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Bitte sagen Sie jetzt nichts

Bitte sagen Sie jetzt nichts

Titel: Bitte sagen Sie jetzt nichts
Autoren: Loriot
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mein Mietszimmer und habe meine Freundin gezeichnet, meine erste Freundin, 25-mal, und zwar unbekleidet - warum sollte man sonst eine Freundin zeichnen? Ich reichte die Werke ein und wurde angenommen.
    Kammertöns/Lebert Arbeiteten Sie gelegentlich auch für Werbefirmen?
    Loriot O ja, ich habe einmal ein Weinetikett entworfen für die Firma Buhbe und Söhne.
    Kammertöns/Lebert Loriots gesammelte Prosa, sie allein - ohne auch nur eine Zeichnung -füllt rund 752 eng bedruckte Buchseiten. Herr von Bülow, haben Sie gelegentlich auch nichts gemacht? Sie sagten einmal: Es ist mit der Zeit eigentlich zu teuer bezahlt.
    Loriot Das trifft zu. Wenn ich an meine Kinder denke, habe ich ein schlechtes Gewissen, denn ich habe zu viel Zeit meiner Arbeit zugewandt. Ich besinne mich auf keinen wirklichen Urlaub mit der ganzen Familie. Doch, einmal, glaube ich, haben wir es geschafft, zu viert nach Rom und Capri zu fahren.
    Kammertöns/Lebert Wir trauen uns kaum zu fragen: Hoffentlich ging nichts schief dabei?
    Loriot Nein. Es ist wohl einfach so: Komisches herzustellen ist so mühsam, dass keine Heiterkeit für fröhliche Ferien übrig bleibt. Wenn wir zusammen wegfuhren, habe ich nebenher weitergeschrieben und gezeichnet. Auf Capri habe ich die Fortsetzungen von Wum und Wendelin im Umschlag mit Pappe auf die Fähre nach Neapel gebracht. Einmal kam ich zu spät, das Schiff legte bereits ab. Deshalb warf ich die Skizze in hohem Bogen auf das Schiff. Ein Fahrgast fing es auf, ich rief hinüber, er möge es zur Post bringen. Hat er gemacht, denn die Lieferung kam an.
    Kammertöns/Lebert Reden Sie mit Ihren Töchtern über diese Jahre in der Familie?
    Loriot Vor einigen Monaten haben wir darüber gesprochen. Speziell über einen Nachmittag bei uns am Starnberger See. Damals war meine ältere Tochter zwölf oder dreizehn Jahre alt. Meine Schwiegermutter war zu Besuch und machte mit ihr Schularbeiten. Es funktionierte nicht so recht. Meine Tochter lernte ihre Vokabeln nicht, also schickte meine Schwiegermutter sie runter zu mir. Ich saß an meinem Arbeitstisch, sie stand mucksch in der Tür, nicht bereit, über irgendetwas zu reden. Ich selber sagte kein böses Wort, war voller Verständnis, gestand ihr, dass ich es auch nicht gemocht hatte, Vokabeln zu lernen. So redete ich auf sie ein, bis sie scheinbar vollkommen beruhigt wieder nach oben ging. Jetzt, vierzig Jahre später, hat meine Tochter mir gestanden, dass sie einen Kampf führen wollte, eine Auseinandersetzung über den Sinn von Schularbeiten, und diese Gelegenheit hatte ich ihr genommen.
    Kammertöns/Lebert Wollten Sie die Diskussion nicht führen, um schnell wieder zeichnen zu können?
    Loriot Das war es nicht. Fälschlicherweise nahm ich damals an, die Grundstimmung in einer Familie, also die erzeugte Harmonie im Hause, sei entscheidend für die Erziehung. Nun, ich tröste mich heute mit dem Gedanken, dass man als Elternteil einfach nicht ausgebildet ist für das schwerste Amt, das man haben kann, nämlich Vater oder Mutter zu sein.
    Kammertöns/Lebert Werden Sie eigentlich milder im Alter? Beispielsweise in Ihrem Urteil, dass Männer und Frauen nicht zusammenpassen?
    Loriot Natürlich gehören sie zueinander. Seinerzeit in Hamburg lief mir meine Freundin, die ich gezeichnet hatte, wegen eines Bankdirektors davon, was ich ihr jedenfalls damals nicht übel nehmen konnte. Ich hatte danach eine zweite Freundin. Irgendwann, 1951, fragte ich sie bei einem Spaziergang über den Ohlsdorfer Friedhof, ob sie das Leben mit mir teilen wolle. Und sie hat zugestimmt, gewissermaßen über die Gräber hinweg. Mittlerweile sind wir seit 57 Jahren verheiratet.
    Kammertöns/Lebert Andererseits?
    Loriot Andererseits habe ich einmal zu meinem Geburtstag fünf befreundete Ehepaare eingeladen. Zufällig waren die Männer unabkömmlich auf Geschäftsreisen, und die Damen kamen alleine. Ich mochte sie nicht wieder ausladen und sah einer reizvollen Gastgeberrolle entgegen. Tja, und dann saß ich im Kreise der sechs Gattinnen als vermeintliche Hauptperson in unserem Türmchen beim Essen. Das lebhafte Gespräch kreiste um berufliche, literarische, gesellschaftliche und familiäre Themen. Eine männliche Meinung war offensichtlich weder nötig noch erwünscht. Nur einmal gelang mir ein kurzer, wie ich glaube, heiterer Einwurf. In der sofort einsetzenden Grabesstille trafen mich die sechs strafenden Blicke des anderen Geschlechts. Mit einer halblauten Entschuldigung suchte ich nach meiner Serviette. Die
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