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BattleTech 57: Ein guter Tag zum Sterben

BattleTech 57: Ein guter Tag zum Sterben

Titel: BattleTech 57: Ein guter Tag zum Sterben
Autoren: Thomas Gressman
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der Befehl über die Einheit längst an Lori übergegangen war und Grayson fast zehn Jahre keinen Mech mehr gesteuert hatte, war er immer noch der ›Alte‹. Die Männer und Frauen der Legion betrachteten es als geringen Preis, im kalten, schneidenden Regen auf Nachricht über das Schicksal des Mannes zu warten, der nicht nur der Gründer der Gray Death Legion war, sondern auch Herz und Seele des Regiments.
»Hol sie aus dem Regen«, sagte er. »Ich will nicht, dass einer ...« Er wurde von einem Hustenanfall unterbrochen, der seinen ganzen Körper schüttelte. Als er wieder zu Atem gekommen war, sprach er weiter. »Ich will nicht, dass einer von ihnen sich meinetwegen eine Lungenentzündung holt.«
Lori strich ihm das inzwischen von breiten weißen Strähnen durchzogene sandblonde Haar aus der Stirn. »Es geht ihnen gut, Gray. Ruh du dich aus.«
Grayson blickte ärgerlich zu ihr hoch. Bevor er etwas sagen konnte, öffnete sich die Tür und jemand betrat das Zimmer.
Noch einer dieser verdammten Ärzte, der ihn mit seinen Instrumenten piesacken wollte, riet er, und die Verärgerung über Lori loderte zu heißer Wut über den Krankenhausstab auf, dessen Bemühungen um ihn sich zu einer einzigen Belästigung entwickelt hatten. Aber nicht dieses Mal, nicht, während seine Familie zu Besuch war.
Grayson versuchte, sich auf die Ellbogen aufzurichten, um den Eindringling besser hinausjagen zu können. Aber er fand einfach nicht die Kraft dazu. Er spürte die Wut in sich aufwallen, als der Mann leise um das Bett trat, bis er Lori, die auf der Bettkante saß, gegenüberstand.
Der Zorn verrauchte, als Grayson statt der Uniform des Krankenhauspersonals die graue Montur eines MechKriegers der Legion erkannte. Das dunkle, kantige Gesicht Charles Bears blickte auf ihn herab, eines weiteren Veteranen der Einheit. Bear, ein DelawareIndianer vom lyranischen Planeten Inkucalns, war wie McCall eines der ersten Mitglieder der Einheit gewesen. Im Gegensatz zu McCall hatte Bear die Legion jedoch 3055 verlassen. Ein Jahr später war er aus dem Ruhestand zurückgekehrt, um seinem alten Regiment bei der 2. Skye-Rebellion im Kampf gegen die 4. Skye Guards beizustehen. Seitdem hatte Grayson den alten Krieger nur zweimal gesehen: Bei der Feier nach Alexanders erfolgreichem Abschluss an der Militärakademie Nagelring, und vor wenigen Monaten beim Militärbegräbnis für Hassan Ali Khaled.
»Schön, dich wiederzusehen, alter Freund«, sagte Bear und legte Grayson die Hand auf die Schulter.
»Ist es so weit?«, fragte Gray, und lächelte in Bears dunkle, ernste Augen hinauf. Bear hatte ihm bei ihrer letzten Begegnung gesagt, er würde Grayson in diesem Leben noch ein einziges Mal sehen.
»Noch nicht, Sachem, aber bald«, antwortete Bear leise.
Lori rutschte vom Bett und ging zum Fenster. Sie stützte die Hände auf das schmale Fensterbrett und starrte hinaus auf den düster grauen Himmel.
»Ist schon in Ordnung, Liebes«, sagte Gray leise. »Irgendwann sind wir alle mal dran.«
»Ich weiß.« Ihre Stimme klang schwer und belegt. Grayson wusste, sie kämpfte gegen eine Flut von Gefühlen, die drohte, sie zu überwältigen. »Ich habe nur nie gedacht, dass es so schnell kommen würde.«
Wieder versuchte Gray, sich aufzusetzen. Er sehnte sich danach, sie noch einmal in die Arme zu schließen und in dieser Umarmung Trost zu spenden und zu finden. Aber die Krankheit hatte ihm die Kraft für diese so einfache und doch so wichtige Geste geraubt.
Alex trat hinter seine Mutter und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie drehte sich mit tränennassem Gesicht um und fiel in die Arme ihres Sohnes. Gray nickte und schloss die Augen.
Plötzlich war er furchtbar müde. Vielleicht, sagte er sich, war es jetzt wirklich an der Zeit, sich etwas auszuruhen.
* * *
    Nicht lange danach verstummten die Instrumente, die pflichtbewusst im Rhythmus von Grayson Death Carlyles Puls gefiept hatten.
    Eine ganze Weile bewegte sich niemand. Es war Charles Bear, der den Bann brach. Er nickte ernst, stand von dem Stuhl auf, den er ans Bett gezogen hatte, und verließ wortlos das Zimmer.
    Als wäre das ein Zeichen gewesen, legte McCall Lori und Alex die Hände auf die Schultern und ließ sie kurz dort liegen, als wollte er ihnen über die Berührung Kraft spenden. Dann drehte er sich ebenfalls um und machte sich mit einem Schritt, der von eisernem Highlandermut im Angesicht einer Tragödie kündete, auf, dem Rest der Legion mitzuteilen, dass ihr Gründer und Chef verschieden war.
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