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Beute

Beute

Titel: Beute
Autoren: Michael Crichton
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aufrechtgehalten durch kistenweise Cola light und Sun Chips.
    Aber es war eine spannende Arbeit auf einem ganz neuen Gebiet. Wir programmierten so genannte »verteilte, parallele Anwendungen oder agentenbasierte Systeme«. Diese Programme bilden biologische Prozesse nach, indem sie innerhalb des Computers virtuelle Agenten erzeugen und sie dann inter-agieren lassen, um Probleme der realen Welt zu lösen. Das klingt seltsam, aber es funktioniert sehr gut. So imitierte zum Beispiel eines unserer Programme die Futtersuche von Ameisen - wie Ameisen den kürzesten Weg zum Futter finden -, um Telefongespräche durch ein großes Anbieternetz zu dirigieren. Andere Programme ahmten das Verhalten von Termiten, ausschwärmenden Bienen und sich anpirschenden Löwen nach.
    Es machte Spaß, und ich wäre wahrscheinlich immer noch dort, wenn ich nicht zusätzliche Aufgaben übernommen hätte. In meinen letzten Monaten war ich für die Sicherheit zuständig. Ich ersetzte einen externen technischen Berater, der zwei Jahre lang dabei war, aber den Diebstahl eines firmeneigenen Quellcodes nicht entdeckt hatte, bis dieser dann in einem Programm auftauchte, das in Taiwan vermarktet wurde. Genau genommen war es der Quellcode meiner Abteilung - Software für Parallelverarbeitung. Das war der gestohlene Code.
    Wir wussten genau, dass es derselbe war, weil die Ostereier nicht angerührt worden waren. Programmierer fügen in ihren Code stets so genannte Ostereier ein, kleine Informationsfragmente, die keinen sinnvollen Zweck haben und nur so zum Spaß eingebaut werden. Die taiwanesische Firma hatte sie unverändert gelassen und unseren Code so benutzt, wie er war. Drückte man also die Tastenkombination Alt-Shift-M-9, öffnete sich ein Fenster, in dem das Hochzeitsdatum von einem unserer Programmierer erschien. Eindeutig Diebstahl.
    Natürlich gingen wir vor Gericht, aber Don Gross, der Firmenchef, wollte sichergehen, dass so etwas nicht noch einmal passierte. Also übertrug er mir die Aufgabe, für die Sicherheit zu sorgen, und weil ich richtig wütend über den Diebstahl war, willigte ich ein. Ich machte den Job nur nebenbei und leitete weiterhin die Abteilung. Als erste Sicherheitsmaßnahme führte ich die Überwachung der Workstation-Benutzung ein. Das war ziemlich unkompliziert; heutzutage kontrollieren achtzig Prozent der Firmen, was ihre Mitarbeiter an den Terminals so treiben. Das geschieht per Video, durch Aufzeichnen der Tastenanschläge oder durch das Absuchen der E-Mails auf bestimmte Kennwörter hin. Es gibt da so einige Möglichkeiten.
    Don Gross war ein harter Bursche, er war früher bei der Marine gewesen und hatte sein militärisches Auftreten nie abgelegt. Als ich ihm von dem neuen System erzählte, sagte er: »Aber meinen Terminal kontrollierst du doch nicht, oder?« Natürlich nicht, sagte ich. In Wahrheit hatte ich die Programme so entworfen, dass sie jeden Computer in der Firma überwachten, seinen eingeschlossen. Und so fand ich zwei Wochen später heraus, dass Don eine Affäre mit einer Frau aus der Buchhaltung hatte und ihr sogar einen Dienstwagen besorgt hatte. Ich ging zu ihm und sagte, aufgrund von E-Mails, die an Jean aus der Buchhaltung gegangen seien, müsse man annehmen, dass ein unbekannter Mitarbeiter ein Verhältnis mit ihr habe und dass sie Vergünstigungen bekomme, die ihr nicht zustünden. Ich sagte, ich wisse nicht, wer der Betreffende sei, aber falls sie sich weiter E-Mails schrieben, würde ich es bald herausfinden.
    Ich dachte mir, Don würde den Wink verstehen, und so war es auch. Doch jetzt schrieb er belastende E-Mails von zu Hause aus, ohne zu ahnen, dass jede Mail durch den zentralen Server lief und ich weiterhin alles mitbekam. Und so erfuhr ich dann auch, dass er Software an ausländische Großhändler mit enormen »Rabatten« verkaufte und stattliche »Beraterhonorare« auf einem Konto auf den Kaimaninseln bunkerte. Das war eindeutig illegal, und darüber konnte ich nicht hinwegsehen. Ich fragte meinen Anwalt Gary Marder um Rat, und er empfahl mir zu kündigen.
    »Kündigen?«, sagte ich.
    »Ja. Natürlich.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Ist doch egal, aus welchem Grund. Du hast woanders ein besseres Angebot bekommen. Du hast gesundheitliche Probleme. Oder aus familiären Gründen. Schwierigkeiten zu Hause. Aber mach, dass du da wegkommst. Kündige.«
    »Moment mal«, sagte ich. »Du meinst also, ich soll kündigen, weil er gegen das Gesetz verstößt? So lautet dein anwaltlicher
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