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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman
Autoren: Michel Birbaek
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zu schütteln. Ich verziehe das Gesicht.
    »Mann, wo wir schon beim Thema sind: Meinst du nicht, du hast dich langsam genug gegeißelt? Deine Ex hatte genauso Schuld wie du, glaubst du, sie hat anschließend aufgehört, Beziehungen zu führen?«
    Er senkt den Kopf. Stein versteinert. Starre erstarrt. Stille wird still.
    »Ich meine es ernst. Ich finde es beschissen, dass du ihr eine geknallt hast. Doch du bestrafst dich jetzt seit Jahren mit Liebesentzug, meinst du nicht, dass es reicht? Du erwischst deine Frau nackt auf einem Kerl, bist stockbesoffen und schlägst im Affekt einmal zu. Das ist scheiße, doch es passiert. Hätte sie dich angezeigt, hättest du vielleicht ein Jahr auf Bewährung bekommen, aber sie hat dich nicht angezeigt – und weißt du warum? Weil sie mehr Verständnis für dich hatte als du. Du warst betrunken. Seitdem trinkst du nichts mehr, und es tut dir leid, und es wird nie wieder passieren. Wenn du mich fragst, kannst du nicht viel mehr tun. Also, wie wäre es, wenn du die Vergangenheit sein lässt und dich um die Gegenwart kümmerst? Nina mag dich, das merkt ein Blinder.«
    Ich kenne sonst niemanden, der in der Lage ist zu erstarren, ohne sich zuvor bewegt zu haben, doch ich lasse ihn nicht vom Haken. Ich warte. Die Uhr tickt. Vom Dach hört man Stan mit Stella reden, wahrscheinlich erklärt er ihr alles so lange, bis er es selbst versteht. Das kann dauern.
    »Ich weiß nicht, wie sie mich mag«, sagt er, ohne den Blick zu heben.
    »Du meinst, ob sie dich als Mann oder Kumpel sieht?« Nach einem Augenblick senkt er seinen Kopf einen Millimeter.
    »Nun, weißt du, Nina . .«, beginne ich und warte, bis er den Kopf hebt und mich anschaut. »Also, Nina . .«, sage ich wieder und drehe an der Spannungsschraube. Ich zögere so lange, bis seine Augen anfangen zu funkeln. »Tja, Nina, also sie mag dich . . als Mann.«
    Seine Unterlippe senkt sich unmerklich.
    »Wirklich?«, fragt er in einem Tonfall, den ich noch nie von ihm gehört habe.
    »Yep«, sage ich und lasse mir nichts entgehen, als die Erleichterung über sein Gesicht schleicht. Grundgütiger, er muss bis über beide Ohren verliebt sein. Zeit für einen Freundschaftsdienst. »Sie hat sich erkundigt, ob du Single bist.«
    Er versucht es zu verhindern, aber schließlich gibt er den Kampf auf und lächelt.
    »Du lächelst.«
    Er presst sofort die Lippen zusammen und starrt mich ausdruckslos an, doch das hält nur ein paar Sekunden, dann atmet er aus, senkt den Blick, und um seine Lippen spielt ein wunderbares, sanftes Lächeln. Ich lache ihn an. Weiter geht’s.

 
Kapitel 39
    Der Himmel ist immer noch klar und blau. Die Luft immer noch eisig kalt. Im Autoradio kämpft eine Salsaband vergeblich gegen die Folgeerscheinungen der Jahreszeit. Don Quijote hatte bessere Chancen. Wir schleichen wieder über Straßen, auf denen der Schnee zwar geschmolzen ist, aber der Nation der weltbesten Autofahrer ist die Glätte so in die Erinnerung gefahren, dass nur die total Verrückten es riskieren, im Matsch über dreißig zu fahren. Auf dem Rücksitz sitzen Arne und Frauke. Arnes Mimik hat sich wieder eingetütet. Frauke dagegen mustert die Straßen, als würden sie Geheimnisse offenbaren, und versucht immer wieder, meinen Blick im Innenspiegel zu erwischen.
    »Nun sag doch schon, wo fahren wir hin?«
    Als ich nicht antworte, schaut sie Arne an. Zwecklosoptimistin. Als sie von der Realität eingeholt wird, hebt sie beide Hände und beginnt an den Fingern abzuzählen. »Also gut, da hätten wir Entführung ... Nötigung ... Erpressung ...«
    »He, warte mal«, unterbreche ich sie. »Wir haben dich doch nur gefragt, ob wir nicht eine Runde drehen sollen, und du steigst sofort mit zwei Typen ins Auto, du Bückstück.«
    Sie bringt noch einen vierten Finger ins Spiel.
    »Wenn diese ›kleine Runde‹ nicht bald ein Ziel bekommt, haben wir da noch Verdienstausfall und ...«
    »Wir sind da.«
    Sie dreht überrascht den Kopf und schaut nach draußen.
    Ich parke den Wagen gegenüber des Cafés ein. Frauke sucht die Straße ab, als würde an jeder Ecke ein Zivilfahnder stehen. Als sie niemanden entdeckt, schaut sie wieder in den Spiegel.
    »Und was wollen wir hier?«
    Die Salsaband greift euphorisch eine neue Windmühle an. Ich drehe das Radio aus, wende mich im Sitz nach hinten und nicke ihr zu.
    »Nicht wir, du.«
    Sie runzelt die Stirn und will was sagen, doch sie sagt nichts, denn jetzt hat sie ihn entdeckt. Am Fenster des Cafés sitzt das Arschloch und
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