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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet
Autoren: Walter Mosley
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Dollar hinlegte. Er war sehr gut gewesen bei dem, was er tat – bis zu dem Tag, als er auf einen noch Besseren traf.
    »Norman Close ist tot«, bemerkte ich.
    »Nicht, als er mir von Ihnen erzählte.«
    Chrystal mochte zwar von der Straße kommen, aber sie war nicht dumm.
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Das sagte ich bereits«, erwiderte sie. »Mein Mann hat eine Affäre.«
    »Und was tut Ihr Mann?«
    »Er ist reich«, meinte sie mit einem abfälligen Lächeln. »Und damit meine ich nicht die übliche alltägliche Millionärsart von reich. Cyril ist Milliardär. Seine Familie hat die Hälfte aller Gebäude da drüben in New Jersey gebaut.«
    »Sein Name ist Cyril Tyler?«
    »Hm-hm.«
    »Wenn er so reich ist, warum habe ich dann noch nie von ihm gehört?«
    »Er mag gern anonym bleiben. Wenn Sie nichts von ihm wissen sollen, dann tun Sie das auch nicht.«
    »Und Sie?«
    »Was ist mit mir?«
    »Was machen Sie?«
    Sie dachte einen Augenblick zu lange nach, bevor sie antwortete:
    »Ich male«, sagte sie, »auf Stahl.«
    »Stahl?«
    »Hm-hm. Auf großen Stahlplatten. Das mach ich. So habe ich meinen Mann kennengelernt. Cyril hat fünf große Platten gekauft. Die wogen zusammen mehr als eine Tonne.« Ihr verächtliches Lächeln war eine Kunst für sich.
    »Und sie beide haben sich einander verbunden gefühlt.«
    »So könnte man es nennen.«
    »Und nun hat er eine Affäre, und Sie brauchen Munition für die Scheidung.«
    »Was ich will, ist, nicht ermordet zu werden.«
    Nahezu alles, was man weiß oder jemals zu hören bekommt, sind Lügen. Werbung, Politikerversprechen, die Behauptungen von Kindern, was sie alles geschafft hätten und woran sie unschuldig seien … die eigenen Erinnerungen. Die meisten von uns wissen, dass dem so ist, dennoch können wir unser Leben nicht nach dieser einen Wahrheit leben. Im Leben müssen wir an etwas glauben. Diese Illusion zu verlieren ist eine Einladung an den Wahnsinn.
    Ich wusste, dass die Frau, die da vor mir saß, log. Vielleicht war alles an ihr falsch, doch unter all den Ausreden verbarg sich eine Wahrheit. Die Tatsache, dass ich mich nach dieser verborgenen Wahrheit fragte, zeichnete mich als guten Detektiv aus.
    In diesem Augenblick summte die Gegensprechanlage.
    Ich drückte auf einen Knopf an meinem Tischtelefon und sagte: »Ja, Mardi?«
    »Harris Vartan auf Leitung fünf, Sir.«
    Da wusste ich, dass es eine dieser besonderen Wochen werden würde.
    Ich hob einen Finger, kurze Pause in der Sache mit dem Mord, nahm den Hörer ab und drückte die Fünf.
    »Ja?«
    »Hallo, Leonid.«
    »Ich habe eine Klientin hier.«
    »Ich komme um fünf vorbei.«
    Es klickte in der Leitung, doch ich legte den Hörer noch nicht sofort auf. Ich saß da und lauschte meinem eigenen guten Rat. Genau wie Iran war ich abergläubisch. Etwas stimmte nicht mit Chrystal Tyler. Falls ich einen Beweis dafür brauchte, dann lag er in der Tatsache begründet, dass einer der gefährlichsten Männer im organisierten Verbrechen mir gerade seinen Besuch angekündigt hatte. Ich hätte mich entschuldigen, Mardi eine Woche freigeben und mich umgehend auf die Bahamas absetzen sollen.
    Zumindest hätte ich die gutaussehende junge Dame wegschicken sollen, doch wurde ich durch das Mysterium der Zeit davon abgelenkt.
    So mancher Augenblick zieht einfach vorüber, ohne dass wir es groß bemerken. Doch Liebe, Hass und Angst sorgen dafür, dass man sich in der Zeit verfängt, dass sie einen festhält wie ein Spinnennetz die Flügel einer dem Tod geweihten Fliege. Und wenn man so gefangen ist, dann nimmt man jeden Augenblick, jede Bewegung, jede Kleinigkeit wahr.
    Wer nun gefangen war, Chrystal oder ich, konnte ich nicht sagen, aber Vartans Anruf ließ mich nicht zurückschrecken, sondern stieß mich nur noch tiefer hinein.

3
    »Das ist ein ziemlicher Sprung von einer Affäre hin zu Mord«, sagte ich, nachdem ich aufgelegt hatte, »selbst für einen zurückgezogen lebenden Milliardär. Hat er Sie bedroht?«
    »So geht Cyril nicht vor.«
    »Und wie kommen Sie darauf, dass er Sie vielleicht ermorden will?«
    »Allondra North und Pinky Todd«, antwortete sie, so als ob mir das was sagen sollte.
    »Und die wären?«, fragte ich und schrieb die Namen auf meine dicke Schreibunterlage.
    »Sie waren beide mit ihm verheiratet und sind nun tot.«
    Die junge Frau sah mich fest an, und ihr Blick erhob Anspruch auf eine Wahrheit, die zu leugnen selbst so einem alten Zyniker wie mir schwerfallen würde.
    »Ermordet?«
    Sie sah nach
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