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Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Behemoth - Im Labyrinth der Macht

Titel: Behemoth - Im Labyrinth der Macht
Autoren: Scott Keith; Westerfeld Andreas; Thompson Helweg
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sonderlich intelligent, wenn man jemandem Fechten beibringen will.«
    »Dein Körper muss die richtige Haltung lernen. Sonst gewöhnst du dir die falsche an!«
    Deryn schnaubte. »Also ich würde ja annehmen, sich in einem Kampf nicht zu bewegen, wäre die falsche Haltung! Und wenn wir hier bloß herumstehen, warum hast du dann Fechtkleidung an?«
    Alek antwortete nicht, kniff lediglich die Augen zusammen und reckte seinen Säbel still in die Luft. Deryn bemerkte, dass die Spitze ihrer Waffe schwankte. Sie biss die Zähne zusammen.
    Natürlich hatten sie dem brüllenden Prinz Alek beigebracht, wie man richtig zu kämpfen hatte. Sie konnte sich leicht vorstellen, dass er sein gesamtes Leben von Lehrern umgeben gewesen. Graf Volger, sein Fechtmeister, und Otto Klopp, sein Mechanikmeister, waren jetzt die beiden Einzigen, die ihn auf der Flucht begleiteten. Zu Hause im Schloss der Habsburger hatte er bestimmt noch ein Dutzend weitere gehabt, die ihm allen möglichen Killefit ins Dachstübchen gestopft hatten: ausgestorbene Sprachen, Hofmanieren und Mechanisten-Aberglauben. Kein Wunder, wenn er am Ende meinte, es könnte zu irgendetwas nützlich sein, wie ein Kleiderständer herumzustehen.
    Allerdings würde sich Deryn von einem hochnäsigen Prinzen nicht im Stillstehen übertrumpfen lassen.
    Also stand sie da, starrte ihn an und rührte sich nicht. Die Minuten verstrichen, sie wurde steif, ihre Muskeln begannen zu brennen. Schlimmer war jedoch, was in ihrem Kopf vor sich ging: Langeweile verwandelte sich in Verärgerung und Enttäuschung, und das Brummen der Mechanistenmotoren schwoll in ihrem Kopf zum Summen eines Bienenstocks an.
    Am schwersten fiel es ihr, Aleks starrem Blick standzuhalten. Seine dunkelgrünen Augen waren unverwandt auf ihre gerichtet und bewegten sich so wenig wie seine Schwertspitze. Nachdem sie jetzt Aleks Geheimnisse kannte – den Mord an seinen Eltern, den Schmerz, sein Zuhause verlassen zu müssen, die kalte Last der Familienzwistigkeiten, die in diesen unseligen Krieg gemündet waren –, konnte Deryn so manches darin erkennen: Sie entdeckte die tiefe Trauer in seinen Augen.
    In seltenen Momenten hatte sie Tränen in Aleks Augen glitzern gesehen, aber sein grimmiger, unnachgiebiger Stolz hatte sie immer zurückgehalten. Und manchmal, wenn sie sich wegen irgendwelcher Kleinigkeiten stritten, zum Beispiel darüber, wer am schnellsten an den Webeleinen hinaufklettern konnte, hatte Deryn sogar den Wunsch, ihn gewinnen zu lassen.
    Allerdings durfte sie als Junge diese Dinge nicht aussprechen, und falls Alek je erfuhr, dass sie ein Mädchen war, würde er ihr nie wieder so offen in die Augen blicken.
    »Alek …«, begann sie.
    »Brauchst du eine Pause?« Sein Grinsen vertrieb alle Nachsicht aus ihren Gedanken.
    »Du kannst mich mal«, entgegnete sie. »Ich habe mich nur gerade gefragt, was ihr Mechanisten vorhabt, wenn wir Konstantinopel erreichen.«
    Kurz schwankte Aleks Schwertspitze. »Graf Volger wird schon etwas einfallen. Ich denke mal, wir verlassen die Stadt so schnell wie möglich. Die Deutschen werden wohl kaum in der Wildnis des Osmanischen Reiches nach mir suchen.«
    Deryn schaute zum leeren Horizont, der vor ihnen lag. Die Leviathan würde Konstantinopel morgen bei Tagesanbruch erreichen, und sie kannte Alek erst zehn Tage. Würde er so bald schon wieder aus ihrem Leben verschwinden?
    »Hier an Bord ist es ja gar nicht so übel«, fuhr Alek fort. »Der Krieg erscheint mir ferner als in der Schweiz. Aber ich kann ja nicht ewig in der Luft bleiben.«
    »Nein, vermutlich nicht«, antwortete Deryn und richtete den Blick auf die Schwertspitzen. Der Kapitän wusste vielleicht nicht, wer Aleks Vater gewesen war, aber der Junge war eindeutig als Österreicher zu erkennen. Über kurz oder lang würden sich Österreich-Ungarn und Großbritannien offiziell gegenseitig den Krieg erklären, und dann würde der Kapitän die Mechanisten nicht mehr einfach frei von Bord gehen lassen.
    Es erschien ihr nicht fair, Alek als Feind zu betrachten, nachdem er das Luftschiff gerettet hatte – und zwar inzwischen zweimal. Einmal vor dem Tod im Eis, indem er ihnen Vorräte geschenkt hatte, und das zweite Mal vor den Deutschen, als er ihnen die Motoren überlassen hatte, die ihre Flucht erst ermöglichten.
    Die Deutschen suchten weiter nach Alek, denn sie wollten zu Ende führen, womit sie bei seinen Eltern begonnen hatten. Irgendjemand musste doch zu ihm halten …
    All dies hatte sich Deryn in den
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