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Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Titel: Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)
Autoren: Sabina Altermatt
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mit den Arbeitern vor Ort spreche. Ich denke, wir kommen so nicht weiter.«
    »Sie können gerne mit dem Fahrer der Maschine sprechen.« Stettler schaute lachend in die Runde. »Der wird Ihnen bestimmt viel erzählen.«
    »Gut, wie komme ich da hin? Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Julia erhob sich.
    Etwas widerwillig verräumten die Ingenieure ihre Unterlagen.
    »Am besten, wir fahren zum Zwischenangriff und gehen dann den Rest zu Fuß. Das ist am schnellsten«, sagte Stettler.
    Julia hatte sich nach den ganzen Jahren noch immer nicht an das aggressive Tunnelvokabular gewöhnt. Zwischenangriff. Das tönte eher nach Krieg als nach einer Baustelle. Als ob der Berg ein Monster sei, das es zu bezwingen gälte.
    Stettler begleitete Julia in den Umkleideraum und zeigte ihr ihren Spind in der hintersten Reihe.
    » XS ist die kleinste Größe, die wir haben.« Er reichte ihr einen orangen Overall. »Schuhgröße?«
    »37.«
    Er hielt Julia ein Paar Stiefel Größe 39 hin. »Mit Extrasocken sollte das gehen. Einen Helm haben Sie ja selber dabei, wie ich sehe.« Er deutete auf ihren Rucksack. Dann reichte er ihr den Lebensretter – eine kleine schwarze Tasche, die eine Atemschutzmaske und Sauerstoff enthielt und die Julia sich mit einem Gürtel umband – sowie eine elektrische Stollenlampe.
    Auf dem Parkplatz vor der Cantina Tschiervi stiegen sie in einen verbeulten Kleinbus, der einmal weiß gewesen sein musste. Nun war er mit einer dicken Staubschicht überzogen. Rost hatte sich ins Blech gefressen, die Feuchtigkeit des Tunnels war für die Fahrzeuge nicht optimal.
    Sie fuhren die Strecke zurück, die Julia vorher mit dem Bus gefahren war, aber auf der anderen Seite des Tals. Sie saß vorne neben Remo Bergamin, der den Wagen lenkte, Stettler dirigierte das Fahrzeug von hinten. In den letzten beiden Reihen saßen der Chef der ARGE Cisalpin und der Bauleiter. Der Vorsitzende der Bauherrschaft hatte sich verabschiedet.
    Kurz vor dem Eingang meldete Bergamin über Funk ihre Ankunft. An der Eingangspforte wurden sie durchgewinkt.
    »So etwas haben Sie noch nicht gesehen, Frau Jansen«, sagte Stettler, zog sich am Vordersitz nach vorne, streckte seinen Arm zwischen den Rücklehnen durch und deutete mit dem Zeigefinger auf die Windschutzscheibe.
    Julia sah zuerst gar nichts, die Scheibe war mit Staub bedeckt. Dann wurde ihr Oberkörper leicht nach vorne gedrückt.
    »Zwölf Prozent Neigung – bergab!«, rief Stettler. »Der Zugangsstollen ist 2.7 km lang. Das macht dreihundertfünfzig Höhenmeter!«
    Die Straße ging tatsächlich steil abwärts. Sie fuhren nicht in den Berg, sie fuhren in die Unterwelt. Alle paar Meter tauchten farbige Neonröhren auf.
    »Rot für Technik, grün für Notausgang und blau für Wasser«, erklärte Stettler eifrig, als sei Julia das erste Mal in einem Tunnel.
    Plötzlich polterte es. Ein Lastwagen donnerte ihnen entgegen und brauste vorbei.
    »Wie schnell fährt der denn?«, fragte Stettler und lehnte sich nach vorn zu Bergamin.
    »Keine Ahnung«, sagte dieser und schwieg.
    Nach etwa zehn Minuten erreichten sie die Weströhre. Der Wagen kam zum Stehen. Ein Gewölbe öffnete sich wie eine riesige Basilika. In die Wand neben dem Eingang war eine Luke gehauen worden. Darin stand die heilige Barbara. Wie an jedem Tunnelportal. Julia hatte die Tunnelarbeiter schon oft beobachtet, wie sie beim Betreten des Tunnels kurz zur Statue blickten und sie um Schutz baten. Manchmal hatten sie Blumen dabei, die sie vor sie hinlegten. Der Sage nach war Barbara eine emanzipierte und intellektuelle Frau gewesen, die in einem Fels Schutz suchte und die ihren Glauben trotz aller Anfeindungen lebte. Dafür hatte sie mit ihrem Leben bezahlen müssen.
    Hightech und Glaube stießen hier aufeinander: Tunnels wurden mit den modernsten Maschinen gebaut, über Erfolg oder Misserfolg des Vorhabens schien jedoch eine höhere Macht zu entscheiden.
    Ein Bagger fuhr röhrend herbei und verdeckte den Schrein.
    »Du kannst noch bis zu Kilometer neun fahren«, sagte Stettler zu Bergamin.
    Sie bogen nach links ab. Nach ein paar Metern kam ein Blechtor. Bergamin stieg aus, öffnete es, fuhr hindurch und schloss es wieder hinter ihnen.
    »Das ist für die Bewetterung«, erklärte Stettler. »Damit man die Luftzirkulation regulieren kann.«
    Wie interessant, dachte Julia.
    Der Kleinbus holperte weiter. Plötzlich drückte Bergamin auf die Hupe. Vor ihnen stand eine Gruppe von Menschen mitten auf der Straße.
    »Was machen denn die
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