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Berggorillas

Berggorillas

Titel: Berggorillas
Autoren: Detlef Neufang
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Gorilla-Tracking sollte man – neben regendichter Kleidung, festem Schuhwerk und einer vernünftigen Fotoausrüstung – noch zweierlei mitbringen: Leidensfähigkeit und Liquidität. Leidensfähigkeit, weil nach einer langen Autofahrt zum Nationalpark ein häufig beschwerlicher Marsch durch den unwegsamen Regenwald zu absolvieren ist. Die Suche der Gorillagruppen führt oft über steile und nach Regenfällen schlammige und rutschige Berghänge, die mit nesselnden und dornigen Pflanzen bewachsen sind, und kann sich über Stunden hinziehen. Gefragt sind Konditionsstärke und Enthusiasmus. Liquidität ist allein schon deshalb erforderlich, weil die UWA pro Gorilla- Permit, also die offizielle Besuchserlaubnis, im Moment (nur) 500 US $ pro Person berechnet. Im Preis enthalten sind Führer, Spurensucher, Pistenschläger und bewaffnetes Begleitpersonal der ugandischen Armee, je nach dem Stand der Sicherheitslage und der aktuellen Beziehungen zur Demokratischen Republik Kongo – und schließlich ein hölzerner Wanderstock, den man auf jeden Fall mitnehmen sollte. Hinzu kommen Parkeintritt, Trinkgelder und Ausgaben für persönliche Träger, die einem alles, was man nicht selbst tragen möchte, zuverlässig hinterherschleppen.

    Eine unvergessliche Stunde
    Ein Permit berechtigt dazu, eine Stunde bei der gebuchten Gorillagruppe zu bleiben, danach muss in jedem Fall der Rückweg angetreten werden. Wer dies alles auf sich nimmt, wird überreich belohnt: Das Erlebnis ist unvergleichlich. Es ist schwer in Worte zu fassen, welche Emotionen es beim Betrachter auslöst, wenn eine Gorillamutter selbstvergessen und zärtlich mit ihrem Baby schmust; wenn drei Jungtiere spielerisch während der Mittagsrast miteinander raufen, oder wenn ein ausgewachsenes Männchen, ein Silberrücken, lässig von einem Baum zu uns heruntersteigt – um näher bei „seiner“ Gruppe zu sein – und sich dann der umliegende Waldboden mit Gorillas füllt. Ein Gorillaweibchen greift nach einem Kotballen, den der Silberrücken gerade abgesetzt hat, beißt hinein und knabbert dann voll Wonne daran herum, als wäre es ein köstlicher Apfel der Sorte „Golden Delicious“.

    Erstaunlich für uns ist, dass die Tiere sich selbst bei ähnlicher Größe ohne weiteres auseinanderhalten lassen. Jedes Gorillagesicht trägt individuelle Züge. Die Form der Nase und deren Falten sind so unterschiedlich wie der menschliche Fingerabdruck. Ihre Gesichter können, so will es zumindest scheinen, Stimmungen ausdrücken, Freude, Unbehagen und gewiss auch Trauer. Wenn ein Gorilla versonnen auf ein Jungtier schaut und sich dann die Mundwinkel verziehen und ein Lächeln andeuten, dann spürt man förmlich die genetische Nähe zwischen Mensch und Menschenaffen.

    Besonders beeindruckend ist natürlich die Begegnung mit einem Silberrücken. Ein gewaltiges Exemplar! Mächtiger Schädel, riesiger Brustkorb, gigantische Arme, auf die er sich lässig abstützt. Und dann dieser weißgraue Rücken, mit dem er sich – neben der schieren Größe – von den anderen Tieren der Gruppe deutlich abhebt. Eine unglaubliche physische Präsenz, eine gelassene, geradezu arrogante Überlegenheit. Kein King Kong. Aber der King. Der Chef. Der Patriarch. Unangefochten – in den von uns besuchten Gruppen jedenfalls. Ein souveränes Auftreten, das keinen Widerspruch zu dulden scheint. Und der doch gutmütig ein Jungtier – sein Kind, denn im Zweifelsfall sind alle Jungtiere der Gruppe auch sein Nachwuchs – während der Rast auf seinem Rücken herumtanzen lässt. Wir kauerten auf dem Waldboden und beobachteten die Tiere, die uns weitgehend ignorierten. Nur der Silberrücken, das ist zu spüren, beobachtete uns zumindest aus den Augenwinkeln ganz genau. Als er den Eindruck hatte, die Rast und die Beobachtung sei lang genug gewesen, stand er auf und ging gemessenen Schrittes davon, und alle anderen folgten ihm. Binnen weniger Augenblicke hatte der Wald sie verschluckt.
    Wer sie einmal gesehen hat, wer nicht nur ein Foto, sondern auch sich selbst ein Bild von den Berggorillas gemacht hat, der wird dieses Bild für immer mit sich tragen: von unseren Brüdern im Bwindi.

    Gorillas in Gefahr
    Gorillas haben keine natürlichen Feinde – ein erwachsener Gorilla hat nichts und niemanden zu fürchten – außer seine Vettern, seine nächsten Verwandten: uns, die Menschen.
    Menschen zerstören den Lebensraum der Gorillas durch Abholzung des Waldes und Brandrodung. Menschen töten Gorillas, um sie als
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