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Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl

Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl

Titel: Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
Autoren: Paolo Bacigalupi
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länger und versucht einzuschätzen, wie ehrlich er ist, gibt dann jedoch auf und wirft die Papiere auf seinen Schreibtisch. Er weiß nicht einmal, weshalb ihn das überhaupt kümmert, aber es ärgert ihn, dass der alte Mann glaubt, ihn so leicht täuschen zu können. Sein Blick fällt wieder auf den Beutel mit den Ngaw. Vielleicht ahnt Hock Seng, wie nebensächlich die Fabrik ist … Er verdrängt den Gedanken und hakt noch einmal nach. »Also morgen?«

    Hock Seng neigt den Kopf. »Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit. «
    »Da bin ich ja mal gespannt.«
    Hock Seng schenkt der sarkastischen Erwiderung keine Beachtung. Anderson fragt sich, ob er sie überhaupt verstanden hat. Der alte Mann kann außergewöhnlich gut Englisch, aber hin und wieder, wenn die Sprache eher in der Kultur zu wurzeln scheint denn im Vokabular, geraten sie in eine Sackgasse.
    Anderson wendet sich wieder seiner Büroarbeit zu. Steuerformulare hier. Gehaltsschecks dort. Die Arbeiter kosten doppelt so viel, wie sie eigentlich kosten sollten. Noch so ein Problem im Umgang mit dem Königreich. Thailändische Arbeiter für thailändische Arbeitsplätze. Auf den Straßen verhungern die Yellow-Card-Flüchtlinge aus Malaya, und er darf sie nicht einstellen. Von Rechts wegen müsste Hock Seng zusammen mit allen anderen Überlebenden des Malaiischen Zwischenfalls draußen in den Schlangen vor den Jobbörsen stehen. Er hat es nur seinen Fremdsprachenkenntnissen und seinen Fertigkeiten in Buchhaltung — und Yates’ Nachsichtigkeit — zu verdanken, dass er noch am Leben ist.
    Über einem weiteren Umschlag hält Anderson inne. Er ist an ihn persönlich adressiert, aber wie fast immer ist das Siegel erbrochen. Mit dem Postgeheimnis hat Hock Seng so seine Probleme. Sie haben das wiederholt besprochen, aber der alte Mann macht weiterhin »Fehler«.
    Aus dem Umschlag zieht Anderson eine kleine Karte — eine Einladung. Von Raleigh, der ein Treffen vorschlägt.
    Nachdenklich klopft Anderson mit der Karte auf den Schreibtisch. Raleigh. Abschaum der Großen Expansion. Ein uraltes Stück Treibgut, das nach der Flut zurückgeblieben ist. Aus einer Zeit, als Erdöl noch billig war und Männer
und Frauen den Globus innerhalb von Stunden, nicht von Wochen umrundeten.
    Als der letzte Jumbojet laut grollend von den überfluteten Startbahnen Suvarnabhumis abhob, da hatte Raleigh knietief im ansteigenden Meerwasser gestanden und dem großen Flieger sehnsüchtig nachgeblickt. Dann hatte er Zuflucht bei seinen diversen Freundinnen gesucht, sie alle überlebt und sich neue genommen, während er aus Zitronengras, Baht und Opium ein neues Leben aus dem Boden stampfte. Wenn man seinen Geschichten Glauben schenken durfte, hat er Putsche und Gegenputsche überlebt, Kalorienseuchen und Hungersnöte. Inzwischen hockt der alte Mann wie eine mit Leberflecken gesprenkelte Kröte in seinem Ploenchit-«Club« und lächelt selbstzufrieden, während er frisch eingetroffene Ausländer in der verlorenen Kunst der Ausschweifung aus der Zeit vor der »Großen Kontraktion« unterrichtet.
    Anderson wirft die Karte auf den Schreibtisch. Was auch immer der alte Mann beabsichtigen mag – die Einladung ist einigermaßen unverfänglich. Raleigh hat nicht so lange im Königreich gelebt, ohne selbst eine gewisse Paranoia zu entwickeln. Anderson lächelt flüchtig und blickt zu Hock Seng hinüber. Die beiden würden ein gutes Paar abgeben: zwei entwurzelte Seelen, zwei Männer weit weg von ihrer Heimat, die ihr Überleben ihrem scharfen Verstand und ihrer Paranoia verdanken …
    »Wenn Sie schon nichts anderes tun, als mir beim Arbeiten zuzuschauen«, sagt Hock Seng, »die Megodonten-Gewerkschaft möchte ihre Tarife neu aushandeln.«
    Anderson betrachtet die Rechnungen, die sich auf seinem Schreibtisch stapeln. »Ich bezweifle, dass sie das so höflich formuliert haben.«
    Hock Sengs Stift hält inne. »Die Thai sind immer höflich. Sogar wenn sie einem drohen.«

    Der Megodont in der Halle unter ihnen schreit erneut.
    Anderson wirft Hock Seng einen vielsagenden Blick zu. »Dann haben Sie ja etwas in der Hand, wenn es darum geht, den Mahout an Nummer 4 loszuwerden. Teufel auch, vielleicht sollte ich denen gar nichts mehr bezahlen, bis wir diesen Scheißkerl los sind.«
    »Die Gewerkschaft ist mächtig.«
    Ein weiteres Brüllen erschüttert die Fabrik, und Anderson zuckt zusammen. »Und strohdumm!« Sein Blick schweift zum Aussichtsfenster. »Was zum Teufel machen die nur mit dem Tier?« Er gibt
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