Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht
Autoren: Hans Koppel
Vom Netzwerk:
Gläsern zurück.
    »Das ist der größte Schwanz, den ich je gesehen habe«, sagte sie.
    »Ein kleiner Trost in meiner bescheidenen Stube«, sagte Erik und reichte ihr eines der Gläser.
    Anna setzte sich auf und trank mit gierigen Schlucken.
    »Gut«, sagte sie atemlos. Jetzt, wo sie befriedigt war, sah sie sich erstmals in seiner Wohnung um. Sie war spärlich eingerichtet, und aus der Unordnung zu schließen, gab es wenig Stauraum. Im Bücherregal standen mehr Filme als Bücher, und statt eines Bettes lag nur eine Matratze auf dem Fußboden. Das aufgeklappte Bügelbrett neben der Steckdose schien immer dort zu stehen, und an der Schranktür hingen einige Hemden auf Kleiderbügeln.
    »Ich dachte, du wolltest aufräumen.«
    »Das Chaos war schlimmer, als ich es in Erinnerung hatte. Ich wohne erst seit einigen Monaten hier und bin noch nicht fertig eingerichtet.«
    »Wo hast du vorher gewohnt?«
    »In Stockholm. Habe ich das nicht erzählt?«
    »Doch, aber wo in Stockholm?«
    »In Huddinge, im Süden.«
    »Hast du eine persönliche Verbindung hierher?«
    »Nein, keine. Nur die Arbeit.«
    »Du bist also ohne konkreten Anlass hierhergezogen?«
    »Als meine Mutter starb, wollte ich weg aus Stockholm.«
    »Sie kann noch nicht alt gewesen sein.«
    »Nein.«
    »Das tut mir leid. Woran ist sie gestorben?«
    »Selbstmord. Sie hat sich am Treppengeländer erhängt.«
    Anna legte die Stirn in Falten.
    »Wie bitte? Ist das dein Ernst?«
    Erik holte tief Luft.
    »Das ist jetzt fast zwei Jahre her. Ich habe sie gefunden.«
    »Entschuldige«, sagte Anna und streckte die Hand nach ihm aus. »Ich meine … das ist ja furchtbar.«
    Erik betrachtete sein Glas.
    »Nicht so übel«, sagte er. »Ein Glas stärkendes, mineralreiches Leitungswasser.«
    Er sah sie an, und plötzlich lächelte er breit.
    »Das war nur ein Scherz.«
    »Was soll das heißen?«
    »Meine Mutter lebt noch.«
    Anna stand hastig auf.
    »Wie kannst du so etwas nur sagen?«
    »Das war ein Scherz.«
    »Wirklich sehr lustig.«
    »Komm schon. Es war nicht so gemeint.«
    Anna verschwand auf die Toilette.
    »Hast du ein Handtuch für mich?«
    Anna stellte die Temperatur ein, stieg in die Badewanne und zog den Duschvorhang vor. Sie drückte den Duschkopf gegen die Brust und stellte fest, dass sie keine Affäre mit jemandem haben wollte, der solche geschmacklosen Lügen über seine Mutter erzählte!
    Sie roch an der Seife. Es war eine andere als zu Hause, aber zumindest war sie einigermaßen neutral. Glücklicherweise war Lukas’ Geruchssinn nicht besonders gut entwickelt.
    Sie beeilte sich, trocknete sich im Turbotempo ab und wickelte sich in das Handtuch. Dann ging sie zurück ins Zimmer und an Erik vorbei zum Bett. Sie zog ihren Slip an, drehte sich um und entledigte sich des Handtuchs. Er beobachtete sie interessiert.
    »Was?«, sagte sie, als sie ihren BH anzog.
    »Du bist hübsch.«
    Anna schnaubte.
    »Das stimmt.«
    »Hör schon auf.«
    Sie zog ihre Bluse über den Kopf.
    »Das geht so nicht«, sagte sie.
    »Was meinst du?«
    Anna trat auf Erik zu und legte ihm eine Hand auf die Brust.
    »Es war …«
    Sie suchte nach passenden Worten, fand aber keine.
    »Du weißt schon, was ich meine. Gut, in jeder Beziehung fantastisch, aber … Das hier war das letzte Mal, okay?«
    Sie strich ihm über die Wange, lächelte und spürte, dass sie fast eine Grenze überschritt. Sie diktierte die Spielregeln, und ihm blieb nichts anderes übrig, als sie zu akzeptieren.
    »Danke«, sagte sie. »Ich weiß nicht, wie ich es anders sagen soll.«
    Sein Schweigen war ihr unangenehm.
    »Ich muss gehen«, sagte sie zögerlich. »Alles okay bei dir?«
    Er nickte kaum merklich.
    »Gut«, sagte Anna, mehr um sich selbst davon zu überzeugen. »Dann gehe ich jetzt mal.«

16
    »Aha, keine Sensationen?«
    »Nein, sieht nicht so aus.«
    Lukas seufzte und schaute auf den leeren Wendehammer.
    Sie blätterte in der Zeitung vom Morgen. Beim Frühstück pflügte sie sich durch die Seiten, aber abends blätterte sie mit Muße die Seiten um.
    Lukas stellte sich hinter seine Frau und legte ihr die Hände auf die Schultern.
    »O ja«, sagte sie und nahm ihre Arme vom Tisch.
    Lukas begann, sie zu massieren. Anna schloss die Augen.
    »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gut das tut.«
    »Die Schmerzen in deinen Schultern wandern in meine Daumen«, beklagte sich Lukas.
    »Das ist es wert«, meinte Anna und beugte den Kopf vor, damit er überall hinkam.
    Pflichtschuldig knetete Lukas ein paar Minuten lang
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher