zeit war sie in ihre Tagträume versunken, was vermutlich der Grund war, warum sie ständig fröhlich wirkte.

    »Geh schon, Hannah, im Ernst.«
    »Okay. Aber es tut mir ehrlich leid, dass deine Party abgeblasen wurde.« Hannah schlurfte zur Tür.
    »Hey, Schwesterchen. Mir gefällt deine Karte.«
    »Du hast doch noch gar nicht reingeschaut.«
    »Muss ich nicht. Sie gefällt mir, weil du sie für mich gemacht hast.«
    Hannahs Gesicht verzog sich zu dem unverwechselbaren breiten Grinsen, das Jane immer an einen sonnigen Tag erinnerte. »Es geht darin um dich und mich.«
    Als die Tür ins Schloss fiel, hörte Jane die Stimmen ihrer Eltern aus dem Flur heraufwehen. Hastig aß sie Hannahs Imbiss auf, schob das Körbchen unter die Vorhänge neben dem Bett und ging zu ihrem Stapel Schulbücher. Sie nahm Die Pickwickier von Dickens mit aufs Bett. Wenn sie sich mit Schulkram beschäftigte, konnte sie sich vielleicht bei ihrem Vater ein paar Punkte verdienen, falls er denn in ihr Zimmer käme.
    Eine Stunde später kamen ihre Eltern die Treppe herauf, und sie wartete angespannt auf das Klopfen ihres Vaters. Nichts geschah.
    Was wirklich merkwürdig
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