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Besessene

Besessene

Titel: Besessene
Autoren: S Hayes
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Hoffnung in mir auf. Hannah hatte recht   – ich hatte
wirklich
jeden Grund, vor Freude in die Luft zu springen. Immerhin regelte sich gerade alles zu meinem Vorteil   – das College, meine Freundschaften und Merlin; selbst Mum würde es hoffentlich bald wieder besser gehen. Ich packte einen Laternenpfosten und raste um ihn herum, bis mir schwindlig wurde, während Nat und Hannah wild winkend ans Busfenster klopften. Es dauerte eine Weile, bis ich wieder klar sehen konnte, und ich schirmte meine Augen ab, denn es hatte gerade einen Schauer bei vollem Sonnenschein gegeben, die Hitze stieg vom Straßenpflaster hoch und überzog alles mit einem dunstigen Schleier. Und plötzlich sah ich das Mädchen mit den grünen Augen an der Straßenecke stehen. Ich blinzelte heftig, aber sie stand wirklich da, sekundenlang nur, so wie Rauch, der sich rasch wieder auflöst; wie eine Erinnerung, die zerrann, mich jedoch wieder neu verwirrte. Meine Augen mussten mir einen Streich gespielt haben   – es wurde Zeit, dass ich auf den Boden der Tatsachen zurückkehrte. Als ich unsere Haustür öffnete, verließ mich gleich der Mut, denn die Vorhänge im Wohnzimmer waren schon am hellen Nachmittag zugezogen.
    »Hallo Katy.«
    Mum sagte meinen Namen immer so, als wolle sie sichrechtfertigen. Im Zimmer roch es muffig und nach abgestandener Luft. Mum war noch im Nachthemd und sah mir mit verkniffenen Augen aus dem Halbdunkel entgegen.
    »Kopfschmerzen?«
    Sie zuckte zusammen, nickte und legte sich wieder zurück auf ihr Kissen. Ich ließ meine Tasche auf den Teppich fallen und dachte, wie gerne ich jetzt nach oben verschwinden und an einem neuen Textildesignentwurf arbeiten würde. Das war wie eine Droge für mich und die einzige Zeit, in der ich mich gelegentlich verlieren konnte, aber Mum war den ganzen Tag allein gewesen und brauchte jetzt Gesellschaft. Ich versuchte, mitleidig zu klingen, als ich sie fragte: »Kann ich dir irgendwas bringen?«
    Sie hustete. »Ich habe noch gar nichts gegessen und der Kühlschrank ist ziemlich leer.«
    »Ich werde mal sämtliche Schränke durchpflügen«, sagte ich, »und schon irgendwas auftreiben.«
    Die Küche sah deprimierend aus   – auf dem Boden lag schmutzige Wäsche herum, im Spülbecken stapelte sich Geschirr und meine Füße klebten an den Keramikfliesen fest. Mum war nie sehr stabil gewesen, aber je älter ich wurde, desto schlimmer schien es um sie zu stehen.
    Während ich aufräumte, versuchte ich gegen die immer häufiger werdenden Anflüge von Verbitterung anzugehen, und taute schließlich in der Mikrowelle einen gefrorenen Sheperd’s Pie für meine Mutter auf. Doch da ich Vegetarierin war, wurde mir von dem Geruch des erwärmten Hackfleischs schlecht. Mir selbst machte ich eine Dose Tomatensuppe warm und tauchte einen Kanten altes Weißbrot hinein.
    »Meine Kehle fühlt sich an, als hätte ich Glas geschluckt, und diese Kopfschmerzen treiben mich in den Wahnsinn   …«
    Kranke Menschen können so egoistisch sein. Wo hab ich das noch gelesen?
    »Es wäre schön, wenn du demnächst etwas zeitiger nach Hause kommen könntest. Ich weiß, du bist gern im College, aber der Tag zieht sich so furchtbar in die Länge   …«
    Und ich wünschte, du würdest mal versuchen, dir selbst zu helfen. Geh in die Selbsthilfegruppe oder rede mit sonst jemandem über deine Probleme   …
    »Du hast doch wohl nicht vor, im Sommer wegzufahren, Katy? Alleine würde ich hier nämlich einfach nicht zurechtkommem.«
    Allmählich fühle ich mich wie in einem Gefängnis, nur dass es hier keine Strafmilderung wegen guter Führung gibt. Und einen Pass beantragen lässt du mich ja auch nicht   – wie soll ich da ins Ausland reisen können?
    »Könntest du dir nicht vielleicht zwei Urlaubssemester im College nehmen   … bis ich mich wieder besser fühle?«
    Ich flüchtete in mein Zimmer, weil ich ganz dringend Abstand brauchte, und blieb dort, bis mich Mum am späteren Abend zu sich nach unten rief. Ihre Stimme klang ungewöhnlich enthusiastisch und schon von der untersten Treppenstufe aus sah ich, dass ihre Wangen gerötet waren und auf ihrem Gesicht ein lebhafter Ausdruck lag.
    »Du hast sie haarscharf verpasst, Katy. Ich hatte gerade Besuch von einem jungen Mädchen, das Schmuck verkauft hat. Sieh mal, was ich für dich erstanden habe.«
    Mum ließ etwas Silbergrünes vor meinem Gesicht baumeln,als wolle sie mich hypnotisieren. Ich streckte die Hand danach aus und sie legte einen Anhänger hinein. Im
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