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Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)

Titel: Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Paul Walz
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er einen winzigen Augenblick Ehrfurcht vor der Liebe, die die beiden verbunden haben musste. Dann stürmte er weiter, suchte die Frau, die er liebte.
    Wieder wallte Panik in ihm hoch, die Furcht zu spät zu sein, schnürte ihm die Kehle zu. Gerade als er den Abgang aus der Küche in den Keller gefunden hatte, flog die Tür auf und Bläske stellte sich ihm in den Weg. Er trug abgewetzte Hosen und einen alten Pulli, die Haare standen ihm wirr vom Kopf. Angespannt rieb er sich über ein Gesicht, in dem die Furchen so tief waren, dass sie Schatten warfen. Sein schnelles Eintreffen hatte Bläske offensichtlich überrascht. Lichthaus jubilierte, er kam noch zur rechten Zeit.
    »Stören Sie nicht den Gang der Gerechtigkeit.« Er schleuderte plötzlich ein Beil in Lichthaus’ Richtung, dem dieser nur mit Not ausweichen konnte, bevor er schoss. Mehrmals jagte er Kugeln durch die Diele, aber der andere war verschwunden.

    Sie war hochgeschreckt, ein Knall hatte sie aus dem Dämmerzustand geholt. Haltlos rollte ihr Kopf umher und kippte schließlich nach hinten, doch es fehlte ihr an der Kraft, die sie brauchen würde, um seine Haltung zu verändern. Sie kämpfte, fiel zurück in die Dunkelheit der immerwährenden Ohnmacht. Die kleine Bewegung wirkte fatal, hatte schon gereicht, um das Blut wieder schneller pulsieren zu lassen, was den See, der ihren Stuhl umfloss, weiter anwachsen ließ. Ihre Atmung ging einige Sekunden flacher, letztendlich setzte sie aus. Der Blutkreislauf kam zum Erliegen. Sie starb.

    Lichthaus zögerte, Bläske hatte ihn am Hinabgehen hindern wollen, also war Claudia wohl dort unten. Sein Handy brüllte Overkill, doch mit starrem Blick drückte er den Anruf achtlos weg und riss die Kellertür auf. Hoffnung brandete in ihm auf, während die Angst, sie tot zu finden, wie Säure in seinem Magen brannte. Die Luft, die ihm entgegenschlug, war muffig. Kein Geräusch drang zu ihm herauf, als er langsam die Betonstufen hinunterstieg. Sein Atem beschleunigte sich, und er unterdrückte den Wunsch, einfach wegzulaufen, dem Unausweichlichen zu entgehen. Plötzlich schrak er zusammen. Vor dem Haus startete ein Wagen und brauste davon. Der Dienstwagen, Bläske floh, aber Lichthaus hörte nicht mehr hin. Bis auf eine standen die vier Türen des Kellers offen und es war ihm intuitiv klar, dass sich das, was er suchte, nur in dem verschlossenen Raum befinden konnte.
    Er hastete die wenigen Schritte hinüber und blickte im Vorbeigehen kurz in die anderen Räume. Die Waschküche, der Vorratsraum und zuletzt die Heizung, die jetzt leise vor sich hin summte. Er hielt inne und starrte auf das Holz des Türblatts, das so oft mit dicker, grauer Farbe überstrichen worden war, dass die Maserung mehr zu erahnen, als zu erkennen war. Schweißnass war seine Hand, als er die Klinke drückte und der Tür einen Stoß gab, damit sie aufschwang. Erneut ging sein Telefon. Voller Wut schlug er auf die Tasten und schrie, schrie wie von Sinnen, erlebte den schmerzhaftesten Augenblick seines Lebens. Er war zu spät gekommen. Lichthaus ließ das Handy fallen und sank auf die Knie, Tränen vernebelten seinen Blick. Sie saß mit nach hinten hängendem Kopf, den Mund aufgerissen im Zwielicht des dunklen Raums inmitten einer Blutlache, die rot und frisch wirkte. Wieder schrie er, brach zusammen und weinte haltlos.
    »Johannes, Johannes, was ist los? Mein Gott, melde dich doch bitte.«
    Er hatte das Gespräch nicht weggedrückt, sondern die Verbindung hergestellt. Völlig verwirrt hob er den Apparat ans Ohr und hörte die Stimme seiner Frau voll Angst und Sorge: »Johannes, was ist los bei dir?«
    »Claudia?« Nur ein wimmerndes Winseln gelang ihm. »Claudia?«
    »Ja. Was hast du denn?«
    Lichthaus rappelte sich auf und schaltete das Licht ein. Elvira Pick saß mit leerem Blick auf dem Stuhl und starrte ins Nichts, die Füße umgeben von ihrem Blut.

    Die Kette von Missverständnissen klärte sich innerhalb weniger Sätze. Claudia hatte anscheinend auch ihre Dosis von Henriettes Virus abbekommen, der ihr jedoch nicht auf Magen und Darm, sondern auf den Kreislauf geschlagen war, so zumindest die Vermutung der Ärzte. Sie war zusammengeklappt und dem Passanten, der glücklicherweise unmittelbar neben ihr war, in die Arme gestürzt. Geistesgegenwärtig hatte er sie ins nächste Krankenhaus gebracht, wo sie zu sich gekommen war. Doch es hatte eine ganze Weile gedauert, bis sie in der Lage gewesen war, zu telefonieren und Otto zu erreichen, der aber
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