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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp
Autoren: Martin Wehrle
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vorzubereiten, turnte ich also an der Decke des Gästesaals herum, um ihn zu schmücken. Auch das Essen, die Getränke, die Dekoration der Tische und das Rahmenprogramm mussten ich und meine Kolleginnen organisieren – dabei fand das Fest doch angeblich für uns statt!
    Die Feier begann erst um 22.15 Uhr, die Jahresabschlussbesprechung hatte sich nach hinten verschoben. Jeder Manager sprach ein paar Lobessätze auf seine Assistentin, meist Plattheiten von der »rechten Hand«. Jede von uns bekam einen Blumenstrauß überreicht.
    Danach wurden wir – angeblich die Gefeierten! – nur noch angesprochen, wenn eine neue Flasche Champagner erwünscht, ein Teller mit Delikatessen leer war oder mal eben eine Zahl aus dem Computer benötigt wurde.
    Ich werde es nie vergessen: Es war 3.27 Uhr, als ich und meine Kolleginnen die Firma endlich verließen. Vorher hatten wir den ganzen Schweinestall noch aufgeräumt. Unsere Chefs lagen derweil schon im Bett. Erst um 7 Uhr morgens bin ich eingeschlafen.
    Es wurde 16 Uhr, bis ich wieder aufstand, so geschafft war ich. Und das am Heiligabend! Es war zu spät, um noch ein schönes Weihnachtsessen auf die Beine zu stellen.
    Am Abend kam der Pizzaservice.
    Tania Niedermann, Assistentin

    [5] focus.de, Immer mehr Arbeitnehmer haben psychische Probleme, 16.08.2012
    [6] Süddeutsche Zeitung, 13.02.2013
    [7] handelsblatt.de, Diese deutschen Firmen machen die größten Gewinne, 16.07.2012
    [8] s. focus.de, 16.08.2012
    [9] welt.de, Deutsche arbeiten so viel wie seit 20 Jahren nicht, 13.06.2012
    [10] focus.de, Permanente Erreichbarkeit: E-Mail, Anrufe, SMS – so weit darf Ihr Chef gehen, 20.12.2012
    [11] s. focus.de, 16.08.2012
    [12] Spiegel Online, Hochschulabsolventen: Jeder Dritte hat befristete Stelle, 24.01.2013, 15:46
    [13] handelsblatt.de, Deutschland behauptet sich auf dem Weltmarkt, 25.03.2012
    [14] Alle Namen sind zum Schutz der Betroffenen verändert, bis auf Fälle mit ausdrücklicher Quellenangabe.
    [15] Süddeutsche Zeitung, 2./3.3.2013
    [16] lobbycontrol.de, INSM und Marienhof – Eine kritische Bewertung, September 2005
    [17] ebenda
    [18] wdr.de, Helmut Kohl in Zitaten, 26.09.2012

Der Chef-Hamster: Wenn Führung durchdreht

In diesem Kapitel erfahren Sie unter anderem …
warum Chefs ihre Arbeitszeit, nicht aber ihr Gehalt mit Ihnen teilen wollen,
mit welchen Tricks (Über-)Stundendiebe ihre Mitarbeiter bestehlen,
warum von zehn Terminzusagen des Managements mindestens elf platzen
und wie ein Chef im Großraumbüro zum Geiselnehmer wurde.
    Der Oberheld
    »Oberheld« – so nannten die Mitarbeiter eines Halbleiter-Herstellers ihren Chef. Egal welche Zumutung er ihnen aufs Auge drückte, sein Leitspruch lautete: »Ich verlange nichts von Ihnen, was ich nicht auch von mir selbst verlange!« Er, der Oberheld, saß jeden Tag so lang am Schreibtisch, dass das Licht aus seinem Büro noch um Mitternacht wie ein Fixstern leuchtete. Er, der Oberheld, retournierte nächtliche Mails aus Übersee so schnell wie Aufschläge beim Tischtennis. Er, der Oberheld, verschob seinen Sommerurlaub so lang, bis der erste Schnee ihm Anlass gab, auch den Winterurlaub zu verschieben.
    Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass er doch mal ein paar Urlaubstage nahm, hatte er selbst Störungen bestellt: Seine Assistentin war angewiesen, Alarm zu schlagen, sobald »etwas hakt«. Sogar für Probleme, die nur Problemchen waren, sauste er mit Blaulicht zur Arbeit zurück. Sein Leben bestand nur aus fünf Buchstaben: FIRMA .
    Von seinen Mitarbeitern erwartete er dasselbe. Als ein Außendienstler sich weigerte, seinen Urlaub zu verschieben, meinte er: »Meine Reiserücktritts-Versicherung ist mittlerweile fast so teuer wie die Reisen, so oft habe ich meinen Urlaub schon verschoben.« Als ein kranker Assistent zögerte, von zu Hause zu arbeiten: »Als ich nach meiner Blinddarm- OP aus der Narkose aufwachte, habe ich sofort im Sekretariat angerufen. Die ersten Akten kamen vor dem ersten Blumenstrauß.« Und wenn einer in seiner Freizeit keine Mails abrufen wollte: »Wissen Sie eigentlich, dass mich mein Blackberry sogar schon mal aus der Hochzeitsfeier eines engen Freundes gerissen hat?«
    Wie ein Bodybuilder seinen Bizeps, so trug er seine Arbeitsheldentaten vor sich her. Als wäre es keine Dummheit, sondern eine grandiose Leistung, sich als Arbeitsesel vor den Karren einer Firma zu spannen. Und weil er ein Esel war, mussten es seine Leute auch sein.
    Dass Mitarbeiter herdenweise dem Burn-out entgegenlaufen,
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