Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beute

Beute

Titel: Beute
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
Rat?«
    »Nein«, sagte Gary. »Als dein Anwalt muss ich dir raten, jede illegale Aktivität zu melden, von der du Kenntnis hast, das ist deine Pflicht. Aber als dein Freund lautet mein Rat, halt den Mund und hau so schnell wie möglich ab.«
    »Kommt mir irgendwie feige vor. Ich glaube, ich sollte die Investoren verständigen.«
    Gary seufzte. Er legte eine Hand auf meine Schulter. »Jack«, sagte er, »die Investoren können auf sich selbst aufpassen. Mach, dass du da wegkommst, verdammt noch mal.«
    Ich hielt das nicht für richtig. Ich hatte mich mächtig über den Diebstahl meines Codes geärgert. Aber jetzt fragte ich mich, ob er tatsächlich gestohlen worden war. Vielleicht war er ja auch verkauft worden. Wir waren ein Unternehmen in Privathand, und ich erzählte die Sache einem Mitglied des Vorstands.
    Wie sich herausstellte, hatte auch er seine Finger im Spiel. Am nächsten Tag wurde ich wegen grober Fahrlässigkeit und firmenschädigenden Verhaltens gefeuert. Man drohte mir mit einem Prozess; um meine Abfindung nicht zu verlieren, musste ich jede Menge Papiere unterschreiben, in denen ich mich zum
    Stillschweigen verpflichtete. Mein Anwalt erledigte den Papierkram für mich und seufzte bei jedem neuen Dokument.
    Anschließend gingen wir nach draußen in den milchigen Sonnenschein. Ich sagte: »Tja, wenigstens ist die Sache nun ausgestanden.«
    Er wandte sich um und sah mich an. »Wie kommst du denn da drauf?«, fragte er.
    Denn natürlich war die Sache nicht ausgestanden. Auf rätselhafte Weise war ich plötzlich gebrandmarkt. Meine Qualifikationen waren ausgezeichnet, und ich arbeitete in einem heiß umkämpften Bereich. Aber bei jedem Vorstellungsgespräch merkte ich gleich, dass sie nicht interessiert waren. Schlimmer noch, sie fühlten sich unbehaglich. Silicon Valley ist zwar groß, aber im Grunde ein Dorf. Alles spricht sich herum. Schließlich stellte ich mich bei jemandem vor, den ich flüchtig kannte, Ted Landow. Im Jahr zuvor hatte ich seinen Sohn in der Baseball-Juniorenmannschaft trainiert. Als das Gespräch vorüber war, sagte ich zu ihm: »Was haben Sie über mich gehört?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nichts, Jack.«
    Ich sagte: »Ted, ich habe in zehn Tagen zehn Vorstellungsgespräche gehabt. Verraten Sie’s schon.«
    »Da gibt es nichts zu verraten.«
    »Ted.«
    Er kramte in seinen Unterlagen, blickte auf sie hinab, nicht mich an. Er seufzte. »Jack Forman. Unruhestifter. Nicht kooperativ. Aggressiv. Hitzköpfig. Ohne Teamgeist.« Er zögerte, sagte dann: »Und angeblich waren Sie in irgendwelche Machenschaften verwickelt. Hier steht nichts Näheres, aber irgendwelche zwielichtigen Geschäfte. Sie haben die Hand aufgehalten.«
    »Ich habe die Hand aufgehalten?«, sagte ich. Ich spürte Wut in mir aufsteigen und wollte noch mehr sagen, begriff aber im letzten Moment, dass ich dann wahrscheinlich hitzköpfig und aggressiv gewirkt hätte. Also hielt ich den Mund und bedankte mich.
    Als ich ging, sagte er- »Jack, tun Sie sich selbst einen Gefallen. Warten Sie eine Weile ab. Im Valley ändern sich die Dinge schnell. Sie haben ausgezeichnete Referenzen und hervorragende Fähigkeiten. Warten Sie bis …« Er zuckte die Achseln.
    »Zwei Monate?«
    »Ich würde sagen-vier, vielleicht fünf.«
    Irgendwie wusste ich, dass er Recht hatte. Danach gab ich mir nicht mehr so große Mühe. Mir kamen Gerüchte zu Ohren, dass MediaTronics kurz vor der Pleite stand und dass einigen Leuten möglicherweise Klagen drohten. Ich witterte die Chance auf Vergeltung, aber vorerst konnte ich nichts anderes tun als warten.
    Allmählich kam es mir auch nicht mehr so komisch vor, morgens nicht zur Arbeit zu gehen. Julia machte immer häufiger Überstunden, und die Kinder forderten mich; wenn ich zu Hause war, wandten sie sich an mich statt an unsere Haushälterin Maria. Ich brachte sie zur Schule, holte sie wieder ab, fuhr mit ihnen zum Arzt, zum Kieferorthopäden, zum Fußballtraining. Die ersten Abendessen, die ich zubereitete, waren eine Katastrophe, aber ich lernte dazu.
    Und ehe ich wusste, wie mir geschah, kaufte ich Tischsets und sah mir Geschirr bei Crate and Barrel an. Und es kam mir alles ganz normal vor.
    Julia kam gegen halb zehn nach Hause. Ich saß vor dem Fernseher und guckte das Spiel der Giants, ohne richtig hinzuschauen. Sie kam herein und gab mir einen Kuss auf den Nacken. Sie sagte- »Schlafen alle?«
    »Bis auf Nicole. Sie macht noch Hausaufgaben.«
    »Was? Müsste sie nicht längst im Bett
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher