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Beute

Beute

Titel: Beute
Autoren: Michael Crichton
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vermutete, etwa drei oder vier Minuten. Ich sagte: »Und, was schwebt dir so vor?«
    Julia fing an, auf und ab zu gehen. »Tja, Jack, ich bin sehr enttäuscht von dir. Schwer enttäuscht. Du weißt, wie viel du mir bedeutest. Ich hätte nie gewollt, dass dir etwas zustößt. Aber du bekämpfst uns, Jack. Und du wirst uns weiter bekämpfen. Und das können wir nicht hinnehmen.«
    »Verstehe«, sagte ich.
    »Das geht einfach nicht, Jack.«
    Ich griff in meine Tasche und holte ein Plastikfeuerzeug heraus. Falls Julia oder die anderen das mitbekamen, so ließen sie es sich jedenfalls nicht anmerken.
    Julia schritt weiter auf und ab. »Jack, du bringst mich in eine schwierige Lage.«
    »Wie das?«
    »Du hattest das Privileg, hier die Geburt von etwas wahrhaft Neuem zu erleben. Etwas Neuem und Wunderbarem. Aber du bringst kein Verständnis auf, Jack.«
    »Nein, stimmt.«
    »Eine Geburt ist schmerzhaft.«
    »Der Tod auch«, erwiderte ich.
    Sie ging weiter auf und ab. »Ja«, sagte sie. »Der Tod auch.« Sie blickte mich finster an.
    »Ist was?«
    »Wo ist Mae?«, fragte sie erneut.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
    Sie blickte weiter finster. »Wir müssen sie finden, Jack.«
    »Das werdet ihr bestimmt.«
    »Ja, mit Sicherheit.«
    »Dann braucht ihr mich ja nicht«, sagte ich. »Macht euren Kram allein. Ich meine, ihr seid die Zukunft, wenn ich mich recht entsinne. Überlegen und unaufhaltsam. Ich bin bloß ein einfacher Mensch.«
    Julia ging jetzt um mich herum, betrachtete mich von allen Seiten. Ich sah, dass mein Verhalten sie verunsicherte. Oder sie taxierte mich. Vielleicht hatte ich es übertrieben. War zu weit gegangen. Sie witterte etwas. Sie ahnte etwas. Und das machte mich sehr nervös.
    Ich drehte das Feuerzeug in den Händen, fahrig.
    »Jack«, sagte sie. »Du enttäuschst mich.«
    »Das hast du bereits gesagt.«
    »Ja«, sagte sie. »Aber ich bin mir noch immer nicht sicher …«
    Wie auf ein lautloses Stichwort hin fingen auch die Männer an, im Kreis zu gehen. Sie bewegten sich in konzentrischen Kreisen um mich herum. War das so eine Art ScannerVerfahren? Oder bedeutete es irgendetwas anderes?
    Ich überlegte, wie viel Zeit vergangen war. Ich schätzte, fünf Minuten.
    »Komm mit, Jack. Ich will dir was zeigen.«
    Sie legte mir einen Arm um die Schultern und führte mich zu einer der großen Krakenröhren. Sie hatte einen Durchmesser von gut und gern einem Meter achtzig, und die Oberfläche war verspiegelt. Ich konnte Julia neben mir stehen sehen. Einen Arm um meine Schultern.
    »Sind wir nicht ein hübsches Paar? Es ist ein Jammer. Wir könnten so eine schöne Zukunft haben.«
    Ich sagte: »Tja …«
    Und als ich das sagte, löste sich ein Fluss blasser Partikel von Julia, strömte im Bogen durch die Luft und senkte sich dann wie ein Schauer über meinen Körper und in meinen Mund. Ich presste die Lippen aufeinander, aber es spielte keine Rolle, denn im Spiegel schien sich mein Körper aufzulösen, um von Julias Körper ersetzt zu werden. Es war, als hätte sich ihre Haut von ihr gelöst, wäre durch die Luft geschwebt und hätte sich über mich gestülpt. Jetzt standen zwei Julias nebeneinander vor dem Spiegel.
    Ich sagte: »Lass den Quatsch, Julia.«
    Sie lachte. »Wieso? Macht doch Spaß.«
    »Hör auf damit«, entgegnete ich. Ich klang wie ich selbst, obwohl ich wie Julia aussah. »Hör auf.«
    »Magst du das nicht? Ich finde es lustig. Du kannst eine Weile ich sein.«
    »Ich hab gesagt, hör auf!«
    »Jack, du verstehst einfach keinen Spaß mehr.«
    Ich zog an dem Julia-Abbild auf meinem Gesicht, wollte es wie eine Maske abreißen. Aber ich spürte nur meine eigene Haut unter den Fingerspitzen. Als ich an meiner Wange kratzte, zeigte das Julia-Abbild im Spiegel Striemen. Ich griff nach hinten und berührte mein Haar. Ich war so panisch, dass ich das Feuerzeug fallen ließ. Es klapperte auf den Betonboden.
    »Ich will das weghaben«, sagte ich. »Mach es weg.«
    Es rauschte in meinen Ohren, und die Julia-Haut verschwand, zischte in die Luft, senkte sich dann auf Julia hinab. Nun sah sie aus wie ich. Jetzt standen zwei Jacks Seite an Seite im Spiegel.
    »So besser?«, sagte sie.
    »Ich weiß nicht, was du damit beweisen willst.« Ich holte tief Luft.
    Ich bückte mich und hob das Feuerzeug auf.
    »Ich will gar nichts damit beweisen«, entgegnete sie. »Ich fühle dir bloß auf den Zahn, Jack. Und weißt du, was ich herausgefunden habe? Du hast ein Geheimnis, Jack. Und du hast
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