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Beast

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Titel: Beast
Autoren: Ally Kennen
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mir, ich soll mit seiner Tochter das Geschirr spülen. Er fährt mich in die Stadt und kauft mir zu Weihnachten einen C D-Player . Aber im Grunde seines Herzens fürchtet er sich vor mir. Ich mache bloß Ärger. Er lässt mich nur bei sich wohnen, weil er dafür bezahlt wird. Und weil er vor seinen Freunden damit angeben kann: »Ja, wir nehmen die allerschlimmsten Typen auf. Solche, die sonst keiner will.« Dann kommt er sich toll vor. Dann hat sein ödes Leben nämlich einen Sinn. Trotzdem hält er mich für gefährlich. Du hast ja mitgekriegt, dass er mir sogar zutraut, jemanden umzubringen. |36| Und ich höre mir so was auch noch an! Vielleicht macht er sich jetzt Vorwürfe und hat mich deshalb nicht weiter wegen dem Schwein gelöchert.
    Seine heiß geliebte Tochter ist viel eher zu einem Mord fähig als ich.
    Jimmy fummelt an der Fernbedienung rum, damit er mich nicht ansehen und irgendwas unternehmen muss. Vielleicht bin ich auch bloß paranoid. Carol sagt, ich bin paranoid. Als sie mich das erste Mal so genannt hat, wusste ich nicht, was das heißt. Ich dachte, es bedeutet so was wie behindert. Jetzt weiß ich, dass sie damit gar nicht so falsch liegt. Wenn du mit Carol unter einem Dach leben müsstest, wärst du auch paranoid.
    Inzwischen hat sich Jimmy zurechtgelegt, was er sagen will. Er setzt sich auf dem Sofa zurecht, damit er mich besser anschauen kann. Man merkt, dass es ihm ganz schön schwerfällt.
    »Sollen wir Mindy Bescheid geben, Stephen?«
    »Bloß nicht!«, antworte ich reflexartig. Mindy ist Sozialarbeiterin und meine Betreuerin und ich habe längst die Erfahrung gemacht, dass man ihr am besten gar nichts erzählt.
    Das überrascht Jimmy nicht. »Nun warte doch mal. Das mit dem Schwein … Das ist schon ein starkes Stück. Vielleicht kann sie dafür sorgen, dass deinem Dad geholfen wird. Du hast im Moment genug eigene Probleme.«
    Daran braucht er mich nicht extra zu erinnern. Aber mein guter alter Dad ist mein geringstes Problem. Vielleicht kann er trotzdem etwas für mich tun. Schließlich hat
er
mir die ganze Sache eingebrockt. Ob ich ihn überhaupt |37| finden würde? Wie lange ist das jetzt her? Zwei Jahre?
    »Mindy ist gar nicht so übel, wie du immer tust«, sagt Jimmy.
    Ich werfe ihm einen schiefen Blick zu. »Fährst du etwa auf sie ab?« So was zu sagen ist ziemlich blöd. Eigentlich habe ich mir solche pampigen Bemerkungen vor ein paar Jahren abgewöhnt. Aber wenn ich »Mindy« höre, sehe ich rot, und wenn ich zu lange über sie nachdenke, wird mir richtig flau im Magen.
    Mindy.
    Vier Jahre ist sie jetzt schon meine Betreuerin und hat erst vor Kurzem kapiert, wie man meinen Vornamen schreibt. Und sie nennt mich immer »Steve«.
    »Wie geht’s deinem Vater denn?«, erkundigt sich Jimmy.
    »Er hat nichts zu essen.«
    »Holt er sich denn seine Sozialhilfe nicht ab?«
    »Die auf dem Amt haben Mist gemacht. Er hat schon ein paar Wochen kein Geld gekriegt.«
    Insgeheim bin ich ganz schön beeindruckt von mir selber und beglückwünsche mich zu meiner Fantasie und Schlagfertigkeit. Vielleicht wird ja doch noch mal was aus mir.
    Jimmy greift unter ein Sofakissen und zieht einen braunen Umschlag hervor.
    »Das ist heute Morgen für dich gekommen.«
    »Den hat jemand aufgemacht«, sage ich, als ich einen Blick drauf geworfen habe.
    »Tut mir leid. Carol dachte, der Brief sei für sie.«
    »Wie kommt sie denn darauf? Kann sie nicht lesen?« |38| Ich trample aus dem Zimmer und knalle die Tür hinter mir zu. Wetten, dass sämtliche Hausbewohner den Brief gelesen haben? Noch ein dicker, fetter Punkt in Carols Sündenregister! Wenn
ich
so was getan hätte! Wenn ich
ihre
Post gelesen hätte, wäre ich jetzt dran. Dann müsste ich mir einen stundenlangen Vortrag über die Privatsphäre anderer Leute anhören. Wetten, dass Carol ungeschoren davongekommen ist? Als ich in mein Zimmer gehe, ärgere ich mich wieder mal, dass ich nicht hinter mir abschließen kann. Carol und Robert dürfen ihre Zimmer abschließen und sogar von innen zuriegeln. Gut, die Riegel waren schon dran, bevor ich gekommen bin, ich weiß auch, dass die nicht wegen mir angebracht wurden. Wie gesagt, die Reynolds nehmen mit Vorliebe die übelsten Typen auf. Jede Wette, dass Carol und Robert schon einiges erlebt haben. Ein paar richtig Durchgeknallte. Ich habe mal einen kennengelernt, der ein paar Jahre vor mir hier war. Alan Granger. Ein echter Psycho, obwohl er so ein Kleiner, Blasser ist. Im Kinderheim hat er den Aufenthaltsraum
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