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Beinssen, Jan

Titel: Beinssen, Jan
Autoren: Goldfrauen
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Sondereinsatzkommando hat das gesamte Gebäude gesichert. Legen Sie die Waffen nieder. Treten Sie mit erhobenen Händen vor!«
    Gabriele fieberte einer vernünftigen Reaktion der Söldner entgegen. Doch alles, was folgte, waren weitere Schüsse.
    Der Sturmtrupp der Polizei stand der Feuerkraft des kleinen, verbliebenen Teams um die alte Hexe in nichts nach. Ganze Salven erschütterten den Raum. Wieder spritzte Putz und Farbe von den Wänden, flogen Splitter, lösten sich Brocken aus der Betondecke.
    Schutz suchend robbte Gabriele in Richtung der leergeräumten Regale. Sie verkroch sich unter dem tiefsten Brett. Sie spürte einen Widerstand und war beruhigt, als sie merkte, dass es Sina war, die aufgewacht und an dieser Stelle ebenfalls einen Unterschlupf gefunden hatte.
    Munitionshülsen prasselten wie ein Hagelschauer neben ihnen nieder. Die Schüsse folgten in immer dichteren Abständen. Es stank beißend nach Schwefel.
    Wie lange müssen wir das noch aushalten?, fragte sich Gabriele. Sina, die wieder nach ihrer Hand gegriffen hatte, fühlte ebenso. Gabriele zermarterte sich den Kopf darüber, ob es einen Ausweg für sie gab, einen Fluchtweg aus dieser Hölle.
    Mitten in ihren Gedanken hörte sie eine wehklagende Stimme. Es war ein lauter Schrei, der sich gegen
    das Geheul der Geschosse und die harten Klänge der einschlagenden Projektile abhob. Eine Frau, durchfuhr es Gabriele – etwa die Alte?
    Wenige Sekunden später war der Spuk vorüber. Die Söldner stellten das Feuer ein, gleich darauf auch das Einsatzkommando.
    Eine gespenstische Stille herrschte. Gabriele und Sina hielten die Luft an.
    Ganz langsam legte sich der Dunst aus Granatenrauch und Mündungsqualm. Aus dem Nebel formten sich auf der einen Seite schwarz gekleidete Figuren mit Atemmasken und Gesichtsschutzvisieren, die in geduckter Haltung und mit vorgehaltenen Waffen voranschritten. Auf der anderen Seite standen Schmidbauer, Kilian und Kern. An ihren kraftlos am Körper herunterhängenden Armen hingen Pistolen, deren Läufe noch müde dampften. Zu ihren Füßen lag di Lorenzo, mit verdrehten Augen und aus einer klaffenden Kopfwunde blutend. Zusammengesackt und ebenfalls blutend, kauerte daneben die alte Hexe.
    Gabriele rappelte sich auf. Vorsichtshalber hob sie ihre Hände, als sie zusammen mit den Männern der Spezialeinheit auf ihre Peiniger zuging. Es waren nur wenige Schritte, die sie zurücklegen musste. Aber diese Schritte erschienen Gabriele ähnlich anstrengend wie ein Marathonlauf.
    Schmidbauer, Kilian und dem Geschäftsführer wurden sofort Handschellen angelegt. Um ihre Chefin kümmerten sich nicht weniger als vier Polizisten. Mit
    äußerster Vorsicht brachten sie die Alte mithilfe ihrer Gewehrkolben aus ihrer zusammengekrümmten Haltung. Die Frau machte keine Anstalten, sich zu wehren, sondern kippte kraftlos nach hinten und schlug mit dem Hinterkopf auf den Bodenfliesen auf. Gabriele konnte erst jetzt das volle Ausmaß ihrer Verletzungen erkennen: Offenbar hatte die Alte einen Bauchschuss erlitten. Ihr gesamter Unterleib war voller Blut. Auch aus ihren Mundwinkeln und aus der Nase floss Blut.
    Die Frau lag im Sterben, dem war sich Gabriele bewusst. Sie bemühte sich, näher an sie heran zu kommen. Sie studierte ihr Gesicht, das selbst im Angesicht des Todes teilnahmslos und kalt blieb.
    Doch dann, für einen winzigen Moment, lächelte die Alte. Es war ein siegessicheres Lächeln. Voller Überheblichkeit. Oder bildete sich Gabriele das nur ein?
    »Sie ist tot«, hörte sie einen der SEK-Beamten sagen, der den Puls der Alten fühlte. Dann schwanden Gabriele die Sinne. Ihr wurde schwarz vor Augen …

    32

    Sie ließ sich nicht lumpen: Weil sie allen Unkenrufen zum Trotz beweisen wollte, dass sie eine gute Verliererin war, lud Gabriele alle Beteiligten ins – wie üblich proppenvolle – ›La Mamma‹ zum Abendessen ein. Inklusive Vor-und Nachspeise.
    Sina war gut aufgelegt und auch Friedhelm wirkte an diesem Abend nicht ganz so stocksteif wie üblich. Die erheiterndste Wirkung auf sie aber hatte Kommissar Diehl. Der sympathisch brummige Bulle hatte auf Gabrieles telefonische Einladung hin ohne Zögern zugesagt. Nun saßen sie einträchtig zusammen, verspeisten die Hausspezialität ›Duetto‹ und sinnierten über die turbulente Zeit, die hinter ihnen lag.
    Einer fehlte in der Runde, aber das machte Gabriele nicht das Geringste aus. Im Gegenteil! Mochte er ruhig eine Weile schmoren und hinter Gittern über seine Missetaten und seinen
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