Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beethoven: Der einsame Revolutionär. (German Edition)

Beethoven: Der einsame Revolutionär. (German Edition)

Titel: Beethoven: Der einsame Revolutionär. (German Edition)
Autoren: Jan Caeyers
Vom Netzwerk:
gelernt:
«Louis van Betthoven, Sohn des obenangeführten Tenoristen, ein Knabe von 11 Jahren, und von vielversprechenden Talent. Er spielt sehr fertig und mit Kraft das Clavier, ließt sehr gut vom Blatt, und um alles in einem zu sagen: Er spielt größtentheils das wohltemperirte Clavier von Sebastian Bach, welches ihm Herr Neefe unter die Hände gegeben. Wer diese Sammlung von Präludien und Fugen durch alle Töne kennt, (welche man fast das non plus ultra nennen könnte,) wird wissen, was das bedeutet. Herr Neefe hat ihm auch, sofern es seine übrigen Geschäfte erlaubten, einige Anleitung zum Generalbaß gegeben. Jetzt übt er ihn in der Composition, und zu seiner Ermunterung hat er 9 Variationen von ihm fürs Clavier über einen Marsch in Mannheim stechen lassen.
Dieses junge Genie verdiente Unterstützung, daß er reisen könnte. Er würde gewiß ein zweiter Wolfgang Amadeus Mozart werden, wenn er so fortschritte, wie er angefangen.»[ 26 ]
    Dieser Artikel, der natürlich mehr über den Lehrer als über den Schüler sagen sollte, wirkt aus heutiger Sicht geradezu visionär, vergleicht er doch Beethoven mit Mozart und deutet unmissverständlich an, dass Bonn für Beethoven zu klein sei – sowohl 1787 als auch 1792 wird Neefe bei der Entscheidung des Kurfürsten, Beethoven nach Wien reisen zu lassen, seine Hand im Spiel haben. Der Artikel verrät nicht zuletzt auch, welch großen Wert Neefe auf das Studium der alten Kompositionstechniken legte. Man weiß, dass er außer dem Wohltemperierten Klavier noch zahlreiche andere Bach-Werke aus Leipzig mitgebracht hatte und dass Beethoven diese Stücke gespielt und studiert hat, was ihm am Ende seiner Karriere noch sehr von Nutzen war.
    Als Neefe nach Bonn kam, bat man ihn, sich Beethovens weiterer Ausbildung anzunehmen, und das hat er einige Jahre mit großem Engagement getan.[ 27 ] Sein Verdienst ist es, Beethovens intellektuellen und musikalisch-kulturellen Horizont erweitert und die Grundlage zu einem ausgeprägten Berufsethos geschaffen zu haben. Sein Eifer erklärt sich nicht zuletzt durch eine Art Sendungsbewusstsein, das vor allem von freimaurerischem Gedankengut bestimmt war. Schon seit seiner Leipziger Studentenzeit war Neefe überzeugter Freimaurer. So hatte er die Freundschaft und Protektion Johann Adam Hillers gewonnen, der auch zu den führenden Persönlichkeiten der Leipziger Freimaurerei gehörte, und war mit dem Frankfurter Theaterdirektor Großmann in Kontakt gekommen, der ihn engagierte und nach Bonn mitnahm. Dort setzte er seine Freimaurerlaufbahn auf zweifache Weise fort: Er wurde Mitglied einer angesehenen Loge in Neuwied – sie hatte unter anderem Verbindungen zu der Wiener Loge, der Joseph Haydn angehörte – und schloss sich gleichzeitig den Bonner Illuminaten an.
    Der Illuminatenorden war eine Geheimgesellschaft mit Strukturen und Ritualen, die denen der eigentlichen Freimaurerei ähnlich waren; im Unterschied zu dieser hatte er aber auch ein explizit politisches Programm. Ausgehend von einem humanistischen Weltbild, wollte er die alte soziale und politische Ordnung umstürzen, damit «das Menschen Geschlecht dereinst eine Familie [wird], und die Welt der Aufenthalt vernünftiger Menschen»,[ 28 ] wie sein Gründer Adam Weishaupt es ausdrückte. Um den Staat von innen her reformieren zu können, versuchte man Schlüsselpositionen in Verwaltung und Kirche zu besetzen. Entsprechend den hehren Absichten und Zielen des Ordens – Kampf gegen Übel und Unrecht, Wiederbelebung verloren geglaubter Tugenden – hatte die moralische Vervollkommnung der Mitglieder einen hohen Stellenwert, man arbeitete hart und sehr systematisch an der Entwicklung seiner Persönlichkeit. Die Illuminaten führten ein System strenger psychologischer Selbstanalyse ein; auf der Grundlage eines Fragenkatalogs mussten die Angehörigen des Ordens eine Art persönliches Charakterbild erstellen und dabei ihre tiefsten Seelenregungen offenbaren. Außerdem mussten sie es akzeptieren, dass ihr eigenes Tun und Lassen ständig von den anderen kontrolliert wurde, was letztlich die gegenseitige Bespitzelung institutionalisierte.
    So gesehen war der Illuminatenorden eine Art fundamentalistische Variante der Freimaurerei. In Deutschland und Österreich war er bald recht erfolgreich, Anfang der achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts gehörten ihm mindestens zweieinhalbtausend hohe Beamte, Universitätsprofessoren, Juristen und Künstler an. Auf den – geheimen – Mitgliederlisten finden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher