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Ben - Alles auf Anfang (German Edition)

Ben - Alles auf Anfang (German Edition)

Titel: Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
Autoren: Adora Belle
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Kandare zu nehmen! Diese Sache gestern ist der beste Beweis dafür, dass ich die Zügel viel zu lange habe schleifen lassen! Also – wie gesagt, es ist höchste Zeit, dass du deinem Leben endlich eine ordentliche Richtung gibst und ein Studium anfängst. Ich bin durchaus bereit auch einen anderen Studiengang zu akzeptieren, als ausgerechnet Jura, wenn es dir so gar nicht liegt, Hauptsache, du nimmst endlich einen Lebenswandel an, der dem Namen unserer Familie Ehre macht!“
    Ich starrte ihn wortlos an. Was sollte ich auch erwidern?
    Natürlich, der bequemere Weg wäre gewesen, einfach zu nicken und zu allem Ja und Amen zu sagen. Der Wirklichkeit mal wieder auszuweichen, wie ich es ja nun schon so lange tat. Aber ich wollte nicht. Diesmal nicht.
    Langsam ließ ich den Blick durch den Raum schweifen. Ich kannte hier jedes Möbelstück, jede Linie der Holzmaserung in der Schreibtischplatte und jeden Schnörkel im Muster des dicken Teppichs, so oft war ich schon hier gewesen. Schließlich war dies nicht das erste „ernsthafte Gespräch“ das mein Vater mit mir führte. Aber dafür mit Abstand das Unerfreulichste.
    Ich richtete den Blick wieder auf ihn.
    „Paps,“ sagte ich und aller Trotz und aller Widerstand in mir ballte sich als harter Klumpen in meinem Magen zusammen, „ob es dir nun passt oder nicht – ich
bin
schwul! Durch und durch und hundertprozentig! Ich weiß das schon lange! Ich stehe auf Männer! Ich liebe schmale Hüften, Schwänze und knackige Ärsche, und werde dir nie im Leben eine Schwiegertochter oder Enkel ins Haus bringen! Besser du findest dich damit ab! Und ich will auch nicht studieren! Weder Jura noch sonst was. Ehrlich gesagt weiß ich selber noch nicht so genau, was ich aus meinem Leben machen möchte, aber wenn ich eins weiß, dann dass eine Universität nicht darin vorkommen wird.“
    Mit jedem Wort war ich lauter, aber gleichzeitig innerlich ruhiger geworden und saß schließlich wieder völlig entspannt vor meinem Vater, der mich schweigend musterte und offensichtlich erst mal überlegen musste, was er mit seinem ungeratenen Sohn anfangen sollte.
    Schließlich nickte er. „Ist das dein letztes Wort?“, fragte er kühl, und ich nickte stumm. Da schob er seinen Stuhl zurück und stand auf, zum Zeichen dass dieses Gespräch für ihn beendet war.
    „Wenn das so ist, Benjamin, sehe ich mich leider gezwungen, andere Maßnahmen zu ergreifen“, sagte er. „Ich mag altmodisch sein, aber ich wurde in dem Glauben erzogen, dass in einer Familie nicht nur der Einzelne zählt, sondern vor allem die Familie als Ganzes und dass jeder sich zuallererst dem Wohle aller unterzuordnen hat, auch wenn es einem schwer fällt. Eure Mutter und ich haben versucht, euch das zu vermitteln, aber wie es scheint, haben wir zumindest bei dir kläglich versagt. Es bleibt mir daher nichts anderes übrig, als das zu schützen, was mir heilig und wichtig ist – unsere Familie und die Kanzlei! Du hast bisher von dem gelebt, was deine Brüder und ich mit unserer Hände Arbeit erwirtschaftet haben und selber rein gar nichts dazu beigetragen. Du weigerst dich, Vernunft anzunehmen und darum – so leid es mir tut, Benjamin – wirst du mein Haus verlassen. Ich gebe dir zwei Wochen Zeit, dir eine Wohnung zu suchen, und alles was dir persönlich gehört, darfst du natürlich mitnehmen.“
    Er sah mir in die Augen und wirkte mit einem Mal unglaublich müde und alt.
    „Bitte glaub` nicht, dass das reine Schikane sein soll, oder kleinliche Tyrannei. Ich weiß mir einfach keinen anderen Rat mehr. Du bist im höchsten Maße lebensuntüchtig, Benjamin. Du verlässt dich auf unser Geld und unseren Namen, aber bist im Gegenzug nicht bereit, etwas dafür zu tun. Dass ich dich jetzt vor die Tür setze, ist sozusagen meine letzte Hoffnung! Geh in die Welt, lerne das wahre Leben kennen, und wenn du begriffen hast, worauf es wirklich ankommt, dann komm` von mir aus wieder zurück nach Hause! Wir lieben dich, aber nicht so sehr, dass wir noch länger zusehen wollen, wie du in dein Unglück rennst, oder deine exorbitante Faulheit weiter unterstützen werden!“
    Tja, und das war`s dann. Er ließ mich im Arbeitszimmer sitzen und ging einfach davon, während ich noch wie betäubt zu kapieren versuchte, was da gerade passiert war.
    Mein Vater wies mir also ernsthaft die Tür?
    Als diese Tatsache endlich in mein Hirn eingesickert war, schäumte wilde Wut in mir hoch. Wie konnte er das tun?
    Mich rauswerfen, weil ich schwul war und nicht
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