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Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Titel: Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)
Autoren: Sabina Altermatt
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»Antonio.«
    »Julia Jansen.«
    »Komm! Ich Ihnen zeigen.« Er schwang sich wieder auf die Maschine hinauf, Julia kletterte ihm hinterher, dann folgte Stettler.
    »Bitte erzählen Sie mir möglichst genau, was passiert ist.«
    »Aber ohne Abschweifungen«, ergänzte Stettler. Er stand direkt hinter ihr. Es war ziemlich eng in der Kabine. Julia drehte sich um. »Danke, ich werde Sie rufen, wenn ich Sie brauche. Momentan komme ich gut alleine zurecht.«
    »Wie Sie meinen.« Stettler stieg wieder hinunter.
    »Es waren etwa sechs Uhr Morgen. Gestern. Ich gerade Schicht übernehmen. Alles gut. Leute zufrieden. Laune gut. Tutti motivati. Weil wir machen Kilometer zehn. La metà! Ma poi …« Er stockte.
    »Ja?«
    Er bekreuzigte sich. »Es nicht schaffen.«
    »Was ist passiert?«
    Er nahm seinen Helm ab und fuhr sich durch die Haare, setzte ihn wieder auf. »Wir atten Vortriebsgesuindikeit 50   –   55 mm per minuto. Bei 700 mm Hub Vortrieb ist gestoppt. Ich gesehen auf Monitor«, er deutete auf einen der vier Monitore, »keine Penetration.« Er stockte und sah auf seine Füße. »Scusi, ich meine, Vortriebsgesuindikeit war zero.«
    Julia hatte den Ausdruck nicht zum ersten Mal gehört. Doch hier in der engen Steuerkabine hörte es sich etwas seltsam an. Tunnelbrust, Penetration. Das Tunnelbauvokabular war nicht nur kriegerisch, es war auch sexualisiert.
    »Und die Drehgeschwindigkeit des Bohrkopfes war konstant?«
    »Si, molto costante. Und Vortrieb zurückgehen, wie jemand Stecker ziehen.«
    »An der Stromzufuhr kann es nicht gelegen haben.«
    »No, no. Tutto in ordine. Wir haben alles controllato. Ma …«
    Er stockte wieder, bewegte seine Lippen, als ob er etwas sagen wollte und nach Worten suchen würde.
    »Aber was?«
    »Ich nicht genau kann sagen. Da war so eine Licht, eine blaue.«
    »Blau?« Sie dachte eine Weile nach. »Das kann ich mir jetzt nicht erklären. – Und Sie haben nicht am Potentiometer gedreht, um den Vortrieb herunterzufahren?«
    »Niente. Ich schwöre auf heilige Barbara.« Er küsste das silberne Kreuz, das um seinen Hals hing. »Ich nichts machen an diese Knopf.« Er deutete auf den schwarzen Schalter, der aussah wie der Drehknopf eines Modelleisenbahn-Trafos.
    »Okay. Wer war sonst noch auf der Maschine?«
    »In Kabine nur ich. Andere hinten, fixieren Stahlgitter.«
    »Ich werde mir die Ventile anschauen.« Sie verließ den Führerstand und stieg von der Maschine hinunter.
    »Und? Schöne Geschichte, oder?« Stettler hatte unten gewartet. »Vielleicht war es die heilige Barbara, die mit ihrem blauen Zauberstab die Maschine …«
    »Seien Sie doch still!« Julia schaute zu Antonio hoch, der ein unglückliches Gesicht machte. »Es ist sicher bloß ein defektes Ventil.«
    »Bloß ist gut«, entgegnete Stettler.
    »Wenn wir es gefunden haben, werden wir es einfach ersetzen.«
    »Wenn.«
    »Das lassen Sie mal meine Sorge sein«, sagte Julia.
    »Brauchen Sie etwas?«, fragte Stettler.
    »Ja, Antonio. Er kann mir helfen.«

Es war Abend, als sie das defekte Ventil gefunden hatten. Sie setzten sich auf den Steg oben auf der Maschine. Antonio bot ihr die Hälfte seines Schinkensandwiches an. Julia nahm es dankbar entgegen. Wasser hatte sie selber dabei.
    »Mein Vater immer sagen, Frauen Unglück bringen im Tunnel«, sagte Antonio mit vollem Mund.
    »War Ihr Vater auch Mineur?«
    »Ja, aber tot jetzt.«
    »Ein Unfall?«
    »No, no, gestorben in Bett.«
    »Das tut mir leid.«
    »Krebs. Eine Weile wir zusammen in Tunnel. Schöne Zeit.«
    »Und Sie glauben das auch?«
    »Was?«
    »Dass Frauen im Tunnel Unglück bringen.«
    »Ich nicht wissen. Ich immer bete zu Barbara. Jeden Tag bevor in Tunnel. Sie mich beschützen. Sie kennen Geschichte?«
    »Ja, so ungefähr.« Julia zögerte. »Also nur in groben Zügen.«
    Die heilige Barbara sei am Ende des dritten Jahrhunderts in Nikomedia geboren worden, erzählte Antonio. »Sie war la figlia von eine reiche mercante. Eine bellissima donna. Molto intelligente. Mit viele ammiratori. Ähm …«
    »Verehrer?«, versuchte Julia zu übersetzen.
    «Esattamente.« Als sie sich dem Christentum zuwandte, erzählte Antonio weiter, habe sie ihr Vater in einen Turm gesperrt. Vergeblich. Sie ließ sich heimlich taufen. Ihr Vater erfuhr davon und wollte sie töten lassen. Barbara floh und konnte in einen Felsspalt fliehen, der sich wie ein Wunder vor ihr öffnete. Doch ein Hirte verriet ihren Aufenthaltsort. Er wurde zur Strafe in einen Stein verwandelt, die Schafe in
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