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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection
Autoren: Uwe Klausner
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frühen 50ern, sah er wesentlich älter aus, gezeichnet von der parkinsonschen Krankheit, unter der er seit geraumer Zeit litt. »Es sei denn, Sie hindern mich mit Gewalt daran.«
    Der Luftschutzwart, im Zivilleben Buchhalter, am heutigen Tage jedoch die personifizierte Autorität, rührte sich nicht vom Fleck. Als sei der Direktor Luft für ihn, rückte er seinen Stahlhelm zurecht, gab einen Stoßseufzer von sich und inspizierte den Tornister, in dem sich seine Gasmaske befand. Die Leuchtstoffplakette auf seiner Uniformjacke blitzte kurz auf, ebenso wie die graublauen, von sorgsam gestutzten Brauen überwölbten Augen. Ein Lächeln auf den farblosen Lippen, wandte er sich daraufhin wieder dem in seinen Augen überaus lästigen Querulanten zu. Von einem Zivilisten würde er sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen, von einem der oberen Zehntausend schon gar nicht.
    »Ob Sie es nun wahrhaben wollen oder nicht, Herr Rohde«, verschärfte der Luftschutzwart seinen Ton, »da draußen werden Sie vor die Hunde gehen. Schneller, als Sie denken.«
    »Darüber machen Sie sich bitte keine Gedanken, Herr …«
    »Luftschutzwart!«, ergänzte der Zweizentnermann, während in unmittelbarer Nähe des Bunkers eine Mine explodierte, welche die knapp 300 Meter nördlich des Königlichen Schlosses gelegenen Katakomben bis in die Grundfeste erzittern ließ. Putz rieselte von den Wänden, die Gesichter ihrer Insassen, zumeist Frauen, Kinder und ältere Bewohner aus dem Wohngebiet rund um den Paradeplatz, wurden vor Schreck aschfahl. Der Schrei, der den meisten auf den Lippen lag, blieb jedoch aus. »Und somit verantwortlich für sämtliche Bunkerinsassen. Auch für Sie, HerrRohde.«
    »Haben Sie überhaupt eine Ahnung, was für mich auf dem Spiel steht?«, begehrte Rohde auf und umklammerte seinen Stock. Mit der hanseatischen Gelassenheit, die dem vor der Zeit gealterten Bernsteinexperten anhaftete, war es endgültig vorbei. »Nein? Falls es Sie interessiert, wäre es mir eine Freude, Sie umfassend ins Bild zu setzen, Herr Luftschutzwart.«
    Der Angesprochene holte tief Luft, und nachdem sein Doppelkinn wieder die ursprüngliche Position erreicht hatte, schob er es nach vorn und knurrte: »Hören Sie mir gut zu, Sie Klugscheißer: Entweder Sie setzen sich unverzüglich auf Ihren Beamtenarsch, oder Sie kriegen eins auf den Deckel, dass es sich gewaschen hat, klar?«
    »Auf die Gefahr, bei wem auch immer in Ungnade zu fallen – sollten Sie den Weg nicht freigeben, kriegen Sie eins auf den Deckel, Herr Luftschutzwart. Wenn nötig, vom Gauleiter persönlich.«
    Der Wink mit dem Zaunpfahl wirkte, und die Fassade der Autorität, hinter der sich der Kleinbürger in Uniform verschanzt hatte, begann zu bröckeln. »Und was«, hielt er dagegen, die muskulösen Arme immer noch verschränkt, »ist so wichtig, dass Sie bereit sind, Ihr Leben aufs Spiel zu setzen?«
    »Dinge von übergeordneter Bedeutung, Herr Luftschutzwart«, tat der Direktor die Frage mit einer gehörigen Portion Ironie in der Stimme ab. »Ein Kunstwerk aus dem Katharinenpalast in Puschkin.«
    »Aus dem …«, begann der Zweizentnermann, unterließ es jedoch, die Frage zu vollenden. Die Genugtuung, im Beisein von einem guten Dutzend Zeugen als Idiot dazustehen, wollte er Rohde nicht gönnen. Der Grund, weshalb er auf ein anderes Terrain auswich. »Ja, wenn das so ist, haben Sie natürlich meinen Segen«, revanchierte sich der Luftschutzwart prompt. »Vor allem, was Ihren kleinen Morgenspaziergang betrifft.« Der Koloss stemmte die Fäuste in die Hüften und schüttelte den Kopf. Dann drehte er den Spieß um. »Für den Fall, dass es Sie ins Schloss ziehen sollte, Herr Rohde –«, tat er mit einer Mischung aus Spott und Herablassung kund, »mittlerweile dürfte dort kein Stein mehr auf dem anderen liegen. So tief können Sie Ihren Krimskrams gar nicht einlagern, als dass er vor den Bomben der Tommies sicher wäre.«
    Was als Retourkutsche gedacht war, verfehlte allerdings seine Wirkung. Bevor der Zweizentnermann reagieren konnte, hatte ihn Rohde nämlich am Schlafittchen gepackt und zog ihn auf Augenhöhe zu sich hinab. »Für den Fall, dass es Sie ins Kittchen ziehen sollte –«, ahmte er sein Gegenüber mit feuerrotem Gesicht nach, »mittlerweile ist meine Geduld erschöpft. Zum Mitschreiben, Herr Luftschutzwart: Wenn Sie mir den Weg nicht freigeben, haben Sie mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen. Von welcher Art, werden Sie früh genug erfahren.« Alfred Rohde ließ von
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