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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01
Autoren: Karl Bleibtreu
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ihm Eiapopeialieder und bedräute die böse Schweiz mit der Rute. Die ließ sich aber nicht einschüchtern, offen durch England und insgeheim durch Österreich unterstützt. Der Zar verhielt sich gleichgültig, sein monarchisches Prinzip hatte nichts damit gemein, nur Preußen blieb der dumme Don Quichotte, der auf Einhelligkeit der Monarchenin Prinzipienfragen baut, wo doch bei allen nur der besondere staatliche Eigennutz obwaltet.
    Schon zuvor ging der unglückliche Nebelschieber wieder mit der Eingebung schwanger, Otto doch noch zum Minister zu erziehen. Und zwar sollte er ausgerechnet Finanzminister werden, so bilde er sich am besten zum Ministerium des Auswärtigen vor, das dann Manteuffel mit ihm tauschen könne, immer unter dessen eigener Beibehaltung des Präsidiums. Letzterer unterbreitete Otto ernsthaft diesen Vorschlag, der mit gleichem Ernst antwortete: »In der Tat, die Unterschriften Bodelschwinghs im Finanzressort könnte ich wohl auch liefern, da dessen Tätigkeit im ganzen eine unterschreibende ist. Alles, was ich nicht verstehe, werde ich unbedingt unterschreiben. Und da der Dechant von Westminster über Lord John Russel sagt: Der Mann würde auch eine Steinoperation übernehmen, und die Presse mir dies bei meinem Gesandtendebut unter die Nase rieb, warum sollte man ihr die Gelegenheit rauben, auch jetzt schlechte Witze zu machen?«
    Bald darauf ermahnte ihn der König: »Also man hat bei Ihnen nichts ausgerichtet, Sie haben uns geradezu ausgelacht? Aber wenn ich Ihnen jetzt befehle, das Portefeuille Manteuffels zu übernehmen?«
    »Majestät, das kommt mir sehr unerwartetet.« Otto bekam einen tödlichen Schreck. Aber als der König mit der Faust auf den Tisch schlug:
    »Und wenn Sie sich an der Erde winden, Sie sollen und müssen Minister werden!« so daß alle an der Tür Horchenden es herumtragen konnten, verschwand seine Befürchtung. Denn sowie der König die gepanzerte Faust zeigte und große Worte brauchte, wurde bestimmt nichts daraus, und er wollte bloß seine eigene Ungewißheit animieren in diesem Falle überhaupt nur Mannteuffel einschüchtern, der im Neuenburger Wahnwitz nicht recht Order parierte. »Na, Ihr geschätzter Bonaparte benahm sich ja bisher honett . Seit der Moniteur vom vorigen Dezember unsere Mäßigung und Höflichkeit lobte, hält er zu uns. Aber die geplante Konferenz in Paris schreitet nicht vor.«
    »Nicht durch übeln Willen des Kaisers. Wieder bindet uns Österreich die Füße.« Der König schob schmollend die Unterlippe vor, davon mochte er nichts hören.
    »Es ist eben unser Unglück, daß wir bisher nur für Mächte bündnisfähig sind, deren Interessen sich kreuzend den unsern widersprechen. Zynischer als Österreich kann man doch wirklich nicht aller Welt kundgeben, daß man ein gebotenes, natürliches Lebensinteresse darin sieht, Preußen zu ducken und sein Erstarken niederzuhalten.«
    »Aber das Prinzip! Das heilige, monarchische Prinzip!« rief der arme Hohenzoller, die Augen gen Himmel, als befürchte er dessen Einfallen. »Österreich wird doch gerade in diesemFalle – es beweist in letzter Zeit gerade so löbliche Tendenzen zu antirevolutionärer Straffung der Staatsgewalt.«
    »Majestät meinen die zentralistische Tendenz? Es dürfte interessieren, daß der Kaiser der Franzosen,« der König verzog bei diesem Titel das Gesicht, »mir gegenüber sein Erstaunen ausdrückte, der Habsburger Staat strenge sich an, in eine Mausefalle zu geraten, aus der herauszukommen sein, des Empereurs, eifrigstes Bestreben sei.«
    »Wie das?« Friedrich Wilhelm horchte gespannt. Alles was auf Allgemeinbegriffe sich zuspitzte, berührte seine echtdeutsche metaphysische Auffassung.
    »Zentralisierung sei die Wurzel alles Übels in Frankreich. Zu guter Letzt sei dabei ein Genedarmerie-Sekretär der Drehpunkt.« Diese geistreiche und tiefe Bezeichnung wiederholte Otto mit wahrem Behagen. Der sehr unfranzösische Louis Napoleon mit dem philosophischen Einschlag seiner halbgermanischen, schwerblütigen Abkunft, grundverschieden von der dantesk monumentalen Weltklarheit des korsischen Mahatma, der weder Lateiner noch Germane, sondern ein Urmensch war, rief gerade deshalb eine teilweise Verständnisinnigkeit Ottos hervor. So erklärt sich die Anziehung beider Männer, so auch die lange Täuschung des einen.
    »Aber Zentralismus ist ... Absolutismus«, murmelte der König halb schamhaft.
    »Demokratischer Zäsarismus«, behauptete Otto. »Ich weiß aus besten Quelle,« fuhr er
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