Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis das Glück mich findet

Bis das Glück mich findet

Titel: Bis das Glück mich findet
Autoren: Sheila O'Flanagan
Vom Netzwerk:
möglichst schnell, möglichst diskret, die Boxen mit Gläsern, Speisen und Getränken von ihrem Lieferwagen in die Küche. Allerdings konnte sie es nicht lassen, ab und zu einen verstohlenen Blick auf die Frau zu werfen und sich zu fragen, ob überhaupt einer dieser Berichte über sie der Wahrheit entsprach. Wie Ash stets sagte, zeigten einem die Illustrierten und Zeitungen immer nur eine Seite der Geschichte; nämlich die, welche die meisten Leser anzog oder am besten zur Philosophie ihres Blattes passte.
    In der Vergangenheit war in den Berichten über Dominique Delahaye meistens die Rede gewesen von ihrem glamourösen Lebensstil, ihrem gesellschaftlichen Status und ihrer Wohltätigkeitsarbeit. Doch damit war von einem Tag auf den anderen Schluss gewesen, und in den darauffolgenden Monaten hatte sich der Tenor der Artikel völlig verändert. Aber nun war es schon eine ganze Weile her, dass Lizzie in den Illustrierten überhaupt etwas über ihre neue Kundin gefunden hatte. Komisch, dachte Lizzie, während sie den Weinkühler, ein Leihgerät der Cateringfirma, einschaltete, wie normal diese Dominique Delahaye wirkt. Natürlich gab es keinen echten Grund, weshalb die Frau nicht normal wirken sollte. Doch wenn man alles, was man über sie wusste, den Berichten in den Zeitungen und im Fernsehen verdankte, neigte man allzu leicht dazu zu übersehen, dass sich dahinter ein Mensch aus Fleisch und Blut verbarg. Und deshalb musste sich Lizzie zwangsläufig fragen, wie diese Dominique eigentlich in Wirklichkeit war. Normal oder nicht, sie, Lizzie, würde es jedenfalls wohl kaum je erfahren.
    Dominique war die Neugier in Lizzies Augen nicht entgangen. Sie ließ das junge Mädchen allein, damit es in Ruhe die Sachen aus dem Lieferwagen holen konnte, und ging nach oben in ihr Schlafzimmer, wo sie die Tür hinter sich zumachte, ehe sie sich auf die Kante des Doppelbettes sinken ließ. Sie zwang sich, tief und langsam durchzuatmen, und fasste sich dann mit den Fingerspitzen an die Nasenwurzel. Sie hatte sich ehrlich auf den heutigen Tag gefreut, auf die Aussicht, für jemanden, den sie gernhatte, etwas zu organisieren, das Spaß machte, wo es heiter und unbeschwert zuging; sich gefreut, gute Freunde zu sich ins Haus einzuladen, alte und neue; doch nun war diese Hochstimmung mit einem Schlag verflogen und ein banges Gefühl an seine Stelle getreten, und der Auslöser dafür war das allzu offenkundige Bestreben dieser munteren Cateringfrau, locker und unbefangen zu erscheinen.
    Wird es irgendwann eine Zeit geben, dachte Dominique, in der die Leute mich nicht mehr so anschauen werden, wie es Lizzie Horgan eben getan hat? Mit diesem Blick, in dem sich gleichermaßen Teilnahme und Verachtung und unverhohlene Neugier spiegeln? Wird je der Tag kommen, an dem mich keiner nach der ersten Begegnung in eine Schublade steckt und verurteilt, und zwar nur aufgrund dessen, was er über mich gelesen oder gehört hat?
    Wahrscheinlich nicht, musste sie sich eingestehen, während sie langsam ausatmete. Wahrscheinlich nicht, und das war eine Tatsache, mit der sie leben musste. Die sie akzeptieren musste. Die ich ja bereits akzeptiert habe, wie sie sich ins Gedächtnis rief, denn sonst würde ich heute wohl kaum eine Party geben. Es gab eine Zeit, da dachte ich, ich würde nie mehr bei einer Party dabei sein. Dominique erhob sich von dem Bett und streckte die Arme über den Kopf. Sie tat das Richtige. Und die Party würde ein voller Erfolg werden. Es wäre ein Anlass, nach vorn zu schauen, nicht zurück.
    Und das betraf sowohl die Gastgeberin als auch die Gäste.
    »Äh, Entschuldigung, Mizz Delahaye. Ich bin jetzt fertig.« Lizzies Stimme drang aus dem Erdgeschoss nach oben. »Das Essen ist im Kühlschrank verstaut, im Gefrierschrank sind ausreichend Eiswürfel, und die Weinflaschen liegen im Kühler. Ich habe die Gläser aus den Kartons genommen und auf den Küchentisch gestellt. Sie waren ja bereits gespült, aber ich bin schnell noch mal mit dem Poliertuch drübergegangen.«
    Dominique holte noch einmal tief Luft und ging dann beschwingten Schrittes die Treppe hinunter. Das Mädchen stand in der Diele.
    »Danke«, sagte Dominique, »das haben Sie hervorragend gemacht. Ich weiß das zu schätzen.«
    Lizzie strahlte über das ganze Gesicht. Sie war ebenfalls der Meinung, dass sie ihre Sache hervorragend gemacht hatte, in Rekordzeit alles auszuladen und herzurichten und zu verstauen. Nichtsdestotrotz war es nett, von Dominique Delahaye gelobt zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher