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Beute

Beute

Titel: Beute
Autoren: Michael Crichton
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habe ich ihnen noch nicht erzählt. Sie haben nicht gefragt. Es geht ihnen zu schlecht, um zu fragen.
    Am meisten Sorgen mache ich mir um Amanda, weil ich auch ihr das Virus geben musste. Es war ihre einzige Chance. Ellen ist jetzt bei ihr, aber auch Ellen muss sich übergeben. Amanda hat noch nicht richtig erbrochen. Ich weiß nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist. Kleine Kinder reagieren anders.
    Mir geht es einigermaßen, zumindest im Moment noch. Ich bin hundemüde. Ich glaube, ich bin den ganzen Abend über immer wieder eingenickt. Jetzt sitze ich hier, schaue zum Fenster hinaus in den Garten und warte auf Mae. Sie ist hinten über den Gartenzaun gesprungen und kriecht jetzt wahrscheinlich durch das Gebüsch an dem kleinen Hang hinter dem Grundstück, wo die Rasensprenger sind. Sie meinte, irgendwo dort ein schwaches, grünes Licht gesehen zu haben. Ich wollte nicht, dass sie allein hinausgeht, aber ich bin zu müde, um ihr zu helfen. Wenn sie bis morgen wartet, kann die Armee mit Flammenwerfern alles abfackeln, was sich da verstecken mag.
    Die Armee stellt sich in der ganzen Sache taub, aber ich habe Julias Computer zu Hause, und die E-Mails auf der Festplatte beweisen einiges. Ich habe die Festplatte vorsichtshalber ausgebaut, eine andere eingebaut und das Original in einem Schließfach in der Stadt deponiert. Wegen der Armee mache ich mir eigentlich keine Sorgen. Sorgen mache ich mir wegen Larry Handler und den anderen bei Xymos. Die wissen, dass sie mit einer schier unermesslichen Flut von Gerichtsverfahren rechnen müssen. Die Firma wird diese Woche Konkurs anmelden, aber ihr droht dennoch ein Strafverfahren. Vor allem Larry. Ich würde ihm keine Träne nachweinen, wenn er ins Gefängnis müsste.
    Mae und ich haben die Ereignisse der vergangenen Tage noch einmal Revue passieren lassen und für die meisten eine einleuchtende Erklärung gefunden. Den Hautausschlag meiner Tochter hatten Gamma-Assembler ausgelöst - die Mikromaschinen, die aus Komponentenfragmenten Moleküle zusammenbauten. Sehr wahrscheinlich hafteten die Gammas an Julias Kleidung, wenn sie im Werksgebäude in Nevada gewesen war. Julia hatte das befürchtet, deshalb hatte sie sich immer als Erstes geduscht, wenn sie nach Hause kam. Das Werk hatte zwar ein gutes Dekontaminationssystem, aber Julia hatte auch außerhalb der Halle mit den Schwärmen Kontakt gehabt. Sie wusste, dass die Gefahr bestand. An dem betreffenden Abend jedenfalls hatte sie die Gamma-Assembler ins Kinderzimmer getragen. Die Gamma-Assembler sind dazu da, Mikrofragmente aus Silikon zu zerschneiden, doch eine geschmeidige Substanz wie menschliche Haut können sie nur zwicken. Es tut weh, und es verursacht ein Mikrotrauma, wie niemand es zuvor erlebt hat. Oder es für möglich gehalten hätte. Kein Wunder, dass Amanda kein Fieber hatte. Sie hatte keine Infektion. Sie hatte eine Schicht beißender Partikel auf der Haut. Das Magnetfeld des Kernspintomografen heilte sie binnen einer Sekunde; sämtliche Assembler wurden beim ersten Puls von ihr weggerissen. (Bei dem Biologen in der Wüste war es anscheinend genauso. Er war irgendwie mit Assemblern in Berührung gekommen. Er hatte nicht weit vom Xymos-Werk kampiert.)
    Julia wusste, was mit Amanda nicht in Ordnung war, aber sie behielt es für sich. Stattdessen rief sie den Reinigungstrupp von Xymos, und der kreuzte mitten in der Nacht bei uns zu Hause auf, als ich mit Amanda im Krankenhaus war. Nur Eric bekam das mit, und jetzt weiß ich auch, was er gesehen hat. Denn derselbe Trupp war vor einigen Stunden hier, um mein Haus zu säubern. Es waren dieselben Männer, die ich in der Nacht von Julias Unfall in dem Van auf der Straße stehen sah.
    Zuerst kommt ein Mann in einem silbernen, antimagnetischen Schutzanzug, und er sieht richtig gespenstisch aus. Durch die versilberte Maske wirkt er gesichtslos. Er überprüft zunächst die Umgebung. Dann folgen vier andere Männer in Overalls mit Staubsaugern und machen alles sauber. Ich hab Eric gesagt, er habe das nur geträumt, aber es war kein Traum. Der Trupp hatte einen Sensorwürfel zurückgelassen, unter Amandas Bett, für den Fall, dass noch nicht alle Gammas beseitigt waren. Das Gerät war gar kein Überspannungsschutz; es sollte nur so aussehen.
    Sobald ich mir das alles zusammengereimt hatte, war ich wütend auf Julia, weil sie mir nicht erzählt hatte, was los war. Und ich mir deshalb so große Sorgen gemacht hatte. Aber natürlich war sie da schon krank gewesen.
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