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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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zurecht, damit sie stabil lag, und ging in die Pantry zurück, um einen neuen Lappen zu holen. Sie befeuchtete ihn mit Wasser aus dem kleinen Waschbecken, damit sie Anisas Wunden reinigen konnte, hielt dann aber inne.
    Sie bemerkte, dass Gunnerus nicht länger den Boden anstarrte, sondern seinen Blick auf sie gerichtet hatte.
    »Sie sollte ertrinken«, sagte sie und sah ihn an. »Ich fasse es nicht, wie man so zynisch sein kann. Du hast sie bewusstlos geschlagen, und dann wolltest du sie über Bord werfen, hab ich recht?«
    Gunnerus hielt ihrem Blick stand, während sie ihre Anklagen hervorbrachte. Trotzdem begann sie zu zweifeln, ob er wirklich sie ansah. Ob er überhaupt begriff, dass sie mit ihm sprach. Seine Augen wirkten glasig. Sie versuchte ihn zu fixieren, doch dann nahm sie etwas hinter sich wahr. Einen kaum hörbaren Laut. Ein Atemzug? Holte Anisa regelmäßiger Luft, weil sie endlich wieder zu Bewusstsein gekommen war?
    Linnea drehte sich um, weil sie wieder zu ihr gehen wollte, und begriff im selben Moment ihren Irrtum. Thor konzentrierte sich ganz auf Gunnerus. Und sie blickte für den Bruchteil einer Sekunde in ein dunkles Augenpaar. Blank und funkelnd und voller Hass. Anisa lag nicht länger ruhig auf der Seite, sondern hatte ihre Beine in Embryonalstellung zum Kinn gezogen. Und im nächsten Moment rammte sie ihre Füße mit voller Kraft in Linneas Bauch.
    Linnea taumelte in den Kartentisch, fiel nach hinten über und landete auf der Bank. Der Platz war so begrenzt, dass es sich anfühlte, als würde sie gegen eine Wand gepresst. Sie musste sich mit beiden Händen abstützen, um nicht mit dem Kopf aufzuschlagen, aber noch bevor sie sich wieder aufrappeln konnte, hatte Anisa eine halbe Drehung gemacht und den Feuerlöscher aus der Nische gezerrt.
    Linneas Kopf war ganz nahe an Anisa, und sie konnte ihren stechenden Schweiß riechen. Sie versuchte sich zu ducken, um aus der Angriffslinie zu kommen, egal, ob Anisa ihr mit dem Feuerlöscher ins Gesicht sprühen oder ihn ihr über den Kopf hauen wollte. Thor hatte allerdings schon reagiert und warf sich zwischen sie.
    Es gelang ihm, Linnea zurück in Richtung der Pantry zu schieben, während er nach Anisas Hand mit dem Feuerlöscher griff. Doch da war es bereits zu spät.
    Linnea sah das Ganze wie in Zeitlupe. Anisa, die jetzt wie ein rasendes Tier brüllte, und Thor, der sie erneut unterschätzt hatte. Linnea wollte ihm zurufen, dass er schon wieder denselben Fehler beging. Anisa Farah war kein kleines Mädchen. Aber das Ganze passierte in einem Sekundenbruchteil, und nach einem weiteren durchdringenden Schrei von Anisa war es plötzlich Thor, der erstarrte. Während er versucht hatte, sie zu beruhigen, hatte sie ihm die Waffe entwendet.
    Jetzt robbte sie auf der Bank zurück, bis sie in der hintersten Ecke der Kajüte saß, den Rücken an die Wand gepresst, die Beine angezogen. Sie hielt die Pistole mit beiden Händen so fest umklammert, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
    Sie zielte abwechselnd auf sie alle drei, ihr Blick flackerte nervös hin und her, und das Adrenalin schien ihre Paranoia und ihre Wachsamkeit zu verstärken. Aus dem Augenwinkel konnte Linnea sehen, wie Thor Kraus signalisierte, dass er sich ruhig verhalten und an Deck bleiben sollte.

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    L ass mich das machen«, sagte Linnea.
    Sie konnte Thor ansehen, dass er versuchen wollte, mit Anisa zu verhandeln. Sie stand langsam auf und versuchte, Anisas Blick einzufangen. Es war ungewiss, in welchem Bewusstseinszustand die junge Frau sich gerade befand. In ihren Augen brannte ein Wahnsinn, der sie mit ungeahnten Kräften ausstattete. Gunnerus’ Versuch, sie umzubringen, hatte offenbar eine ebensolche Regression hervorgerufen wie das Begehen der Morde. Doch jetzt schien sich ihr Zustand wieder zu ändern. Die Augen waren nicht mehr so glänzend, ihr Blick nicht mehr so flackernd, nur die Halsschlagader pochte noch sichtbar.
    War sie dabei, wieder ihr eigentliches Bewusstsein zu erlangen? Nicht nur wach und lebendig zu sein, sondern auch die Finsternis ihrer Seele zu durchdringen?
    »Wir sind hier, um dir zu helfen«, sagte Linnea.
    Sie wollte Anisa dazu bringen, sie anzusehen, hatte jedoch kein Glück. Und sie musste sich konzentrieren, um die Pistole in den Händen der anderen zu ignorieren. Dämmerte Anisa allmählich, was man ihr angetan hatte? Der Gedanke machte Linnea mehr Angst als der Anblick der Pistolenmündung. Denn wie würde Anisa reagieren, wenn sich der Nebel endlich
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