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BKA - Die Jaeger des Boesen

BKA - Die Jaeger des Boesen

Titel: BKA - Die Jaeger des Boesen
Autoren: Michael Juergs
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schwer zu machen oder sie mit dem, was sie angerichtet haben, nicht ungeschoren davonkommen zu lassen. Polizei sollte nicht etwa der Technik vorauslaufen; die wahre Kunst des Handwerks liegt darin, früh genug zu erkennen, welche Folgen Technikeinsatz für die Verbrechensbekämpfung hat.
    Sei alles eine Frage der Kommunikation, winkt ein graubärtiger Mann ab, der mir unterm Dach einer Wohnung in Berlin gegenübersitzt, die Politik müsse sagen, was sie will und was sie bereit ist auszugeben. Er ist im Ruhestand, oder wie das bei Beamten heißt: Er ist pensioniert. Doch Max-Peter Ratzel, nach einer steilen Karriere im BKA anschließend von 2005 bis 2009 Direktor von EUROPOL in Den Haag, ist erst einundsechzig und noch lange nicht ausgebrannt. Er wirkt sprungbereit. Bei jedem Summen seines Handys, das vor uns zwischen Kaffeetasse und Kuchenstück liegt, könnte es sein, dass er unser Gespräch abbrechen muss, weil ihn endlich wieder eine Pflicht ruft, denn seit seiner Pensionierung ist er international gefragt als Berater für Sicherheitsfragen. Doch ich habe Glück. Sie ruft nicht.
    In den USA hat die Coastguard schnelle Speedboote wie die Drogendealer, manchmal bessere, weil sie die besten Modelle der Gangster bei Festnahmen für den Staat konfisziert und künftig bei ihren Einsätzen selbst benutzt. Für die Nutzung von sichergestelltem Tätermaterial fehlt in Deutschland die rechtliche Basis. Speedboote braucht das BKA zudem eher selten. Was insgesamt die Polizei jedoch benötigt, ist bestmögliche technische Ausrüstung, egal ob Boot, Hubschrauber, Auto, Computer. Sonst wird sie im Wettlauf gegen die anderen da draußen immer zweiter Sieger bleiben. Falls ihre Gegner ein Speedboot fahren und sie bekommt keines, wird sie die nicht mehr einholen können, und es steigt
automatisch die Anzahl der Delikte an. »Falls die Gesellschaft und die Politik und die Medien bereit sind, das hinzunehmen, dann muss auch ich das hinnehmen, denn ich bin Polizist und Diener des Staates«, so Ratzel. Aber im Fall wachsender Kriminalität wäre dann ein anschwellender Bocksgesang, dass die Polizei ihre Gegner nicht mehr einholen kann, nur Heuchelei.
    In KT, der Kriminaltechnik, arbeiten in zwanzig verschiedenen Fachbereichen interdisziplinär nicht nur Naturwissenschaftler wie Chemiker, Physiker, Biologen, sondern auch Phonetiker, Linguisten, Schriftsachverständige. Insgesamt sind hier unter dreihundert Experten sechzig verschiedene Berufe versammelt. Um die jährlich mehr als zehntausend Aufträge zu bearbeiten, eingehend von Staatsanwaltschaften und Gerichten, von Landeskriminalämtern und anderen Abteilungen des Bundeskriminalamtes, vor allem den Tatortgruppen, braucht das hauseigene Institut die bestmöglichen technischen Einrichtungen, braucht für Gutachten zum Vergleich Materialsammlungen aller Art, von Schusswaffen bis Rauschgift, von gefälschten Urkunden bis Sprengstoff, von DNA-Proben bis zu Werkstoffen.
    In einem Zentrallabor von KT 1 bestaune ich einen Apparat, der einer Raumkapsel gleicht, vor sich hin summt und in der Anschaffung rund 800 000 Euro gekostet hat. Was dieser Magnetische Resonanzspektrometer leistet, kann kein anderer, ist allenfalls vergleichbar mit der neuesten Generation der von Medizinern für die Hirnforschung betriebenen Magnetresonanztomografen, und deshalb ist das Spektrometer so teuer. Es macht sich mittels Proben von sichergestellten Rauschgiften – Heroin, Kokain, Ecstasy usw. – ein Bild von Molekülen und davon, woraus die im Einzelnen bestehen. Ein besonders starker Magnet zwingt die in bestimmte physikalische Zustände. Danach notiert der auch nachts tätige Mitarbeiter, ohne auf den erst am nächsten Morgen eintreffenden Wissenschaftler zu warten, welche chemischen Strukturen in organischen Verbindungen der Drogen erkennbar waren, und gibt diese Erkenntnisse direkt weiter an die entsprechende Datenbank des BKA.

    In der wiederum kann, ebenfalls elektronisch, abgeglichen werden, ob diese Muster schon in anderen Fällen auftauchten, und die Maschine gibt Laut, sobald ein Treffer erzielt wird. Der Chef des Labors fühlt sich nicht als chemischer Ermittler, sondern bezeichnet sich stolz als Wissenschaftler. Er identifiziert sich nicht wie ein Kriminalkommissar mit der Polizei. Doch dass gesellschaftlich sinnvoll ist, was er da betreibt, nämlich Sachbeweise zu produzieren, belastend oder entlastend, je nach Ergebnis, motiviert ihn eben doch mehr als die reine Forschung an irgendeinem Institut
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