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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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noch Hilfe für ein paar unaufgebaute Regale brauchte. »Vor allen Dingen«, er sah kurz auf das Rezeptfoto, »Seebarsch. Den kann ich besonders gut.«
    »Kann man Sie mieten?« Sie lachte, zahlte ihre Packung Light-Zigaretten und entglitt hinaus.
    Paul stand lange da und sah ihr nach.
    Dann kaufte er alle Kochmagazine, die Ömer führte.
    Paul hatte sich Beistand organisiert. Da Andy auf einem Konzert der Ärzte in der Live Music Hall abrockte, war nur Fish-Mac geblieben, um ihm in dieser Schicksalsstunde beizustehen.
    Oder genauer, in diesen schicksalhaften 45  Minuten – wenn er dem Rezept Glauben schenken konnte.
    Er würde jetzt kochen! Und zwar ein Soufflé. Denn mit Süßspeisen verführte man seinen Liebsten. So stand es in der Gala Kochen  – und die schrieb so etwas nicht leichtsinnig.
    »Ready to go«, kam Fish-Macs Stimme aus den Computerlautsprechern. Formel- 1 -Piloten hatten ihr Team in der Box, Paul hatte Fish-Mac via Webcam. »Hab mir das Rezept auf den Bildschirm geholt. Kann losgehen, Herr Birnbaum!«
    Paul ging noch mal die Zutaten durch: Milch, Sahne, Amaretto, Amaretti, Butter, Mehl, Eier, Vanilleschoten, Zucker, Salz, Vanillezucker. Alles am Start. Die benötigten Backformen hatte er sich von der Nachbarin geliehen, der Ofen heizte schon vor. Konnte nix mehr schiefgehen. Alles bereit für das Amaretto-Soufflé! Paul hob den Daumen, Fish-Mac tat es ihm gleich.
    »Soufflékommt vom Französischen und bedeutet Hauch oder Atem. Steht bei Wikipedia.«
    »Ja, danke. Ich muss jetzt die Soufflé-Förmchen ausbuttern, richtig?«
    »Buttern los! Und dann mit Vanillezucker ausstreuen. Kriegst du hin, Chefkoch. Ich glaube an dich.«
    »Wie buttert man denn?«
    Fish-Mac schlug den Begriff nach und zeigte es ihm. Wieder was gelernt, dachte Paul. Kochen machte anscheinend nicht nur sexy, sondern auch klug. Er butterte jetzt, was das Zeug hielt.
    »Hast du das Arbeitsgeschirr vorgekühlt?«, fragte Fish-Mac plötzlich, Panik in seiner Stimme.
    »Wieso?«
    »Oh, Gott! Alles auf Anfang. Kardinalfehler. Sorry, habe ich erst zu spät gelesen. Das stand bei den Kommentaren.«
    Erst eine Stunde später konnte Paul erneut loslegen. Er gab die Amaretti in eine Schüssel und zerkleinerte sie mit einem eisgekühlten Kartoffelstampfer. Der hätte zwar gar nicht kalt sein müssen, doch Paul ging lieber auf Nummer sicher. Dann goss er die Hälfte des Amaretto dazu. Und noch ein bisschen mehr für die gute Laune. Und noch einen Spritzer, nur um sicherzugehen. Ach, was sollte der Geiz! Es war doch genug davon da. Jetzt musste das Gemisch nur noch durchziehen.
    Danach erhitzte Paul Milch und Sahne im eiskalten Kochtopf, schmolz die Butter darin und rührte das Mehl ein. Es klumpte, aber er mochte Klümpchen. Die gab es auch immer bei Muttern.
    Erst als Paul damit komplett fertig war, teilte Fish-Mac ihm mit, dass die Sachen in zwei verschiedene Töpfe gehört hätten.
    Also: spülen, neu anfangen. Horst Lichter passierte so was nie – aber der hatte ja auch Johann Lafer. Und Paul hatte nur Fish-Mac … Ihm fiel plötzlich auf, dass er noch nicht mal wusste, wie Fish-Mac mit Nachnamen hieß. Maxi Menü sicher nicht.
    Beimzweiten Anlauf entstanden enttäuschend wenig Klümpchen. Dann kam die Vanille dazu.
    »Nicht im Ganzen«, klärte Fish-Mac ihn auf. »Hab’s gerade crossgechecked. Du musst das Mark rauskratzen. Definitiv!«
    Paul versuchte es. »Aber das ist nur ganz wenig.«
    »Aber potentes Zeug. Wirkt auch als starkes Aphrodisiakum, also macht … du weißt schon.«
    »Beim nächsten Mal nehme ich zwei.«
    »Jetzt höchste Konzentration«, befahl Fish-Mac. »Der heikle Teil ist im Anmarsch.«
    Wieder Amaretto dazu – Paul nahm einen Schluck, nur für die Nerven –, dann ein Eiweiß unterrühren. Und abkühlen lassen. Abkühlen lassen war super, dabei konnte man nichts falsch machen. Wenn Kochen nur aus Abkühlen-Lassen bestanden hätte, wäre Paul für 3 Sterne prädestiniert. Doch was hieß »etwas abkühlen lassen« genau? Bis es lauwarm war? Oder kalt? Sollte er die Masse in den Kühlschrank stellen? Abdecken?
    »Abkühlen lassen« war mit einem Mal der Höhepunkt des Küchen-Horrors.
    Bis es ans Eier-Trennen ging.
    »Besorg mir eine Anleitung«, rief Paul zu Fish-Mac. »Fotos, Videos, alles, was du kriegen kannst.«
    Was Paul dann zu sehen bekam, gefiel ihm überhaupt nicht.
    Und als er es selbst versuchte, wurde ihm erstmals klar, wie glibberig ein Ei war und wie irre schwer das Gelbe vom Weißen zu
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