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Behandlungsfehler

Behandlungsfehler

Titel: Behandlungsfehler
Autoren: Britta Konradt
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darauf kommt es an.
    Die Patientenverfügung gibt eine gewisse Sicherheit, dass nur das passiert, was der Patient auch selbst will. Mein Problem mit solchen Patientenverfügungen ist, dass es sich um einen vorweggenommenen Willen handelt, der den Einzelfall nicht genügend berücksichtigt. Vielleicht hat der Patient vorher über den vorliegenden Fall gar nicht nachgedacht. Wie häufig ändern wir theoretische Einstellungen, wenn wir in der konkreten Situation sind.

    Ich selbst würde niemals ein Verfahren führen, um Sterbehilfe durchzusetzen. Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Ich würde auch nie einen Arzt zur Sterbehilfe zwingen wollen. Oder – anderes Beispiel – jemanden zu einer Organspende verpflichten. Das alles sind Entscheidungen, die jeder für sich treffen muss. Und zwar ganz individuell.

    Verjährung
    Ein Anspruch muss nicht sofort geltend gemacht werden. Aber zu lange sollte man sich auch nicht Zeit lassen. Irgendwann verjährt ein Anspruch und die Person, die mir etwas schuldet, kann die Erfüllung des Anspruchs verweigern.
    Nach 30 Jahren sind alle Ansprüche verjährt. Nach so langer Zeit kann man gar nichts mehr machen. Im Normalfall tritt die Verjährung schon wesentlich früher ein. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. Sie beginnt am Silvesterabend des Jahres, in dem die Zeit der Verjährung zu laufen begann, und endet drei Jahre später zum Jahreswechsel.
    Wann sie zu laufen beginnt, ist unterschiedlich. Wenn ich gefragt werde, ob Verjährung eingetreten ist, antworte ich typisch juristisch: »Das kommt darauf an.« Denn manchmal tritt sie erst Jahre, nachdem der Patient fehlerhaft behandelt worden ist, ein. Manchmal auch bereits am Silvesterabend des Jahres, an dem die Behandlung stattfand.
    So wurde Frau Bauer am 9. November 2007 an der Gallenblase operiert. Nach der Operation stellte sie fest, dass der Gallengang verletzt worden war. Die Ärzte im Krankenhaus erklärten, dass es zu einer Verletzung des Gangs gekommen und dies eine typische Komplikation der Operation sei, eine Komplikation, die nicht immer zu vermeiden wäre. Anfang 2011 kam Frau Bauer zu mir, um sich beraten zu lassen. Sie erzählte, dass sie noch nicht wisse, ob die Ärzte bei der Operation im Jahr 2007 einen Fehler gemacht hätten. Allerdings wolle sie das jetzt klären. Aufgrund der Gallengangverletzung habe sie wiederkehrende Entzündungen und Beschwerden, sodass sie ihren Beruf nur noch eingeschränkt ausüben könne, ihre körperliche Leistungsfähigkeit sei stark eingeschränkt und sie habe Angst, dass sich eine Leberzirrhose entwickeln werde. Sie wolle nun klären, ob bei der Behandlung wirklich alles richtig gelaufen war.
    Weil sie nicht wusste, ob sie falsch behandelt wurde, hatte die Verjährungsfrist noch nicht zu laufen begonnen. Die Verjährung konnte daher noch nicht eingetreten sein, auch wenn die Operation
schon mehr als drei Jahre zurücklag, als Frau Bauer mich aufsuchte. Damit der Lauf der Verjährungsfrist beginnt, reicht es nicht aus, dass der Patient weiß, dass eine Behandlungsmaßnahme anders als erwartet war, denn das stellt der Patient im Normalfall sofort fest. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Patient als Laie erkennt, dass der Arzt fehlerhaft gehandelt hat. Allein aus der Tatsache, dass »Komplikationen« aufgetreten waren, kann er das nicht schließen, da es auch bei fehlerfreier Behandlung zu unerwarteten Verläufen kommen kann.
    Wann die Verjährungsfrist in Kraft tritt
    Typische Fälle, in denen der Patient von einem Behandlungsfehler erfährt und so die Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird, sind Gutachten, in denen Behandlungsfehler festgestellt werden oder auch Aussagen des Hausarztes: Erzählt der seinem Patienten, dass bei der Operation Fehler begangen worden sein müssen, reicht das aus, um die Verjährung in Gang zu setzen.
    Verkompliziert wird die Frage, wann die Verjährung anfängt zu laufen durch die gesetzliche Regelung, dass die Verjährung auch dann beginnt, wenn man von der falschen Behandlung und dem Verantwortlichen zwar nichts wusste, aber man beides ohne Weiteres hätte in Erfahrung bringen können.
    In so einem Fall muss der Patient sich den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gefallen lassen. Man darf nicht die Augen vor sich aufdrängenden Tatsachen verschließen. Zwar betonen die Gerichte, dass der Patient nicht verpflichtet ist, von sich aus Nachforschungen anzustellen, um herauszufinden, ob er falsch behandelt wurde oder
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