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Bis zum letzten Atemzug

Bis zum letzten Atemzug

Titel: Bis zum letzten Atemzug
Autoren: Gudenkauf
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und viel zu ernst, oder?«, fragte ich. Er schaute mich eine lange Zeit einfach nur an.
    »Nein, Meg, du bist nicht langweilig, du bist toll. Es wäre nur einfach keine gute Idee.« Mit diesen Worten ließ er mich damals einfach stehen. Obwohl seit diesem unfassbar peinlichen Vorfall einige Jahre vergangen waren, in denen Aaron das Thema nicht ein einziges Mal mehr zur Sprache gebracht hatte, wurde ich beim Gedanken an diese Nacht immer noch rot.
    Auf dem Weg zu meinem Auto, um eine Rolle Absperrband zu holen, spüre ich mein Telefon erneut vibrieren. Stuart. Er gibt einfach nicht auf. Dieses Mal ist es eine SMS. Ich entscheide mich, sie zu ignorieren, und fange an, das Absperrband zu spannen.
    Ich habe Stuart letzten Winter beim Skilanglauf getroffen, als Maria und ich am Ox-Eye Bluff waren. Maria, eine Anfängerin in dem Sport, fiel immer wieder hin. Das Fass zum Überlaufen brachte der letzte von unzähligen Stürzen, bei dem sich Marias Skier in einem dornigen Gestrüpp am Wegesrand verfingen. Als ich sie endlich daraus befreit hatte, hatte Maria sich in einen solch hysterischen Anfall hineingesteigert, dass sie sich sowohl weigerte, ihre Ski wieder unterzuschnallen, als auch zu Fuß das Tal zu verlassen. Wir saßen zwanzig Minuten da, Marias Tränen froren auf ihren Wangen, da kam ein Skifahrer die Loipe heruntergeglitten. Er blieb direkt vor uns stehen. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Ja, alles gut«, erwiderte ich. »Nur ein kleiner Materialfehler. Wir ruhen uns ein paar Minuten aus.«
    »Deine Mutter kommt nicht hinterher, was?«, sagte der Mann zu Maria und entlockte ihr damit das erste Lächeln des Tages. »Das passiert, wenn man älter wird.« Er lächelte ihr konspirativ zu. »Dann kann man mit dem schnellen Schritt der Jugend nicht mehr mithalten.«
    »Was glauben Sie eigentlich, wie alt ich bin?«, fragte ich ihn und schaute ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
    »Es ist sehr unhöflich, über das Alter einer Dame zu spekulieren.« Er schüttelte gespielt pikiert den Kopf und schenkte mir ein freches Lächeln. »Warum hilfst du mir nicht, sie wieder auf die Beine zu stellen«, sagte er zu Maria. »Wenn wir sie noch länger hier herumsitzen lassen, werden uns bald die Wölfe einkreisen.«
    Ich wollte ihm gerade sagen, dass ich offensichtlich mindestens fünfzehn Jahre jünger war als er und ein wildes Tier mit geschlossenen Augen auf hundert Meter erschießen könnte, da rappelte sich Maria zu meiner großen Überraschung auf und hielt mir eine Hand hin, um mir beim Aufstehen zu helfen. »Komm schon, Mom«, sagte sie. »Ich glaube, ich höre sie schon heulen.«
    »Im Ox-Eye Bluff gibt es keine Wölfe«, erklärte ich, streckte aber trotzdem meine Hände zu dem Mann und Maria aus, damit sie mir aufhalfen. »Ich glaube nicht, dass es überhaupt irgendwo in Iowa noch Wölfe gibt. Kojoten, ja. Wölfe, nein.« Der Mann war groß, mindestens ein Meter neunzig, schlank, mit einem schmalen Gesicht und kurzen, grau gesprenkelten Haaren.
    Er ertappte mich dabei, wie ich ihn musterte, und errötete leicht. »Ich bin frühzeitig ergraut.«
    »Ja, klar.« Ich schaute ihn unter erhobenen Augenbrauen an.
    Gemeinsam fuhren wir drei bis zum Ende der Loipe und gingen dann zu Fuß weiter zu der Stelle, an der mein Auto stand. Wir sprachen nicht viel, aber ich erfuhr, dass der Mann Stuart Moore hieß und Redakteur beim Des Moines Observer war, der größten Zeitung im Bundesstaat. Er flocht außerdem in die Unterhaltung ein, dass er drei erwachsene Kinder hatte und in Trennung lebte; seine Frau zögere die Scheidung hinaus.
    »Sie sehen noch gar nicht alt genug aus, um drei erwachsene Kinder zu haben«, sagte ich gespielt ungläubig.
    »Nun ja, Kinderehe, Sie wissen schon«, sagte er und befestigte meine Ski auf dem Dach meines Wagens.
    »Wie alt waren Sie damals. Zwölf?« Ich ging auf das Spiel ein.
    »So ungefähr.« Er lachte.
    »Was bringt sie hierher? Des Moines ist über anderthalb Stunden von hier entfernt.«
    »Ich lebe nördlich von Des Moines, also ist es für mich nicht ganz so weit. Ich bin schon überall in Iowa, Minnesota und Wisconsin Ski gefahren. Ox-Eye hat einige der besten Loipen, was aber kaum jemand zu wissen scheint. Hier habe ich die Strecken meistens für mich allein«, erklärte er.
    »Bis heute«, warf Maria ein.
    »Bis heute«, stimmte Stuart zu.
    Stuart und ich ließen es langsam angehen. Zumindest am Anfang. Ich war immer noch verletzt von der Scheidung und der Abweisung durch Aaron,
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