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Bios

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Titel: Bios
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Live-Übertragungen sind fast so gut.«
    »Kameraaufnahmen hab ich zu Hause gesehen.«
    Er nickte. »IOS-Fieber. Ich weiß, wie das ist. Habe selbst mal drunter gelitten.« Er setzte sich auf den Stuhl gegenüber. »Sie wollen die Wirklichkeit. Aber Yambuku ist nicht viel anders, fürchte ich. Isis ist gleich unter Ihren Füßen und trotzdem sind Sie regelrecht abgeschottet. Manchmal träume ich davon, draußen spazieren zu gehen – ohne Panzeranzug, meine ich.« Er setzte hinzu: »Ich beneide Sie, Dr. Fisher. Früher oder später werden Sie genau das erleben.«
    »Nennen Sie mich Zoe.« Offenbar bevorzugte er die kuipersche Ungezwungenheit, sonst würde er nicht dasitzen und sich mit ihr unterhalten.
    Er reichte ihr die Hand – schon wieder. Sie ergriff sie zögernd. Seine Hand war trocken; ihre war feucht. Er sagte: »Ich bin Tam.«
    Sie hatte sich vorbereitet und wusste alles über ihn. Hayes leitete Yambuku, er war Yambuku. Er war technischer Manager und Mikrobiologe, verbannt aus seiner puritanischen Kuiper-Kolonie, weil er es gewagt hatte, einen Vertrag mit dem Kartell zu unterzeichnen.
    Er war fünfunddreißig Jahre alt. Richtige Jahre: Er hatte keine Verjüngungskuren gemacht. Zoe fühlte sich von den Fältchen in seinen Augenwinkeln angezogen, reizende Höhenlinienkarten. Wie bei Theos Augen, nur nicht so scharf, so tief.
    »Sie beneiden mich«, sagte sie, »aber Kenyon Degrandpre scheint zu denken, dass es mit mir kein gutes Ende nimmt.«
    »Naja, Degrandpre… Mit dem IOS-Geplänkel hab ich nichts zu schaffen, aber Degrandpres Familie ist terrestrisches Urgestein. Ich will ihm nicht unrecht tun. Er ist ein Manager, ein Kacho. Wenn es nach ihm ginge, würde sich hier nie etwas ändern. Es muss alles im Lot sein, die Bücher müssen stimmen, das Gesicht muss gewahrt werden, das ist sein Motto. Erwarten Sie kein Verständnis von Degrandpre.«
    »Ich hatte das Gefühl, er wollte mir Angst machen.«
    »Ist es ihm gelungen?«
    Er hatte das scherzhaft gemeint, doch Zoe war erschrocken.
    Denn, ja. Sie hatte Angst.
    Sie hatte, jetzt da sie sich ihre Angst eingestand, solche Angst, dass ihr das Essen im Hals stecken blieb und sich der Magen wie eine Faust zusammenballte.
    Sie hatte mehr Angst, als sie es je für möglich gehalten hätte.
    »Zoe?« Hayes runzelte die Stirn. »Alles in Ordnung?«
    Sie beherrschte sich. »Ja.«
    Sie wartete ab, dass der Thymostat seine Arbeit tat, sie mit den richtigen Neurotransmittern impfte. Es würde gleich soweit sein, da war sie sich sicher, sie musste nur Geduld haben. Die Angst würde weichen, und sie würde wieder sein wie immer.

 
Zwei
     
    Die Rückkehr zu Oberfläche von Isis war normalerweise ein ermüdender Prozess, zumindest bei friedlichem Wetter – und besser ermüdend als aufregend – doch der Shuttle hatte kaum die Wolkenschicht durchbrochen, als Tam Hayes erfuhr, dass ihn eine Krise erwartete. Nicht, dass eine Krise in Yambuku etwas Ungewöhnliches war. Diese aber konnte sich als tödlich erweisen.
    Hayes hatte Macabie Feya mit der Leitung der Station betraut. Mac war ein fähiger Ingenieur, ein Reformierter Mormone, Needle-Clan aus Kuiper-Republik 22, mit einer ausgesprochenen Begabung für Mikro- und Turing-Apparate, der sich so gut mit sterilen Verfahren auskannte, wie es eine Ausbildung im Kuiper-Gürtel besser nicht vermitteln konnte. Er war außerdem ein alter Yambuku-Hase, der zwei Stationsjahre hinter sich hatte und es besser hätte wissen müssen als sich in einem ungeprüften Panzeranzug nach draußen zu wagen. Doch genau das hatte Mac getan und steckte jetzt unter freiem Himmel in Schwierigkeiten.
    Hoch über der westlichen Steppe trieb ein Rudel Zirruswolken. Der Shuttle glitt aus den Wolken hinaus in wässriges Tageslicht. Der Wind war friedlich, obwohl aus der fernen Sturmzelle nördlich des Flusstals Vorhänge aus Regen fielen. Das Copper-Gebirge gen Osten war fast in den Wolken verschwunden; ein paar goldene Finger tasteten über die smaragdgrünen Ausläufer. Yambuku lag an einem relativ trockenen, bewaldeten Hang im Herzen des Westkontinents, doch Isis war grundsätzlich eine feuchte Welt. Fast täglich fiel Regen, und der Wind wurde häufig zum Problem, brachte den Fahrplan der Shuttles zum Erliegen und legte die mobile Außenübertragung lahm.
    Hayes trat neben den Zweiten Piloten, der kurz nickte. »Bis jetzt nichts Genaues, Dr. Hayes. Die haben alle Hände voll zu tun. Ich denke, Mac Feya war draußen, um irgendwas zu reparieren und dann
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