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Bitte sagen Sie jetzt nichts

Bitte sagen Sie jetzt nichts

Titel: Bitte sagen Sie jetzt nichts
Autoren: Loriot
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aufkommen zu lassen. Das hat oft meine Mitarbeiter überrascht. Auch mich selbst. Als ich mit Evelyn Hamann, Gott behüte sie, in den 70er-Jahren meine Sketchreihe für Radio Bremen produzierte, in drei Jahren sechs Folgen à eine Dreiviertelstunde, gingen wir nach einer Aufzeichnung aus dem Studio. Neben mir Evelyn und der Intendant. Da sagte ich: »Ach, übrigens, das war unsere letzte Sendung.« Mich beschlich in diesem Augenblick das Gefühl, mit der Fortsetzung meiner Arbeit nicht mehr besser werden zu können.
    Kühn Ein dritter Kinofilm wäre sicher auch ein Erfolg geworden.
    Loriot Ich möchte immer aufhören, bevor ich in einer Sache nicht mehr gut bin. Um in der Qualität der Filme nicht nachzulassen, bedarf es einer sehr intensiven Arbeitsweise, die mir bisweilen auch vorgeworfen wurde. Es hieß immer, ich sei so penibel. Dabei gibt es keinen ernstzunehmenden Regisseur, der nicht penibel wäre.
    Kühn Sind Sie ein Pedant?
    Loriot Das hat so einen negativen Beigeschmack. Ich versuche, genau zu sein.
    Kühn Stanley Kubrick hat Szenen mehr als 100-mal wiederholen lassen.
    Loriot Eine komplizierte Aufnahme ließ ich 34-mal wiederholen. Da ging es um nichts anderes, als dass Evelyn Hamann in Pappa ante portas mit einer Freundin durch den Berliner Fasanenpark spaziert und sich über ihre Ehe beklagt. Sie muss auf die Kamera zugehen, ohne hinzusehen in ein Hundehäufchen treten und dabei weiterreden. Alles ganz beiläufig, das war die Schwierigkeit, und mit nur einer Kamera-Einstellung. Für den Fortgang des Films ist diese Szene nicht wichtig, man hätte sie streichen oder schneiden können ...
    Kühn ... aber das wäre zu einfach, und einfach wollten Sie es sich nie machen.
    Loriot Nein, denn nur wenn dieser Vorgang gewissermaßen von alleine stattfindet, wirkt er lebendig. Überlegen Sie mal, wenn wir das anders gemacht hätten: erst Evelyns Kopf groß, wie sie redet, Schnitt. Dann das Häufchen auf dem Boden. Die Kamera fährt zurück zu den beiden Mädchen, die gehen auf das Häufchen zu. Jetzt geht die Kamera runter, man sieht Evelyns Schuh, sie tritt in das Häufchen. Dann geht die Kamera auf das Gesicht ... Du lieber Gott, was für eine langweilige Geschichte wäre das geworden!
    Kühn Sie wissen selbst am besten, wie es ist, unter dem Regisseur Vicco von Bülow zu arbeiten. Meist waren Sie Ihr eigener Hauptdarsteller.
    Loriot Mit der verzweifelten Hoffnung, die Zeit möge reichen für das optimale Ergebnis.
    Kühn Wenn Sie Ihre alten Sketche anschauen, denken Sie da manchmal: Das hättest du besser machen können?
    Loriot Ich würde wohl manches schneller drehen. Wobei mir allerdings das heutige Tempo als zu schnell erscheint. Man weiß manchmal nicht: Ist das noch die Werbung - oder schon der Film?
    Kühn Was schauen Sie im Fernsehen an?
    Loriot Was mir zunehmenden Spaß macht, sind diese Gesprächsrunden, zum Beispiel Anne Will. Wenn da gute Leute zusammensitzen, also nicht immer dieselben, deren Antworten man bereits vorausahnt, habe ich davon mehr als vom vorangegangenen Kriminalfilm. Man nimmt teil an einer genauen Schilderung des Privatlebens eines Kriminalbeamten, das einen im Grunde herzlich langweilt. Man sitzt in seiner Wohnküche, wo ihm von zarter Hand das Abendessen zubereitet wird, und es ist einem ziemlich egal, ob es sich um die Frau eines Kollegen oder die Schwägerin handelt. Oder ist sie womöglich seine tatverdächtige Gattin, die von ihrer Cousine gesucht wird? So gemütlich droht die bürgerliche Katastrophe. Früher jagten Krimis einem Schauder über den Rücken.
    Kühn An welche Filme denken Sie?
    Loriot Filme, die Sie gar nicht mehr kennen, weil Sie zu jung sind. Dr. Mabuse, Der Spieler von Fritz Lang oder Das Cabinet des Dr. Caligari, die beide an der Schwelle zum Tonfilm entstanden. Unheimliche Fälle, die nichts mit der Realität zu tun haben.
    Kühn Was sind Ihre ersten Erinnerungen an das Kino?
    Loriot Ich glaube, mein erster Film war Emil und die Detektive. Und ich erinnere mich gut an den Choral von Leuthen, einen Film über den Alten Fritz, den Preußenkönig.
    Kühn Das war auch ein bisschen Familiengeschichte.
    Loriot Das stimmt. Die Bülows sind mit Friedrich dem Großen etwas näher bekannt. Mein vierfacher Urgroßvater Johann-Albrecht, der in Berlin-Lichterfelde in der Grabkapelle ruht, war General unter dem Alten Fritz und gelegentlich zum Essen bei ihm in Sanssouci. Nach dem Tod des Generals beantragte sein Sohn, mein dreifacher Urgroßvater Carl, vom
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