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Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition)
Autoren: Guy de Maupassant
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geschlafen!«
    Da stürzte er sich über sie, und während sie unter ihm lag«, schlug er auf sie los wie auf einen Mann. Jetzt wurde sie plötzlich still und stöhnte nur unter seinen Schlägen.
    Sie rührte sich nicht mehr. Sie hatte ihr Gesicht in der Ecke zwischen Wand und Parkett versteckt und stieß klagende Schreie aus.
    Endlich ließ er sie los und richtete sich auf. Dann machte er ein paar Schritte durch das Zimmer, um seine Kaltblütigkeit wiederzugewinnen. Es fiel ihm etwas ein, er ging ins Schlafzimmer, goß kaltes Wasser in das Waschbecken und tauchte seinen Kopf hinein. Nachher wusch er sich die Hände und ging zurück, um zu sehen, was sie nun machte. Währenddessen trocknete er seine Finger sorgfältig mit dem Handtuche ab.
    Sie rührte sich nicht. Sie blieb am Boden ausgestreckt liegen und weinte leise.
    Er fragte:
    »Bist du bald mit deiner Heulerei fertig?
    Sie antwortete nicht. Er stand mitten im Zimmer, fühlte sich etwas verlegen und beschämt neben diesem ausgestreckten Körper.
    Dann faßte er plötzlich einen Entschluß, nahm den Hut vom Kamin und sagte:
    »Guten Abend. Übergib den Schlüssel dem Portier, wenn du fertig bist. Ich kann nicht deiner Laune wegen ewig warten.«
    Er ging hinaus, schloß die Tür und suchte den Portier auf.
    »Madame ist noch in der Wohnung«, sagte er; »sie wird auch gleich gehen. Sagen Sie dem Hausbesitzer, daß ich zum 1. Oktober kündige. Wir haben den 16. August, es ist also noch vor dem Termin.«
    Er entfernte sich schnell, denn er hatte verschiedene dringende Besorgungen zu erledigen und die letzten Einkäufe für die Ausstattung zu machen.
    Der Hochzeitstag war auf den 20. Oktober festgesetzt, nach der Wiedereröffnung der Kammern. Die Trauung sollte in der Madeleinekirche stattfinden. Es wurde viel hin und her geredet, ohne daß man die Wahrheit genau wußte. Verschiedene Geschichten liefen umher. Man erzählte von einer Entführung, aber es waren nur vage und unbeweisbare Gerüchte. Nach Angabe der Dienstboten sprach Frau Walter überhaupt nicht mehr mit ihrem zukünftigen Schwiegersohn; sie sollte an dem Abend, wo die Ehe beschlossen war, nachdem sie ihre Tochter um Mitternacht in ein Kloster bringen ließ, vor Zorn einen Schlaganfall bekommen haben.
    Man hatte sie halbtot aufgefunden, und es bestand keine Aussicht, daß sie jemals ganz gesund sein würde. Sie sah jetzt aus wie eine alte Frau, ihre Haare wurden grau. Sie war sehr fromm geworden und nahm jeden Sonntag das Abendmahl.
    In den ersten Septembertagen meldete die Vie Française, daß der Baron Du Roy de Cantel Chefredakteur geworden sei, während Herr Walter den Titel des Direktors behalte.
    Jetzt wurde ein ganzer Stab bekannter Feuilletonisten, politischer Redakteure, Kunst- und Theaterkritiker den bekannten großen Zeitungen durch schweres Geld gewaltsam entrissen und bei der Redaktion als neue Mitarbeiter angestellt.
    Die älteren, achtbaren, ernsten Journalisten zuckten nicht mehr mit den Achseln, wenn man von der Vie Française sprach.
    Der schnelle und durchgreifende Erfolg hatte die Mißachtung erstickt, die ernste Schriftsteller anfangs gegen dieses Blatt gehegt hatten.
    Die Hochzeit des Chefredakteurs war ein sogenanntes großes Pariser Ereignis. Georges Du Roy und Walter hatten seit einiger Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit und Neugier auf sich gelenkt. Alle Leute, deren Namen in den Zeitungen erwähnt werden, sollten zur Trauung erscheinen.
    Dieses Ereignis fand an einem sonnigen Herbsttage statt. Um acht Uhr morgens beschäftigte sich das gesamte Kirchenpersonal damit, einen breiten roten Teppich über die Stufen der hohen Freitreppe auszubreiten, die von der Rue Royal zur Kirche hinaufführt. Die Passanten waren stehengeblieben, und das Volk von Paris wußte, daß eine sehr feierliche Zeremonie sich hier abspielen würde.
    Die Beamten, die zu ihren Bureaus gingen, die kleinen Arbeiterinnen und Kommis gafften, bewunderten die Vorbereitungen und träumten unbestimmt von den reichen Leuten und von dem Reichtum, der dazu gehöre, um so viel Geld für eine Hochzeit ausgeben zu können.
    Um 10 Uhr begannen die Neugierigen sich anzusammeln. Sie blieben dort einige Minuten stehen, in der Hoffnung, daß es vielleicht gleich anfangen würde und gingen dann, des Wartens müde, weiter. Um 11 Uhr kam ein Trupp Stadtpolizisten und forderten die Menge auf weiter zu gehen, denn es bildeten sich alle Augenblicke Aufläufe.
    Die ersten Gäste erschienen bald, die die besten Plätze einnehmen
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