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Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Titel: Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)
Autoren: Philipp Möller
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Krankenhausclown, oder wat?«
    Grinsend schüttele ich den Kopf.
    »Ja, du lachst – abba bei dir weeß man nie! Also?«
    »Ich bin Pressereferent einer Stiftung für Humanismus und Aufklärung.«
    Er runzelt die Stirn und stemmt die Hände in die Hüften. »Willste mich vaarschen? Dit is doch keen Beruf!«
    »Doch, wirklich!« Ich warte ab, bis er sich von seinem Lachanfall erholt hat. »Ich hab ’n Büro, ’n Telefon, Computer, Kollegen … Ganz normal. Quasi.«
    »Normal?« Wieder mal schaut er mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Wat ha’ick dir über diesen Begriff jesacht, Mensch? Lernst du den janüscht?« Lachend kloppt er mir wieder auf die Schulter. »Aber is doch jut so – normale Leute sind mir eh suspekt! Ick hab schon immer jewusst, dass de eena von uns bist. Komm, wir essen ’ne Wurst!«
    Ohne auf eine Reaktion von mir zu warten, stampft er in Richtung der Stände los, die die Eltern zum Schulfest traditionell aufbauen. Dort angekommen, vertieft er sich schnell ins nächste Gespräch, also lasse ich mir von einer Mutter einen Maiskolben geben und entdecke dann Chrissi. Wie immer umarmt auch sie mich herzlich, beglückwünscht mich dann zu meiner neuen Tätigkeit und lässt sich von mir lang und breit erklären, was ich dort tue.
    »Toll!«, sagt sie schließlich und legt mir die Hand an den Oberarm. »Sieht man dich dann etwa auch mal im Fernsehen?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Erstmal nur auf YouTube, alles andere lass ich jetzt mal auf mich zukommen …«
    In Zeitlupe läuft Frau Herrmann an uns vorbei und lächelt erst meinen Maiskolben, dann mich an. »Hast du abgenommen?«, will sie wissen.
    »Seit Weihnachten fast zehn Kilo!«
    Kommentarlos zieht sie weiter, dann steht Geierchen mit einer triefenden Bratwurst vor mir. »Hier, für dich. Wurde jestern uff’n Biohof jeschlachtet, dit Viech.« Schmatzend hält er mir das krumme Fleischding vor die Nase. »Schmeckt tierisch leck…« Als er meinen Maiskolben sieht, hört er auf zu kauen und schluckt schnell herunter. »Sag bloß, du bist …«
    Ich nicke.
    »Komplett?«
    Wieder nicke ich, dann reißt Geierchen die Augen auf und schiebt den Unterkiefer vor. »Die Herrmann war’t jewesen, wa?«
    »Hauptsächlich, ja.«
    Er überlegt einen Moment und schaut die zweite Wurst in seiner Hand an. »Einklich habta ja recht, aber … Aber, ick glaube, ick bin schon freaky jenuch!« Dann beißt er genüsslich den Wurstzipfel ab und spricht mit vollem Mund weiter: »Wenn ick jetzt noch Pflanzenfresser werde, denn nimmt mich keena mehr ernst!«
    Auf unserem gemeinsamen Weg zur Bühne spreche ich Geierchen kurz auf das Reformschulprojekt an, doch der winkt sofort ab. »Ach Möller, nu jeh mir doch nich schon wieder damit uff’n Keks!« Er bleibt stehen und kündigt mit seinem Zeigefinger mal wieder eine seiner Lektionen fürs Leben an. »Ick sach dir jetzt ma wat!«
    »Ja, Geierchen, bitte: sachet mir!«
    »Du musst een Thema och ma loslassen können. Ick meine, klar: Wat hier los is, is wahrscheinlich filmreif – aber damit hast du jetzt nüscht mehr zu tun!«
    Ich zucke mit den Schultern und nicke widerwillig.
    »Darauf hol ick uns jetzt ’n Kaffee«, beschließt Geierchen.
    Als er weg ist, will ich mich auf den Weg zu Sarah und Klara begeben, da stellt sich mir plötzlich ein grinsender Junge mit Skateboard unterm Arm in den Weg. Im ersten Moment sagen Khalim und ich gar nichts, stattdessen nicken wir uns nur lächelnd zu. Zwei Jahre haben wir als Schüler und Lehrer miteinander verbracht, und obwohl die Zeit mit ihm nicht immer einfach war, unterhielten wir uns damals schon oft in den Pausen oder nach dem Unterricht.
    »Abboh, Herr Mülla!«, sagt Khalim und reißt mich aus meinen Erinnerungen. Dann streckt er sein Kinn vor und reicht mir seine Hand. »S’machst du, wie geht’s dir?«
    Müde sieht er aus, der liebe Khalim. Müde und älter. Sein Lächeln wirkt weniger frech, vielleicht reifer, und ja: erwachsener.
    »Gut geht’s mir, danke! Komm, wir setzen uns und plaudern ein bisschen.«
    In den folgenden Minuten erzählt er mir ausführlich vom letzten Schuljahr, das er als Sitzenbleiber in der nachgerückten Sechsten verbringen musste. Von zwei Tadeln, die er bekommen hat, von der doofen Klassenlehrerin und von seinem Onkel, der diesen Winter einer schweren Krankheit erlegen ist.
    »Und? Vermisst du deinen Onkel?«
    Khalim schüttelt den Kopf. »Aber mein Mutter, sie vermisst ihn. Sie heult immer.«
    »Freuste dich auf die
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