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BETA (German Edition)

BETA (German Edition)

Titel: BETA (German Edition)
Autoren: Rachel Cohn
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weit wie ich kann. Ich fühle mich wie neu geboren, bereit für die Welt. Oder zumindest bereit für die fast völlig verlassene, einsame und unbewohnte Insel Myland.
    Ich stehe ohne fremde Hilfe auf, das erste Mal seit ich weiß nicht wie langer Zeit. In meinem Kopf macht sich einen Moment ein Gefühl von Benommenheit breit, aber das vergeht schnell und ich trete ins Freie. Mein Körper ist in einen blau-weißen Sarong mit Batikmuster gewickelt, meine Füße sind nackt.
    M-X kauert am Feuer und füttert einen kleinen Affen, der sich in ihre Armbeuge schmiegt, mit einer Banane. »Du bist noch nicht lange aufgewacht und jetzt bist du schon wieder auf den Beinen. Ich bin mit deinen Fortschritten zufrieden. Wie fühlst du dich?«, sagt sie, als sie mich sieht.
    »Viel besser.«
    »Sehr gut. Wahrscheinlich möchtest du jetzt auch wissen, wie es dich hierher verschlagen hat.« Ich nicke und setze mich gegenüber von M-X auf einen Baumstamm. »Woran kannst du dich denn noch erinnern?«
    »Der Governor wollte mich erschießen. Ich bin vom Kliff ins Meer gesprungen. Was danach geschehen ist, weiß ich nicht.«
    »Du hast ganz schön viel Kraft und Durchhaltevermögen – vielleicht sogar noch mehr als deine First. Dieser Sprung ins Meer und wie tief du danach ins Wasser eingetaucht bist, das hätte jeden anderen umgebracht. Wahrscheinlich hast du es den Wassern von Ion zu verdanken, dass du überlebt hast. Die Wellen haben dich getragen und genährt.«
    »Bin ich bis hierher geschwommen? Das schafft doch keiner.«
    »Schafft man auch nicht. Myland ist über 20 Seemeilen von Demesne entfernt. Nachdem du ins Wasser gesprungen warst, bist du bis zu einer Boje weit draußen im Meer geschwommen. An die hast du dich völlig erschöpft geklammert und irgendwann das Bewusstsein verloren. Am nächsten Morgen hat dich ein Taucher mit einem Boot entdeckt und zu mir gebracht. Du warst dem Tode nahe.«
    »Wie lang bin ich schon hier?«
    »Seit über einer Woche. Du hast vor dich hin gedämmert, bist mal kurz zu dir gekommen und warst dann sofort wieder weg.«
    »Suchen die Menschen nach mir?«
    »Ja. Aber du warst zum Glück so schlau, deinen Lokalisator zu entfernen. Sie haben ihn am Meeresboden geortet. Man geht davon aus, dass du ums Leben gekommen bist. Allerdings ist deine Leiche bisher noch nicht aufgetaucht. Sie suchen noch weiter danach, aber sie haben auf der Insel jetzt wahrlich größere Probleme.«
    »Welche denn?«
    »Einen Mord. Mord an einem Menschen. So ein Verbrechen gab es bisher auf Demesne noch nie. Und erst recht nicht von einem Klon begangen. Auf der ganzen Insel herrscht Ausgangssperre, bis die menschlichen Bewohner absolut sicher sein können, dass sie die Dienstklone wieder voll im Griff haben.«
    »Woher weißt du das alles? Hast du ein Relay?«
    »Wir haben unsere eigenen Mittel und Wege entwickelt, um uns außerhalb der menschlichen Kommunikationsnetzwerke zu verständigen. Ein Untergrundnetzwerk, mit dem wir wichtige Informationen an alle weitergeben, die sich für die Sache der Klone starkmachen.«
    »Die Revolte? Bist du auch daran beteiligt?«
    »Ja. Die erste größere Aktion sollte gerade anlaufen, als du uns mit deiner Tat dazwischengekommen bist.«
    »Von wem? Wie? Welche Aktion?« Xanthe und Miguel! Sie müssen einer größeren Gruppe angehört haben, wird mir jetzt klar.
    »Überall um dich herum gab es Klone und Sympathisanten, die alles für den Aufstand geplant und vorbereitet haben. Davon hast du wahrscheinlich nichts bemerkt. Lusardi scheint deinen Chip ja ziemlich genau an die menschliche Teenagerwelt angepasst zu haben, sodass du über den Tellerrand deiner eigenen Mikrowelt mit ihren Problemen nicht hinausgeblickt hast.«
    Ich habe das Gefühl, da einen kleinen Vorwurf herausgehört zu haben. »Natürlich hab ich bemerkt, dass was am Laufen war. Ich wusste die Informationen nur nicht einzuordnen. Tut mir leid, wenn ich durch mein Verhalten euren Plan vermasselt habe.«
    »Das muss dir nicht leidtun. Du bist jetzt für die Klone zum Symbol ihres Freiheitskampfes geworden.«
    »Ich habe jemanden umgebracht. Das tut mir nicht nur leid, das ist viel schlimmer.« Tränen schießen mir in die Augen und laufen mir über das Gesicht. Ich bin traurig, aber durch die Tränen fühle ich mich irgendwie auch erleichtert.
    »Sie haben uns versklavt«, sagt M-X. »Sie haben uns gefoltert. Willkürlich ausgeschaltet. Sie haben kein Mitleid mit uns. Sie zeigen keine Reue. Und du brauchst das auch
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