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Bissige Jungs kuessen besser

Bissige Jungs kuessen besser

Titel: Bissige Jungs kuessen besser
Autoren: Mari Mancusi
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in die Gegenwart. »Aber dann hast du dich auf einmal komisch gefühlt?«, dränge ich Jayden fortzu-fahren, während ich die aufwallenden Schuldge-fühle zu ersticken versuche. Hätte ich mich doch nur nach ihm erkundigt. Ihn zurückgerufen. Ich bin wirklich die schlechteste Freundin aller Zeiten.
    Er nickt. »Plötzlich hat mir das Tageslicht in den Augen wehgetan. Und dann fiel es mir ungeheuer schwer, morgens aufzustehen und nachts zu schlafen. Aber die größte Veränderung habe ich im Umgang mit den Tieren erlebt.« Er starrt bekümmert zu Boden. »Wenn ich jetzt in den Raum komme, drehen sie alle durch. Die Hunde fangen an zu heulen wie verrückt. Die Katzen fauchen vor Angst. Sogar der süße Rex wollte mich beißen.« Als er den kleinen Drahthaar-Terrier erwähnt, versagt ihm die Stimme. »Ich musste schließlich kündigen. Meine Gegenwart hat sie so gestresst, dass sie sich nicht mehr auf die Show konzentrieren konnten.«
    Mir bricht fast das Herz. Der arme Jayden. Er hatte sich mit Leib und Seele der Arbeit mit den dressierten Hunden und Katzen aus dem Tierheim im Komischen Tiertheater gewidmet. Noch vor ein paar Wochen bin ich mit ihm hinter die Bühne gegangen und habe die Zuneigung in seinen Augen gesehen, als er mir stolz seine geliebten Tiere vorführte. Es war offensichtlich, dass sie ihn genauso liebten wie er sie.
    Aber das war der sterbliche Jayden gewesen.
    Haustiere reagieren auf Vampire in der Regel nicht allzu freundlich. Liegt wohl am Geruch.
    Wandelnde Kadaver. Die meisten Katzen finden sie verwirrend. Die meisten Hunde wollen einfach einen Bissen kosten.
    »Alles danach ist irgendwie verschwommen«, fährt Jayden fort. »Ich hatte dauernd Blackouts, bin irgendwo aufgewacht und konnte mich nicht mehr erinnern, wie ich dorthin gekommen war oder was ich vorher gemacht hatte. Ich war vollkommen ausgehungert, konnte aber kein Essen bei mir behalten. Ich habe wahnsinnig abgenom-men und dann wurde ich schrecklich krank. Wie die schlimmste Grippe, die ich jemals hatte. Ich wollte mich ins Krankenhaus schleppen, aber ich habe es nie so weit geschafft. Die letzten drei Tage habe ich in dieser Gasse verbracht, glaube ich. Ich verliere jedes Zeitgefühl. Ich bin so schwach. Und ich habe solchen Hunger. Und alles, woran ich denken kann . . .« Er verzieht das Gesicht. ».. . ist Blut.«
    Ich schlucke schwer. Das ist nicht gut. »Aber ich versteh das nicht«, sage ich, während ich seine Geschichte zu begreifen versuche und gleich-zeitig vom Thema Bluttrinken ablenke. »Es ist ja nicht so, als würde der Vampirismus plötzlich in der Luft liegen oder so. Du müsstest schon buchstäblich Vampirblut geleckt haben - oder man müsste es dir irgendwie eingeflößt haben -, um zu einem Vampir zu werden. Aber an so etwas würdest du dich doch erinnern . . .«
    Ein Anflug von Furcht huscht über sein Gesicht.
    »Cornelius«, murmelt er. »Vielleicht hat sich ein bisschen von seinem Blut mit meinem vermischt, als er mich gebissen hat.«
    Ich werde sehr bedrückt, als ich das höre, denn ich erinnere mich nur zu gut an die Nacht, als Jayden mir das Leben gerettet hat - mir und dem gesamten Blutzirkel -, indem er sein eigenes Leben aufs Spiel setzte. Wurde er wirklich irgendwie infiziert, als er mit dem dunklen Vampir kämpfte? Denn dann wäre das alles meine Schuld.
    »Sunny, bitte, du musst mir helfen«, fleht Jayden.
    Mit verkrampften bläulichen Fingern klammert er sich an mich. Seufzend nehme ich ihn wieder in die Arme und spüre, wie mir die Tränen kommen, als er das Gesicht an meiner Schulter vergräbt.
    Wenn ich ihm das tatsächlich angetan habe -
    wenn ich diesen lieben, unschuldigen Jungen in meine düstere Welt hineingezogen habe -, weiß ich nicht, wie ich mir das jemals verzeihen soll.
    »Ich habe solchen Hunger«, murmelt er. »Und solche Angst.«
    »Ich weiß«, sage ich in dem Versuch, ihn zu beruhigen. »Ich bin auch mal von einem Vampir gebissen worden. Ich weiß, wie schrecklich die Verwandlung sein kann.«
    Bei der Erinnerung an diese furchtbare Woche erschauere ich. Die Schmerzen, die Verwirrung, die krassen Veränderungen. Dabei hatte ich aber immerhin meine Schwester bei mir. Und Magnus, der mich auf Schritt und Tritt begleitete. Jayden musste diesen ganzen Albtraum allein durchstehen.
    Ohne Hoffnung oder Hilfe. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie das gewesen sein muss.
    »Aber jetzt bist du kein Vampir mehr«, erwidert Jayden und sieht zu mir auf. »Kann es sein, dass diese Sache
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