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Bezueglich Enten und Universen

Bezueglich Enten und Universen

Titel: Bezueglich Enten und Universen
Autoren: Neve Maslakovic
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stören.«
    »Tatsächlich? Nein, aber jedenfalls vielen Dank.« Ich schaffte es, mir die Jacke ganz überzuziehen, und wandte mich fluchtartig ab. Doch die Fußgängerampel war rot. Ich beschloss, lieber nicht mein Leben zu riskieren, indem ich über die viel befahrene Kreuzung sprintete.
    »Unvorsichtige Entscheidungen schaffen neue Welten, Bürger,gedankenlose Taten bringen neue Orte hervor, ein Fehltritt kann die Saat zu einem neuen Universum legen. Wir sind alle Universenschöpfer, ja, das sind wir ...«
    Ich grinste in mich hinein. Was für ein Quatsch. Professor Z. Z. Singh war der Universenschöpfer, das wusste doch jeder. Er hatte am Tag Y eine Kopie des Universums in seinem Labor hergestellt, und jetzt mussten wir mit verknüpften Welten leben, in denen ein Alter einem auch beim ausgeklügeltsten Plan einen Knüppel zwischen die Beine werfen konnte.
    »... ein unbedacht gesprochenes Wort kann eine neue Götterdämmerung heraufbeschwören ...«
    Der Rest seiner Gruppe stand hinter ihm, und plötzlich wurde mir klar, was an ihnen so seltsam war. Bis auf die flatternden Roben war alles an ihnen absolut bewegungslos. Völlig reglos.
    »... jeder Atemzug kann kosmische Berge versetzen«, fuhr der Sonnenblumenträger fort. Nur seine Lippen bewegten sich: »... unsere Hände können neue Territorien erschaffen ...«
    Die Ampel brauchte eine Ewigkeit.
    »... aber die Macht, sie ist gefährlich, Bürger, sehr gefährlich. Sie muss unter Kontrolle gehalten ...«
    An meinem Hals ertönte ein lautes Summen. »Ich muss rangehen«, sagte ich. Die Passivisten warfen mir enttäuschte Blicke zu und trollten sich. Ich stellte mich neben eine Straßenlaterne, um nicht von Passanten umgerannt zu werden, klappte den Omni auf und starrte auf den Bildschirm, begierig darauf, die inter-universelle Kommunikation auszutesten.
    »Hallo Felix«, sagte mein Chef hinter seinem Schreibtisch. »Behandelt man Sie gut in Universum B?«
    »Hallo Wagner.«
    »Wie war der Übergang? Noch alles dran?«
    »Scheint so.«
    »Sprechen Sie lauter, Felix, ich kann Sie kaum verstehen. Was ist das für ein Lärm?«
    »Verkehr. Und eine Gruppe Leute mit verrückten Ideen.«
    »Hören Sie zu, Felix, ich will Sie nicht in Ihrem wohlverdienten Urlaub stören«, sagte Wagner und übersah geflissentlich die Tatsache, dass er mich technisch gesehen bereits belästigte, »aber es gibt da ein paar
Kleinigkeiten,
um die ich mich vor dem Brezelwettbewerb noch kümmern wollte.«
    »Was für Kleinigkeiten?«, fragte ich misstrauisch. Mein Boss war ziemlich klein gewachsen, kam aber ganz gut damit zurecht – und mit allen Leuten gut aus. Mein Traumwochenende wäre es nicht gewesen, einem Haufen Leuten dabei zuzusehen, wie sie versuchten die größte Brezel in der kürzesten Zeit herzustellen. Wagner war Preisrichter.
    »Der Kartoffelbräter – anscheinend weiß niemand, wo die Gebrauchsanweisung hingekommen ist. Egg meint, sie sollte hier in meinem Büro liegen – sie und Rocky schicken übrigens Grüße aus den Sierras –, aber ich kann sie nicht finden. Wir brauchen das Ding bis spätestens heute Abend«, sagte er, während er sich das Kinn rieb, eine Geste, die ich aus zahllosen Besprechungen gut kannte.
    Ich blickte hoch und präsentierte Wagner im Gegenzug den hübschen Anblick meines Kinns, während ich einen Augenblick lang nachdachte. Das Letzte, was ich getan hatte, bevor ich zum Übergangsterminal aufgebrochen war, war, die Gebrauchsanweisung des neuen Kartoffelbräters fertigzustellen, einer Küchenmaschine, die Kartoffeln schälte, in Scheiben schnitt und garte, erhältlich in sieben Farben und zwei Größen. Anschließend hatte ich Nachrichten darüber an Wagner und die sonstigen Firmenmitarbeiter Egg und Rocky verschickt (selbst aus den Sierras führten eigentlich Egg und Rocky die Alltagsgeschäfte). »Die Anleitung sollte auf Ihrem Schreibtisch liegen. Dahin habe ich sie getan, bevor ich gegangen bin«, informierte ich Wagner.
    Er hob einen Entsafter hoch, der auf seinem Schreibtischstand, und sah darunter nach. »Dann waren Sie heute noch bei der Arbeit?«
    »Einen halben Tag.«
    »Jemand kam vorbei und wollte Sie sprechen. Muss Sie knapp verpasst haben.«
    »Aha«, sagte ich. Es kam selten vor, dass Kunden mich persönlich sehen wollten, den bescheidenen Verfasser von Gebrauchsanweisungen und gelegentlichen Inseraten.
    Wagner hatte den Entsafter wieder hingestellt und kramte jetzt in einer Schachtel mit abgelegtem Zeug.
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