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Beautiful Losers

Beautiful Losers

Titel: Beautiful Losers
Autoren: Leonard Cohen
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canadiens, une Vierge iroquoise – près des roses du martyre le lis de la virginité.« So lautet eine Notiz von einem Ed. L., S.J., datiert auf den August 1926. Na und? Ich habe keine Lust, mein ganzes verkrachtes Leben den Mohawk-Strom hinaufzuschleppen. Der Friede sei mit euch, Gesellschaft Jesu! F. hat einmal gesagt: Wer mutig im Herzen ist, kann nicht anders, als die Kirche zu lieben. Sollen sie dich doch in Gips gießen, Catherine Tekakwitha, was geht es uns an? Ich betrachte gerade den Konstruktionsplan für ein Kanu aus Birkenrinde, deine Brüder haben längst vergessen, wie man so etwas macht. Ist mir doch egal, wenn auf jedem Armaturenbrett in jedem Montrealer Taxi eine Plastikfigur steht, die deinen Körper darstellen soll, es macht mir nichts aus. Liebe kann man ohnehin nicht aufbewahren. Steckt nicht in jedem gestanzten Kruzifix ein Stück von Jesus? Ich glaube schon. Wenn wir uns nach etwas sehnen, verändern wir unsere Welt! Ihr Hersteller von religiösem Tingeltangel – wisst ihr eigentlich, warum sich die Ahornwälder auf unseren Hügeln rot färben? Weil sie sich nach Frieden sehnen! Eigentlich müsstet ihr das längst wissen, ihr seid ja ständig mit religiösem Material befasst. Schau nur, Catherine Tekakwitha, wie leicht ich mich ablenken lasse. Mir liegt eben daran, dass die Welt gut ist und voller Geheimnis. Sind die Sterne nicht doch winzig klein? Wer singt uns am Ende in den Schlaf? Soll ich die Schnipsel aufbewahren, wenn ich mir die Nägel schneide? Ist Materie heilig? Am liebsten wäre es mir, wenn der Friseur meine Haare begraben würde. Was hast du eigentlich mit mir vor, Catherine Tekakwitha?

4.
    Marie de l ’ Incarnation, Marguerite Bourgeoys, Marie-Marguerite d ’ Youville, wenn ich meinen Körper verlassen könnte, könntet ihr mich bestimmt erregen. Ich will, wie jeder andere auch, nur möglichst alles mitnehmen. F. hat einmal gesagt, dass er noch nie von einer Heiligen gehört hat, die er nicht gern gevögelt hätte. Wie hat er das nur gemeint? Jetzt erzähl mir nicht, dass du auf einmal tiefgründig geworden bist, F.! Einmal hat er gesagt: Mit sechzehn habe ich aufgehört, nach Aussehen zu ficken. Ich hatte diese Bemerkung selbst veranlasst, weil ich ihm gesagt hatte, wie sehr mich seine neueste Eroberung anwiderte. Er hatte ein buckliges Mädchen aus einem Waisenhaus angeschleppt. An diesem Tag behandelte F. mich, als wäre ich nicht ganz dicht. Aber vielleicht meinte er auch gar nicht mich, als er murmelte: Warum soll ich dem Universum einen Wunsch abschlagen?

5.
    Ihren Namen haben die Irokesen von den Franzosen bekommen. Es ist eine Sache, Nahrungsmittel zu benennen – ein Volk einfach umzubenennen, ist etwas ganz anderes, selbst wenn es die Betroffenen heute nicht zu kümmern scheint. Was mich daran stört, ist, dass es ihnen immer schon egal gewesen ist. Ich neige dazu, die Demütigungen, denen harmlose Menschen offenbar immer wieder ausgesetzt werden, auf die eigenen Schultern zu nehmen. Man sieht es an meiner Arbeit über die A––––––s. Warum fühle ich mich so dreckig, wenn ich am Morgen aufwache? Als Erstes frage ich mich, ob ich wohl in der Lage sein werde, zu scheißen. Wird mein Körper funktionieren? Wird mein Darm in Bewegung kommen? Hat die alte Klapperkiste mein Essen braun gemacht? Ist es denn verwunderlich, dass ich mich durch Bibliotheken gewühlt habe, um herauszufinden, was mit den Verbrechensopfern geschieht? Mit den erfundenen Opfern? Schließlich sind alle Opfer, die wir nicht selbst umbringen oder einsperren, nur erfunden. Ich wohne in einem kleinen Mietshaus, durch das Souterrain gelangt man in den Aufzugsschacht. Während ich in der Stadt war und einen Vortrag über Wühlmäuse verfasste, kroch sie in den Schacht, setzte sich auf den Boden und zog die Knie an, die sie umfasste. (So die Polizei, die das Schlamassel später untersucht hat.) Ich bin immer um zwanzig vor elf nach Hause gekommen, jeden Abend, pünktlich wie Kant. Aber diesmal wollte mir meine Frau einen Denkzettel verpassen. Du mit deinen erfundenen Opfern, hat sie immer gesagt. Ihr Leben war unmerklich immer grauer geworden, ich weiß ganz genau, dass ich an jenem Abend, als sie sich gerade unter den Aufzug quetschte, von den Papieren, in die ich mich vertieft hatte, aufblickte und ihre junge, helle Erscheinung sah. Ich schloss die Augen und erinnerte mich, wie die Sonnenstrahlen in ihrem Haar getanzt hatten, als sie mir in einem Kanu auf dem Orford-See einen blies. Wir
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