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Beiss nicht in die Sonne

Beiss nicht in die Sonne

Titel: Beiss nicht in die Sonne
Autoren: Tanith Lee
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auf.“ Ich schaff­te es nur, weil ich se­hen konn­te, wie sie sich auf­reg­te. Ich war mir nicht si­cher, ob das aus Sym­pa­thie oder Är­ger ge­sch­ah. Wahr­schein­lich bei­des.
    Wir aßen die sechs­te Mahl­zeit, und Thinta be­zahl­te en­thu­sias­tisch da­für. Beim Es­sen auf dem Him­mels­schiff fing sie ei­ne sanft da­hinglei­ten­de, leich­te Un­ter­hal­tung an.
    „Weißt du“, be­gann sie, „je­der hat mal tö­rich­te Zei­ten.“
    „Wirk­lich?“ frag­te ich nicht sehr hilfs­be­reit.
    „Das weißt du doch, Oo­ma“, mein­te Thinta. „Sieh mich an und mei­nen dum­men Wunsch, ei­ne Kat­ze zu sein mit Pelz und Schnur­re­flex. Aber Gott sei Dank war das Ko­mi­tee wei­se ge­nug, mir so et­was nicht zu er­lau­ben. Jetzt se­he ich, wie lä­cher­lich das war, und kann dar­über la­chen. Ha­ha­ha.“ Klang ihr La­chen nicht et­was ge­zwun­gen?
    „Ich glau­be nicht, daß du wirk­lich dar­über lachst“, sag­te ich un­barm­her­zig zu ihr. „Ich glau­be, du tust so, als wür­dest du la­chen, ob­wohl du in Wirk­lich­keit wü­tend bist, daß du jetzt nicht hier sit­zen und mich an­schnur­ren kannst.“
    „Ach wirk­lich“, mach­te Thinta und sah so ver­är­gert aus wie sie konn­te, was be­deu­te­te, daß sie le­dig­lich et­was ver­wirrt aus­sah. Ich hat­te sie nur ein­mal wirk­lich är­ger­lich ge­se­hen, näm­lich als man ihr den Schnurr­me­cha­nis­mus ver­wei­gert hat­te. „Je­den­falls“, sag­te sie, „was ich sa­gen woll­te, je­der kann über al­les hin­weg­kom­men.“
    „Ich ver­ste­he“, sag­te ich.
    „Oh, man kann es wirk­lich, Oo­ma.“
    „Viel­leicht kann man es“, ant­wor­te­te ich, „aber viel­leicht soll­te man nicht.“
    Dar­auf konn­te sie mir nichts ent­geg­nen. Sie ver­such­te es, aber sie konn­te es nicht. Ich konn­te mir ja nicht ein­mal selbst dar­auf ant­wor­ten.
    Trotz al­lem ver­such­te ich ehr­lich, das Le­ben, so wie ich es ge­kannt hat­te, wie­der auf­zu­neh­men, aber es war wie ei­ne Tu­ni­ka in der falschen Grö­ße, es paß­te mir nicht mehr. Falls es mir je­mals ge­paßt hat­te. Ich ging ein­kau­fen und klau­te, fuhr mit mei­ner Ku­gel und ging Feu­er­rei­ten, ver­fluch­te das Ro­bot-Mu­se­um und hei­ra­te­te wie­der ein­mal Her­gal, wenn ich auch spür­te, daß er un­se­ren Nach­mit­tag nicht sehr ge­noß. Er hat­te zu­viel Angst, daß ich auf ein­mal an­fan­gen könn­te zu wei­nen wie ein Schloß­hund oder so, ob­wohl ich dar­auf ach­te­te, dies nicht zu tun. Ich ging in den Di­men­si­ons-Pa­last und be­kam noch nicht ein­mal rich­tig Angst, son­dern wur­de nur völ­lig to­s­ky, ob­wohl ich fin­de, daß das bis jetzt das bes­te Er­geb­nis war.
    Schließ­lich dach­te ich an die Traum­zim­mer.
    Ich ging in die Ab­tei­lung des Vier­ten Sek­tors, die pur­pur­ne Wol­ken und schwe­ben­de Schlaf­zel­len hat, und brauch­te fast acht­zig Splits zum Pro­gram­mie­ren des Ro­bo­ters, um si­cher­zu­ge­hen, daß ich ei­ne per­fek­te, gros­hing Phan­ta­sie-Ge­schich­te be­kam. Dies­mal hat­te ich noch nicht ein­mal Schuld­ge­füh­le da­bei – mein Q-R mit dem Was­ser­tep­pich hat­te in­di­rekt we­nigs­tens das für mich ge­tan.
    Und hier war ich, ei­ne phan­tas­tisch exo­ti­sche und be­rühm­te Tän­ze­rin ei­nes ur­al­ten Wüs­ten­vol­kes. Wir wa­ren von ei­nem an­de­ren, mäch­ti­ge­ren Stamm ge­fan­gen­ge­nom­men und in Ket­ten ge­legt wor­den und wur­den als Skla­ven in die Wüs­te ver­schleppt. Nachts la­gen wir un­ter dem kal­ten Wüs­ten­him­mel, starr­ten auf ih­re großen, dunklen Zel­te und auf das größ­te von al­len, das ih­rem Häupt­ling ge­hör­te. Ich hat­te den Häupt­ling nie ge­se­hen, aber an­schei­nend hat­te er mich ge­se­hen und von mei­nem Ruf als Tän­ze­rin ge­hört; jetzt, zu Be­ginn mei­nes Trau­mes, hat­te er um mei­ne An­we­sen­heit in sei­nem Zelt ge­be­ten und mir die­ses gros­hing Ko­stüm ge­schickt, das ich tra­gen soll­te. Ich leg­te es an und be­wun­der­te mich in dem Spie­gel, den Die­ner für mich hiel­ten. Es war schar­lach­rot, mit Per­len, Sil­ber­plätt­chen und blut­ro­ten Or­na­men­ten be­stickt. Ich hat­te dich­tes, schwar­zes Haar, wah­re Flu­ten von Haar, grü­ne Au­gen und
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