Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
rasch fort, »daß Österreich in Karlsruhe und Darmstadt Himmel und Erde in Bewegung setzt, den Durchmarsch unserer Strafexpedition nach der Schweiz zu verhindern. Auch warf ich bei dem Kollegen Ingelheim, dem österreichischen Gesandten in Hannover, einen raschen Blick, waren's auch nur Sekunden, auf eine Zirkulardepesche vom 23. Dezember an alle Mächte, die gegen unsern Einmarsch in die Schweiz Schritte zu tun empfahl.«
    »Was meinen die Wiener damit?« rief der König zornrot. »Sind sie verrückt geworden? Geht es denn nicht gegen den allgemeinen Feind der Menschheit, die Revolution?«
    »Man folgt nicht dem Gedankenflug Eurer Majestät«, berichtete Otto trocken. »Man meint, es ginge gegen die Schweizer Integrität. Denn für so ... edel hält man uns nicht, dann nicht Kompensationen in reichem Umfang zu nehmen, z. B. die Kantone Basel, Schaffhausen, vielleicht auch Thurgau zu annektieren.«
    »Die Elenden! Wie sie die Vornehmheit eines wahrhaft hohen politischen Standpunkts verkennen! Nicht um schnöden Erwerb geht es hier, sondern um die höchsten Güter der Menschheit, Thron und Altar, um die Solidarität des göttlichen Rechts gegen demagogischen Umsturz. Verkünden Sie überall der Welt, daß Preußen nichts will als moralische Eroberungen!«
    »Halten zu Gnaden, Majestät,« wandte Otto ein, Unwillenund Lachlust zugleich bemeisternd, »auch das beruhigte nicht Österreichs Eifersucht. Es mußte selber früher klein beigeben, als es Mazzinis Auslieferung vom Kanton Tessin forderte. Reüssieren nun wir, so hebt sich unser Prestige gewaltig bei allen deutschen Höfen, und wir knüpfen engere Beziehung zu Süddeutschland, wo Österreich nicht in den Hintergrund treten und die zweite Geige spielen darf.«
    »Ich sehe mit Genugtuung, daß Sie auch für starkes Auftreten sind, da Sie mir die Vorteile desselben indirekt schildern.«
    »Ich tue dies, weil es nicht mehr anders geht, sonst verfahren wir wieder den Wagen. Frankreich setzt sich für uns ein, und wenn wir jetzt es bei bloßen Worten beließen, würde es vor unserer Macht, ob als Freund oder Feind, wenig Achtung empfinden.«
    »Ach so, zarte Rücksicht auf die Gefühle Monsieur Bonapartes!« Der König rümpfte hochmütig die Nase. »Daher weht der Wind. Das könnte mich bewegen, innezuhalten. Ich mache Ihre politischen Nouveautés nicht mit, ich dulde in meinem politischen Warenlager nur die alte bewährte Kleidung. Und wenn ich bedenke, daß die in Bonaparte verkörperte Revolution auf unserer Seite steht, und wir das altehrwürdige Österreich gegen uns haben, dann – Adieu, mein Bester, wir wollen den Fall beschlafen.«
    Der kopfscheu gemachte und stutzig gewordene König, dem vor allem der auf diesem Punkt pathologisch belastete General Gerlach die bekannten doktrinären Flöhe ins Ohr setzte, beschlief die Sache so lange, bis Österreich richtig eine Konferenz der Großmächte in Paris durchsetzte, die entscheiden sollte, ob preußische Exekution zu gestatten sei oder nicht.
    *

»Sieh doch, wie Bismarck sich kindisch benimmt! Da walzt er mit seiner Schwester Malle wie ein Referendar!« brummte Robert v. d. Goltz seinem Bruder, dem eleganten Frauenjäger, ins Ohr. »Jaja, in Frankfurt verlernt man den Ernst des Lebens und das Arbeiten.«
    »Na höre, das möchte ich doch nicht beschreien!« lächelte dieser, sein Monokel ins Auge klemmend. »Die Arnim hat übrigens viel Rasse. Vorhin sah ich, wie er mit unserem verehrten Gastgeber tuschelte.« Es war Ball auf der französischen Gesandtschaft. »Er walzt ja gut, aber ich glaube, in Frankfurt tanzt er mit Österreich sehr niedlich Polka Masurka. Herrje, da stellt ihm Pourtalès seine Neuenburger Royalisten vor, die paar nämlich, die man in der Schweiz freigelassen hat, nachdem sie ein paar Monate brummten. Die Rädelsführer haben sie noch feste.«
    »Pst, nicht so laut! Na, Bismarck ist ja verdammt kühl. Er würdigt nicht das unermeßliche Verdienst dieser verfolgtenpreußischen Brüder, von denen keiner ein Wort Deutsch spricht oder sprechen will. – Ah, wie geht's?« begrüßte er den Vorüberschreitenden. »Sie scheinen die Ritter ohne Furcht und Tadel recht unsanft abgewimmelt zu haben.«
    »Grüß Gott, Goltz. Ja, die Leute treten mit einer Prätension auf, auf die ich den Fuß drücke.«
    »Das muß unangenehm sein, Sie lebten immer auf so großem Fuß, Otto«, näselte eine aristokratische Stimme. Sein Jugendfreund, Harry Arnim, immer noch Gesandter zweiten Ranges, stand vor ihm.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher